Unsere Lieblings-Sportwagen 2019
Zum Jahresende hin dürfen wir auch mal wieder subjektiv sein. Extravagant, extra stark und schnell oder extra unterhaltsam. All diese Merkmale finden sich bei unseren Lieblings-Sportwagen 2019.
Auf der Vernunftskala rangieren Sportwagen für gewöhnlich im unteren Drittel. Das ist kein Problem, sondern Teil des Reizes – denn ein Sportwagen muss zwar anders performen als ein Familienvan, doch egal ob auf der Straße oder auf der Rennstrecke: In erster Linie müssen die Autos Spaß machen. Oder sprachlos machen. Oder.. Ach lesen Sie selbst, was uns 2019 vom Sockel gefegt hat.
Marcel Sommer – McLaren GT, BMW M8 und Ferrari Roma
Platz eins: Da steht er endlich im Showroom des Händlers meines Vertrauens! Mein 326 km/h schnelles Golf-Car von McLaren. Mussten Golfer bislang im klobigen Cullinan oder Bentayga zum Einlochen fahren, gibt es nun einen Supersportler mit der Lizenz zum Golf-Baggen. Kurz die gewaltige Klappe aufreißen, Schlägertasche rein, Klappe zu. Vorn passt sogar noch der Champagner-Karton hinein für die abschließende Siegesfeier. Was will man mehr?
Platz zwei: 4,4 Liter großer Achtzylinder, 625 PS und 2+irgendwas um die 0,2 Sitze – ein BMW 8er mit dem besonderen C-Paket ist der Hammer. Erst recht dann, wenn der Hinterradmodus scharf gestellt ist und ausreichend Platz um einen herum ist, beziehungsweise die hauseigene Rennstrecke nicht zeitgleich von den Kids benutzt wird. Die Nachbarn gehen auch nicht leer aus, sofern der Sport-Plus-Modus der Abgasanlage freien Lauf lässt.
Platz drei: Was für ein Cockpit! Und das auch noch bezahlbar für die Straße – sofern die Kinder nicht studieren, in den Urlaub fahren oder sonstigen Chi-Chi haben wollen. Wenn sie zudem nichts essen und über Size-0-Modellmaße verfügen, lassen sie sich vielleicht auch auf einen der beiden Not-Ablage-Sitz-Nischen in der zweiten Reihe falten. Doch wie schon beim McLaren GT ist bei diesem Aston Mar… äh, Ferrari das Wichtigste, dass nun auch zwei Golfbags ins Heck passen.
Gregor Hebermehl – Evija, Challenger 50th Anniversary und Morgan Plus Six
Lotus baute schon immer ein bisschen leichtere und ein bisschen radikalere Autos als die meisten seiner Konkurrenten. So sollte auch das neue Elektro-Hypercar der Briten sein: noch agiler und noch handlicher. Außerdem ist Lotus immer schön unbonzig und deshalb landet der Evija für mich auf dem ersten Platz.
Dodge verkauft Leistung – die Amis sind stolz darauf, möglichst viele PS unters Volk zu bringen. Das ist erfrischend einfach – und verpackt im Challenger, kann sich Leistung auch sehen lassen. Die 50-Jahre-Edition des zeitlosen Pony Cars hat das Zeug zum Sammlerstück und für mich zu Platz zwei.
Ein unaggressiver Klassiker mit sozialkompatiblem Sechszylinder-Motor: Der Morgen Plus Six entspannt durch Fahrspaß jenseits von ultimativem Hochleistungs-Gehetze. Und der Brite ist wirklich etwas Besonderes. Bronze geht also nach Großbritannien.
Patrick Lang – Focus ST, 911 Speedster und Toyota Supra
Mir ist schon klar, dass auf meinem ersten Rang jetzt kein ganz reinrassiger Sportwagen steht. Aber der Focus ST erfüllt so viele Kriterien, dass die Schnittmenge seine Platzierung rechtfertigt. Bei Bedarf macht der Kölner richtig Krawall und sorgt per Launchcontrol für ein kurzes infantiles Vergnügen. Das reißt allerdings nicht ab, denn er kann auch Kurven. Dabei bleibt der Focus am Boden, ja sogar ziemlich nah am zivilen Bruder eigentlich. Trotzdem weckt der ST in mir mehr Emotionen als jeder Golf GTI.
