Hoher Preis für Benzindrama
Im Kampf um Platz fünf erlebten Alpine und Aston Martin beim GP Ungarn zwei Extreme. Alpine räumte 37 Punkte ab. Aston Martin verlor 18 Zähler. Inzwischen ist durchgesickert, dass Sebastian Vettel über einen tückischen Defekt stolperte.
Budapest war für Alpine ein Geschenk des Himmels. 37 Punkte in einem Rennen. So etwas schafft normalerweise nur Mercedes oder Red Bull. Der französische Rennstall hat in einem Grand Prix fast so viel abkassiert wie in den zehn Rennen davor. Und sich damit mit einem Schlag auf Platz 5 katapultiert. "Wir sind gut darin, die Chancen zu nutzen, die auf der Straße liegen", lobte Ungarn-Sieger Esteban Ocon.
Der Franzose spielt dabei auf seinen zweiten Platz letztes Jahr in Bahrain an. Da kam der lange Franzose auch aus dem Nichts. Die Favoriten waren ausgefallen oder wegen Boxenstopp-Pannen zurückgefallen.
Das Team, das damals in Bahrain noch mehr absahnte, war aber der Vorgänger von Aston Martin. Sergio Perez und Lance Stroll fuhren mit 40 Punkten nach Hause. Budapest wäre eine weitere gute Gelegenheit gewesen hoch zu punkten und Alpha Tauri zu überholen. Doch Sebastian Vettel und Aston Martin durften sich nur fünf Stunden über den zweiten Platz freuen.
Zu viel Sprit im Tank
Die Geschichte mit dem fehlenden Sprit ist bekannt. Ein Liter hätte noch im Tank sein müssen. 0,3 Liter waren es tatsächlich. Die FIA kennt da keinen Pardon. Egal wie nachvollziehbar die Gründe für den Fehlstand sind. Bei zu wenig Sprit im Tank setzt es eine Disqualifikation. "Der Sprit hätte schon vor den Augen der FIA-Kommissare durch ein Leck aus dem Tank laufen müssen, wenn wir eine Chance hätten haben wollen", erklärte Teammanager Andy Stevenson.
Tatsächlich ist der Kraftstoff wegen eines Fehlers im Tank und der Förderpumpe verdampft. Doch das ist kein Entlastungsgrund. Die Panne ist umso ärgerlicher, weil Aston Martin, wie jetzt bekannt wurde, zu viel Benzin in den Tank gefüllt hat. Und damit zu viel Gewicht mit sich herumschleppte.
"Das Rennen war wegen des Regens am Anfang langsamer als wir dachten. Aber wenn du dich einmal für eine Benzinmenge entschlossen hast, darfst du auch bei einem Re-Start nichts mehr ändern", bedauert Stevenson.
So kam es im Rennen zu dem kuriosen Befehl an Vettel, auf den sogenannten "Fuel burn-mode" zu schalten. "Wir wollten den zu viel getankten Sprit wieder loswerden", erzählen die Ingenieure. Da konnte noch keiner ahnen, dass sich das bitter rächen würde. Das Problem mit dem Verdampfen war keinem im Team bewusst. Es stellte sich erst nach einer eingehenden Analyse nach dem Rennen heraus.
Wozu braucht die FIA einen Liter?
Laut Vettel lag man nach der Korrektur mit dem Sprit immer im Plan. "Erst in der letzten Runde deutete sich an, dass da doch etwas nicht stimmt." Die Förderpumpe arbeitete bereits im Unterdruck. Doch keiner konnte sich vorstellen, dass der Kraftstoff zur Neige ging. Den Berechnungen nach gab es noch Spielraum. Was zu der Frage aller Fragen führt: Wäre der nötige Liter im Tank gewesen, wenn Vettel sofort nach der Ziellinie gestoppt hätte?
Die Ingenieure sind sich nicht ganz sicher: "Es wäre ganz knapp geworden, so wie bei George Russell", vermutet Stevenson. Angeblich lag der Tankinhalt bei dem Williams-Piloten minimal unter einen Liter. Wenn es so knapp gewesen wäre, hätte die FIA auch im Fall Vettel ein Auge zugedrückt, weil sie immer davon ausgeht, dass sich noch ein Zehntel-Liter in den Leitungen befindet.
Und wofür brauchen die FIA-Kommissare die restlichen 0,9 Liter überhaupt? "Je drei Zehntel für einen Benzincheck, als B-Probe und für das Team für eigene Untersuchungen", erklärt Stevenson und erzählt eine nette Anekdote aus der Vergangenheit. "Wir lagen zu Jordan-Zeiten mit Frentzen in Brasilien mal unter der Liter-Grenze. Eddie Jordan hat den FIA-Leuten gesagt. Meine 0,3 Liter schenke ich euch. Er ist damit durchgekommen. Frentzen blieb in der Wertung."
Die Angst vor Spa und Monza
Für Aston Martin geht es jetzt darum, fast 30 Punkte wettzumachen. Einsatzleiter Tom McCullough will sich dabei nicht ausschließlich auf die Chaosrennen verlassen, von denen es in dieser Saison mit Imola, Baku und Budapest schon drei gab. "Wir dürfen uns nicht davon ausgehen, dass es noch ein Chaosrennen gibt und wir dann hoch punkten. Der Schuss kann auch nach hinten losgehen. Der Schlüssel ist, regelmäßig zu punkten. Und regelmäßig vor Alpine und Aston Martin zu liegen. Dann holen wir sie auch noch ein."
Kollege Marcin Budkowski von Alpine sieht es genauso. "Wir haben in den ersten vier Rennen und in den letzten vier Rennen zusammengerechnet mehr Punkte gemacht als unsere Gegner. In Budapest haben wir uns das zurückgeholt, was uns die anderen bei den beiden Stadtrennen abgenommen haben. Am Ende wird in diesem Dreikampf die Konstanz entscheiden. Und dass du einfache Punkte nicht verschenkst."
Die Hochgeschwindigkeitsrennen in Spa und Monza machen den Franzosen allerdings Sorgen. Obwohl man da im Vorjahr jeweils das drittschnellste Auto stellte. Renault ist mit der Power ins Hintertreffen geraten, weil man im Winter kaum Entwicklung betrieb, um sich voll auf eine Neukonstruktion für 2022 zu konzentrieren. Mercedes, Honda und Ferrari rüsteten mit neuen Antriebseinheiten auf.
Alpines Vorteil mit der Fahrerpaarung./strong>
Alpines Vorteil ist die Fahrerpaarung. Fernando Alonso ist seit dem GP Aserbaidschan eine sichere Bank. Ocon hat sich von seinem Zwischentief erholt und wird jetzt erst einmal auf der Welle des ersten GP-Sieges schwimmen. Aston Martin muss sich hauptsächlich auf Sebastian Vettel verlassen, Alpha Tauri auf Pierre Gasly.
Auf der Motorenseite hat Alpha Tauri die besten Karten. Beide Fahrer kamen mit zwei Einheiten von Verbrennungsmotor, Turbolader und MGU-H durch die erste Saisonhälfte. Bei Aston Martin hatte Vettel, bei Alpine Ocon vor der Sommerpause bereits drei Antriebseinheiten im Pool. Ocon hat auch schon sieben Auspuffsysteme verbraucht.
Alpine hofft zwar immer noch ohne Strafen durch die Saison zu kommen, würde bei Ocon aber in dem Augenblick eine Strafversetzung und einen neuen Motor riskieren, wenn sich der Franzose einmal schlecht qualifiziert und der Schaden nicht zu groß wäre.