Über die Grundprobleme des GT-Sports

Marcus Schurig über den an sich erfreulichen Boom im weltweiten GT-Sport, der jedoch von unerfreulichen Wirrungen und Irritationen begleitet wird, die langfristig zu Genickbrechern werden könnten.
Die Foren quellen über, Fachleute äußern Verwunderung, und unsere Leser schütteln den Kopf. Tenor: "Noch so ein schwerer Brocken, der hier eigentlich nicht hingehört." Es geht um das neue GT3-Auto von BMW. Erstes Problem: BMW hat gar kein klassisches GT-Auto, das wir jetzt mal freihändig als zweisitziges Sport-Coupé definieren wollen, während (fast) alle Gegner diese Definition erfüllen. Wäre ja egal, nur will BMW im GT-Sport mitmischen. Es sei die Frage erlaubt: Warum muss der GT-Sport dafür büßen, dass BMW in Sachen purer Sportwagen kneift und das Investment lieber als Gewinn an die Shareholder überweist?
BMW M6 gehört nicht in den GT-Sport
Das zweite Problem: Weil BMW kein GT-Straßenauto hat, muss ein Fahrzeug für den GT-Sport herhalten, das da eigentlich nicht hingehört: Der M6 hat gigantische Ausmaße und ein viel zu hohes Basisgewicht – wie der Bentley Continental GT3, der ebenfalls nicht in die GT-Klasse passt. Im GT-Sport sind weltweit 21 Fahrzeuge homologiert, alle sind zweisitzige Sport-Coupés, die optisch sofort als solche identifiziert werden können – nur Bentley und BMW passen da nicht rein.
Warum werden Sie überhaupt zugelassen? Eine gute Frage, die niemand klar beantworten will. Die Rechnung zahlt der GT-Sport mit unsinnigen Spagaten: In der GT3-Klasse muss die Gewichtsobergrenze auf 1.300 Kilo geliftet werden, um die Wackmänner zu akkommodieren. Was für ein Unsinn! Die infrage stehenden Hersteller müssen bei der Umwandlung vom Straßen- zum Rennauto zwischen 1.000 (Bentley) und 7.00 Kilo rauspacken, um Imagewerbung zu betreiben. Was für ein Blödsinn!
Viper mit V10-Motor in GTE-Klasse
Aber nicht nur für BMW und Bentley werden im GT-Sport Extrawürste gebraten, die gar nicht auf den Grill gehören. Auch beim Motor wird gesündigt, gleich mehrfach: Erst ließ man bei der Viper in der GTE-Klasse einen Achtliter-V10 zu, den das Reglement gar nicht erlaubt.
Kaum hatten die Amis ihr Ziel erreicht (USC-Titel in Amerika), verdufteten sie wieder – und alle Gegner standen da wie die Lackaffen. Darauf folgte gleich die nächste Sünde, man lernt ja nicht: In der GT3-Klasse darf Viper wieder mit dem archaischen V10 antreten, der nicht einzubremsen ist, egal, was man tut. Prompt gewinnen die Amis (mit verdecktem Werkseinsatz) die GTD-Klasse beim 24h-Rennen in Daytona. Im GT3-Reglement ist kein Hubraumlimit definiert – noch ein klarer Fehler!
Der nächste Torpedo ist schon im Schacht und könnte den ganzen GT-Sport in die Luft jagen: die Zulassung von Turbomotoren in beiden GT-Klassen – und zwar ohne Restriktor. Nach Meinung von Fachleuten ein großer Fehler, weil die Kontrolle der Motorleistung – man schämt sich zu sagen: logischerweise! – das A und O im Motorsport ist, um unterschiedliche Konzepte auszugleichen. FIA und ACO haben bisher nicht plausibel darlegen können, wie sie die Leistung der Turbomotoren ohne Restriktor kontrollieren wollen.
Drei Kernpunkte könnten Reglement abstecken
Nur am Rande sei der Sonderfall Porsche erwähnt, die Schwaben haben auch zwei Sorgen: Heckmotorautos sind gegen die Mittelmotor oder Frontmittelmotorkonzepte nicht mehr wettbewerbsfähig, Punkt. Da hilft es dann zweitens nicht, wenn man mit dem kleinsten Motor im ganzen GT-Spektrum antritt.
Die Lösungen für die GT-Probleme liegen auf der Hand: Nur echte Sportwagen dürfen zugelassen werden, keine Sport-Blender-Plattform-Derivate. Die Zulassung des GT-Autos muss über Größe und Gewicht des Straßenautos geregelt werden, wir brauchen dringend Eckwerte. Zweitens benötigt der GT-Sport ein Hubraumlimit und drittens eine funktionierende Kontrolle der Motorleistung, besonders für die Turbos. Das ist im Moment noch der Restriktor. Ich kann die GT-Reglements gerne in vier Minuten anpassen – wer noch?