Bentley Bentayga: Der Nobel-Diesel
Europas Kunden zögerten bislang, gibt es den Bentley Bentayga doch nur mit mächtigem W12-Benzinermotor. Ab Frühjahr nagelt nun - erstmals in der Firmengeschichte - ein Diesel unter der Haube. Der V8 stammt aus Ingolstadt, verrichtet dort seine Arbeit bereits im Audi SQ7.
Ein feiner Bentley mit Dieselmotor? Was im Frühjahr beim Bentayga kommt, ist eine kleine Kulturrevolution für die zum VW-Konzern gehörende Luxusmarke. Bislang steckte unter der Haube des teuersten SUV der Welt, dem Bentley Bentayga, ein - natürlich - fetter Zwölfzylinder. Schließlich galt es, Superlative zu verkünden. Und bei reichen Amerikanern und mit Öl gesegneten Scheichs mochte dies der durchaus passende Antrieb für einen derart mächtigen Luxus-Geländewagen sein. Zudem spülte diese Mono-Motorisierung Bares aufs Bentley-Konto. Der W12-Bentayga kostet immerhin 208.500 Euro. Seit dem Debüt 2015 hat Bentley 5.650 Stück von diesem Boliden verkauft. Chapeau!
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Doch viele europäische Kunden haben gezögert. Was zu viel ist, ist zu viel. Schließlich will man wenigstens einen Hauch grünen Gewissens heucheln und imagemäßig nicht als derjenige dastehen, der Ressourcen mit Gewalt verfeuert. Denn im Alltag kratzt der Bentayga W12 ohne Mühe an der 20-Liter-Verbrauchsmarke. Die neue Klientel wollen die Briten nun mit einem deutlich wirtschaftlicheren Dieselmotor ansprechen. Versprochen wird ein Normverbrauch von 7,9 Litern. Nie war ein Bentley sparsamer, selbst wenn es real neun bis zehn Liter sein sollten. Dies zeigte zumindest unserer Bordcomputer an.
Der erste Diesel der Firmengeschichte
Erstmalig in der Geschichte von Bentley gibt es überhaupt ein Modell mit einem Selbstzünder unterm Blech. Ein Traditionsbruch? "Keineswegs", sagt Bentley-Entwicklungschef Rolf Frech, "nur hat es zuvor kein wirklich passendes Aggregat gegeben, das unsere hohen Anforderungen erfüllt." Jetzt ist es da. Der 435 PS starke V8 stammt aus dem Audi SQ7 und ist aus technischer Sicht ein motorisches Meisterwerk. Die Aufladung des Vierliter-Diesels übernehmen gleich drei Beatmungsgeräte, ein elektrischer Verdichter und zwei Turbolader. Deren Zusammenspiel schickt unglaubliche 900 Newtonmeter Drehmoment schon bei 1000/min in die 8-Gang-Automatik und weiter zu den vier angetriebenen Rädern, nicht zuletzt, weil der elektrische Verdichter innerhalb von 250 Millisekunden voll da ist und die Brennräume schon unter Druck setzt, bevor die Turbinen zum Leben erwachen. Das oft zitierte typische Turboloch existiert nicht.
Solch eine Power bringt selbst einen Boliden wie den Bentayga mächtig auf Trab. Bentley verspricht 4,8 Sekunden von null auf Tempo 100. Das ist Porsche-Niveau. Die Höchstgeschwindigkeit soll bei 270 km/h liegen und macht den dicken Briten damit zum schnellsten Diesel-SUV der Welt.
Luxus gepaart mit perfekter Fahrleistung
Das typische Selbstzünder-Geräusch ist natürlich zu vernehmen, wenn auch gedämpft. Bentley hat zudem die Laufkultur weiter gesteigert, und schon nach ein paar Kilometern weichen die harten Töne einem sonoren, ja fast angenehm bulligen Sound. Er passt perfekt zum Bentayga. Theoretisch ließen sich mit dem 85-Liter-Tank jetzt über 1000 Kilometer am Stück zurücklegen, und man ist durchaus geneigt, dies auch zu tun. Denn solange der Luxus-Liner genügend Auslauf hat (Parkhäuser und enge Innenstädte sind feindliches Revier), gibt es kaum ein besseres Fahrgefühl. Trotz seiner schieren Größe von über fünf Metern, seiner Höhe von 1,74 Metern und seiner Masse von 2,5-Tonnen lässt sich der Brocken überraschend agil bewegen. Die Wankbewegungen in Kurven gleicht ein Elektromotor aus, das Fahrwerk lässt sich verstellen. Und über Komfort und Innengeräusche braucht eh kein Wort verloren zu werden. Hier erfüllt Bentley alle Ansprüche, die eines solchen SUV würdig sind. Gediegener geht es kaum.
Gleiches gilt für die Auswahl der Materialien und deren Verarbeitung. Best of British Luxury. Feinstes Leder, höchste Handwerkskunst und edelstes Holz. Erstmals setzt Bentley im Bentayga das Furnier eines amerikanischen Gummibaumes (wächst in den Südstaaten) ein, wegen dessen fließender Maserung und des warmen, rötlich-braunen Farbtons.
Gut 130 Stunden dauert es, bis ein Bentayga weitgehend in Handarbeit aus der Montagehalle im englischen Crewe rollt. Bentley-Chef Wolfgang Dürheimer ist sich sicher, dass die Dieselversion der Baureihe einen kräftigen Schub verleiht und neue Kunden zur Marke lockt. Wobei nicht zuletzt auch der Preis eine Rolle spielen dürfte. Mit 175.335 Euro ist der Bentayga Diesel über 30.000 Euro günstiger als die W12-Benziner-Version.
Technische Daten Bentley Bentayga Diesel: Fünftüriger, vier-, fünf- oder siebensitziger Luxus-SUV mit Allradantrieb, Länge: 5,14 Meter, Breite: 2,00 Meter (inkl. Außenspiegel 2,22 Meter, Höhe: 1,74 Meter, Radstand: 3,00 Meter, Kofferraumvolumen: 484 Liter, Antrieb: 4,0-Liter-Achtzylinder-Diesel, 320 kW/435 PS bei 3.750-5.000 U/min, maximales Drehmoment: 900 Nm bei 1.000-3.250 U/min, 0-100 km/h: 4,8 s, Vmax: 270 km/h, Durchschnittsverbrauch: 7,9 l/100 km, CO2-Ausstoß: 210 g/km, Abgasnorm: Euro 6, Effizienzklasse: B, Preis: ab 175.335 Euro.