Warum ist diese Brücke rund?
In Uruguay führt eine runde Brücke über eine Lagune. Das Bauwerk soll nicht nur gut aussehen, sondern auch den Ausblick verbessern – und mehr.
Die Laguna-Garzón-Brücke in Uruguay führt nicht auf dem kürzesten Weg über die gleichnamige Lagune – sie ist rund. Das im Dezember 2015 eröffnete Bauwerk befindet sich in einem Naturschutzgebiet und verbindet die Departments Maldonado und Rocha. Vor Inbetriebnahme der Brücke haben nur kleine Fähren Autos und Passagiere von einem zum anderen Ufer transportiert. Diese Fähren konnten maximal drei bis vier Autos aufnehmen. Da Uruguay den Tourismus in der Gegend ankurbeln möchte, haben sich die Regierungsvertreter zum Bau der kreisförmigen Laguna-Garzón-Brücke entschlossen.
Für die Umsetzung des Vorhabens haben sie den 2023 verstorbenen amerikanischen Architekten Rafael Viñoly gewonnen. 1944 in der uruguayischen Hauptstadt Montevideo geboren, hat Viñoly viele berühmte Bauwerke erschaffen – darunter auch umstrittene. Das von ihm entworfene und 1996 fertiggestellte Internationale Forum Tokyo gehört beispielsweise bis heute zu den wichtigsten kulturellen Komplexen Japans.
Umstrittene Brennspiegel-Gebäude
Andererseits hat das von ihm entworfene Walkie-Talkie genannte Londoner Hochhaus in der 20 Fenchurch Street angeblich Autos beschädigt. Die gewölbte Glasfassade soll unbeabsichtigt als Brennspiegel wirken und Außenspiegel, Armaturenbretter sowie Markenlogos von in der Nähe parkenden Autos verschmort haben. Das britische Architektur-Fachblatt Magazin Building Design hat Viñoly 2015 wegen des Hochhauses den Carbuncle Cup verliehen – der Preis ist für das hässlichste in den vergangenen zwölf Monaten fertiggestellte Gebäude in Großbritannien gedacht. Ein ähnliches technisches Problem wie in London tritt beim ebenfalls von Viñoly entworfenen Hotel Vdara in Las Vegas auf: Hier soll der Glasflächen-Hohlspiegel zur Mittagszeit im vor dem Hotel befindlichen Außenpool schwimmenden Gästen die Haut versengt haben. Die Laguna-Garzón-Brücke zählt wiederum zu Viñolys technisch gelungenen Entwürfen.
Mit ihrer ungewöhnlichen Form soll die Brücke Touristen anlocken – das schaffen die Golden Gate Bridge in San Francisco, die Brooklyn Bridge in New York und die Londoner Tower Bridge (Fun Fact: Die ist jünger als die Brooklyn Bridge.) schließlich auch. Die genannten Städte sind natürlich ebenfalls Besucher-Magneten, aber das kann ja der unberührte Küstenabschnitt, an dem sich die Laguna-Garzón-Brücke befindet, noch werden.
Ort der Erholung
Die Kreisform der Brücke sowie Zebrastreifen und Bodenschwellen an ihren Zufahrten sollen den Verkehr entschleunigen und Brücken-Nutzern die Möglichkeit zu ausgiebigeren Blicken auf die Schönheit der Lagune geben. Fußgänger können die Brücke sowohl über einen Außen- als auch einen Innenring überqueren – sie sollen das Bauwerk als einen Ort der Erholung empfinden. Ihre Wege sind mit Betonschutzwänden von der Fahrbahn getrennt. Die Fahrbahn teilt sich beim Übergang zum Mittelteil, die beiden Fahrspuren führen jeweils als Einbahnstraße um den Innenkreis herum. Autofahrer können die Brücke nicht als Kreisverkehr nutzen – wer die Brücke auch in der jeweils anderen Richtung befahren möchte, muss auf dem Festland wenden.
Der Radius der Brücke beträgt 51,5 Meter, die beiden sich gegenüberliegenden Zufahrten sind jeweils 46 Meter lang. 16 jeweils 20 Meter voneinander entfernte Pfeiler tragen den runden Mittelteil, die Fahrbahn befindet sich vier Meter über der Wasseroberfläche. Die überspannte Lagune ist bis zu 15 Meter tief.
Von Milliardär mitfinanziert
Vorangetrieben und teilweise finanziert hat die Brücke der argentinische Milliardär und Immobilien-Entwickler Eduardo Costantini. Der Geschäftsmann besitzt Land in Rocha, das sich vor dem Brückenbau wegen der fehlenden Brücke deutlich langsamer entwickelt hat als Land im gegenüberliegenden Maldonado. Die Brücke soll zu einer Anpassung der Entwicklungsgeschwindigkeiten geführt haben.