Regen hilft Ferrari gegen McLaren
Ferrari ging mit zweigeteilten Aussichten in das Rennen von Sotschi. Carlos Sainz Zweiter, Charles Leclerc Zweitletzter. Es wäre mehr drin gewesen als ein Podium für Sainz. Aber auch weniger. Der Regen reduzierte das Punktedefizit auf McLaren.
Ferrari ging es in Sotschi wie Mercedes. Nach dem Regen war besser als vor dem Regen. Bevor das Wetter beim GP Russland für eine dramatische Wende sorgte, stand es zwischen Ferrari und McLaren 19 zu 36 nach Punkten. Im Ziel verkürzte sich das Defizit auf 15 zu 19. Obwohl in beiden Teams einer der beiden Fahrer die falsche Entscheidung traf und trotz Regen mit Slicks durchkommen wollte.
In der 46. Runde sah alles nach einem zweiten McLaren-Sieg in Folge aus. Lando Norris führte mit der schnellsten Runde im Rucksack vor Lewis Hamilton. Daniel Ricciardo war auf dem 5. Platz unterwegs zu einem zweistelligen Punkteresultat. Bei Ferrari sah es sieben Runden vor Schluss noch nicht so rosig aus. Carlos Sainz hatte sich zwar wieder auf Rang 3 vorgekämpft, doch Charles Leclerc war bei seiner doppelten Aufholjagd als Achter hinter Max Verstappen eingeklemmt.
Leclercs Durchhaltetaktik ging nicht auf
Als in Runde 46 die ersten Regen.ropfen fielen, die dann entgegen der Vorhersagen stetig an Intensität zunahmen, reagierte jeweils ein Fahrer von Ferrari und McLaren goldrichtig. Sainz und Ricciardo kamen in Runde 48 an die Box. Beide hatten das Gefühl, dass schon zu viel Wasser auf der Piste lag und gaben ihren Kommandoständen entsprechende Hinweise. Dazu kam, dass der Regen nun flächendeckender niederprasselte als in der Runde davor, in der nur die halbe Strecke betroffen war.
Für Sainz und Ricciardo war es der goldene Schuss, obwohl beide wegen Ausrutschern hinter Verstappen fielen. Es zahlte sich nur drei Runden später voll aus, weil es im Feld zu viele Zögerer gab. Die extremsten waren Lando Norris und Charles Leclerc, die in einen Teufelskreis verfielen.
Erst wollten sie ihre guten Positionen nicht preisgeben, dann merkten sie, dass es zu spät war und versuchten mit dem Mute der Verzweiflung durchzuhalten. Was ihre Lage nur noch schlimmer machte. Sie hatten schon zu viel Zeit verschwendet und wären beide um ein Haar in der Bande gelandet. Spitzenreiter Norris stürzte auf Platz 8 ab, der zwischendurch Vierte Leclerc auf Rang 15.
Leclerc ärgerte sich am Ende selbst: "Ich sah, wie sich Carlos Intermediates abholte, hatte aber meine Zweifel, ob er damit richtig lag. Am Ende war ich zwei Runden zu lange auf der Strecke. Anfangs ging es noch, aber als der Regen immer stärker wurde, haben Lando und ich zu viel Zeit liegengelassen. Ich hätte dem Team bessere Informationen vom Streckenzustand geben müssen, dann hätten wir vielleicht früher gestoppt. Das nehme ich als eine Lehre aus diesem Rennen mit."
Der Ferrari-Kommandostand vertraute in dem Fall mehr den Eindrücken des Fahrers. Erkenntnis danach: "Wir hätten ihn zusammen mit Carlos reinholen sollen. Selbst ein Doppelstopp wäre besser gewesen."
Unfallvermeidungs-Taktik von Sainz
Carlos Sainz hatte nach zwölf Führungsrunden mindestens von einem Podium geträumt. Deshalb war der Spanier etwas überrascht, dass ihm das Team mitten im Rennen nur ein Top 5-Resultat prophezeite. Wegen starken Körnens der Vorderreifen musste er schon in Runde 14 an die Box, fiel auf den elften Platz zurück und steckte nun mitten in einem DRS-Zug, aus dem es zunächst kein Entrinnen gab. "Ich war von der Prognose etwas enttäuscht, aber die Simulationen hatten natürlich einen besseren Überblick als ich."
Sainz nahm erst wieder Kurs auf das Podium, als Valtteri Bottas und Pierre Gasly an die Boxen abgebogen waren. Auf den harten Reifen vergrößerte der Ferrari-Pilot den Vorsprung auf Ricciardo auf fünf Sekunden. Das gab Zuversicht. Sotschi war wie Monza eine McLaren-Strecke.
Für Sainz war es nach Monaco und Ungarn bereits das dritte Podium in diesem Jahr. Der Ferrari-Neuzugang atmete auf: "Das war mein komplettestes Wochenende, seit ich für Ferrari fahre. Der zweite Startplatz, der gute Start, die Führungsrunden, das richtige Boxenstopp-Timing. Es passte einfach alles. Ich war vom ersten Training bis zum Rennwochenende gleichbleibend stark und wollte nicht schon in den freien Trainingssitzungen der Schnellste sein."
Der Spanier gab zu, dass ihm immer noch das 100 prozentige Vertrauen in sein Auto fehlt und er in diesem Punkt an sich arbeiten muss. "Die vielen Unfälle in letzter Zeit passierten nicht ohne Grund. Ich bin eigentlich kein Crashpilot. Deshalb habe ich es diesmal mit einem etwas konservativeren Ansatz versucht und bin gut damit gefahren."
Hybrid-Upgrade ein Erfolg./strong>
Teamchef Mattia Binotto betrachtete Sotschi wie schon Monza als Schadensbegrenzung auf Strecken, die dem WM-Gegner McLaren in die Karten spielten. Ferrari präsentierte sich besser als erwartet. Auch der erste Einsatz des neuen Hybridsystems in Leclercs Auto war ein Erfolg. "Es hat uns etwas Rundenzeit gebracht, zuverlässig gearbeitet und das geliefert, was wir uns von ihm erwartet haben", lobte Binotto. Ferrari stimmte auch zuversichtlich, dass Leclerc über weite Strecken Verstappen, seinem Leidensgenossen aus der letzten Startreihe, folgen konnte.
Binotto brachte aber auch Kritik an. "Wir haben in einigen anderen Disziplinen nicht so funktioniert wie wir sollten. Zum Beispiel im Reifenmanagement, bei den Boxenstopps und dem Timing des Reifenwechsels von Charles am Ende." Wieder einmal bremsten körnende Vorderreifen die Ferrari-Piloten, speziell Sainz im ersten Stint. Bei Leclerc klemmte es bei beiden Boxenstopps links hinten. Der Monegasse verlor in der Boxengasse insgesamt 3,1 Sekunden auf seinen Teamkollegen.