In einer Welt, in der man einen Porsche 911 fast schon als Tarnung nutzen könnte, will ich eigentlich keinen haben. Platz zwei geht daher an den 911 Speedster, der meine Wünsche erhört hat. Aus der Menge von silbernen, weißen oder schwarzen Elfern taucht er auf wie ein Paradiesvogel. Ein Sondermodell weckt immer besondere Begehrlichkeiten. Dieses hier macht es mit seiner einzigartigen Speedster-Optik, einer Handschaltung, einem Vierliter-Sechszylinder-Saugmotor mit 510 PS, jeder Menge Leichtbauteilen aus Karbon und dem Fahrwerk des GT3. Wie sich das auf der Straße anfühlt? Ein ordentliches Bisschen begehrenswerter als ein Standard-Elfer.
Der neue Supra polarisiert. Eine Eigenschaft, die mir bei einem Großserien-Modell so gut gefällt, dass ich ohne zu zögern den dritten Platz an den Toyota mit BMW-Genen gebe. Das Heck ist extravagant gestaltet, die lange Schnauze ist dagegen fast schon ein klassischer Kunstgriff. Dabei darf man allerdings nicht vergessen, dass das Coupé auch richtig was drauf hat. 340 PS, Reihensechszylinder und Hinterradantrieb. Muss ich noch weiterreden?
Thomas Harloff – McLaren Elva, F-Type und Audi TT RS
Erster Platz: Der Antrieb des McLaren Senna als Treibsatz für einen Kompromisslos-Roadster: Der Elva ist radikal offen und dürfte das emotionale Halo-Modell in der ansonsten recht technokratischen McLaren-Angebotspalette werden. Okay, möglicherweise ist er etwas „over-engineered“, etwa mit seiner sehr ausgeklügelten Luftdurchströmung. Aber faszinierend ist er allemal, sowohl optisch als auch technisch und finanziell. Jedes der maximal 399 Exemplare kostet mindestens 1,7 Millionen Euro.
Zweiter Platz: Ja, meine bisherige Auflistung ist sehr britisch. Aber das Brexit-geschädigte Volk hat einige seelische Streicheleinheiten verdient und autotechnisch einfach ein gutes Jahr. Dazu hat auch der aufgefrischte F-Type beigetragen, der von vorne wie ein komplett neues Auto und zudem einfach scharf aussieht. Außerdem lässt sich der kompakte Sportler weiterhin von V8-Kompressormotoren nach vorne ziehen. Das mag politisch nicht ganz korrekt sein – und verdient umso höheren Respekt.
Dritter Platz: Genießen wir das rotzige Fünfzylinder-Trompeten, solange es dieses Geräusch noch gibt. Es steht ja so gut wie fest: Der nächste TT wird ein E-Auto und wohl zum Crossover umgemodelt. Ob er dann noch einen ausladenden Flügel am Heck tragen darf oder dieses herausfordernde Wabengitter samt insektiger Scheinwerfer, muss leider bezweifelt werden. Und eins muss man mal anerkennen: Auch ein Sportwagen wie der TT RS ist problemlos nach WLTP und Euro 6d-Temp zertifiziert.
Jörn Thomas – Huracan Evo, Alpine A110 S und Porsche 911
Meine Nummer Eins ist immer noch exotisch wie ein Dinosaurier. Mit seinem hexagonalen Design und dem brüllenden Zehnzylinder-Saugmotor haben die Lamborghini-Leute ihrem Einstiegsmodell inzwischen so richtig Manieren beigebracht. Die Vernetzung der Regelsysteme klappt hervorragen, die Italiener versprechen gar eine vorausschauende Regelung. Und so fühlt sich das auch an. Einfach beherrschbar, und trotzdem von aufwühlender Dynamik. Kann man nur hoffen, dass sie dieses Teil noch möglichst lange bauen.
Die Nummer zwei – Ganz gleich ob S oder nicht: es gibt keinen charmanteren Sportwagen als die Alpine. Warum? Weil es niemand anderem gelang, einen so leichten Mittelmotor-Wagen mit passender Leistung und einer so habhaften Fahrwerksauslegung zu komponieren. Von allem genug, von nichts zuviel. Du fühlst Dich immer schnell, ohne dass man das mit miserabler Traktion (gell, GT 86) oder Hinterhältigkeit bei Lastwechseln oder so erzwingen müsste. Die Alpine fährt einfach gut, verzichtet auf das ein oder andere km/h an Grenzbereichsgeschwindigkeit um denselben etwas breiter und damit nutzerfreundlicher zu gestalten. Abgesehen davon sieht sie einfach hinreißend aus. Und das sagt jemand, der ansonsten immer nach Zuffenhausen zur Werksabholung pilgern würde.
Nummer drei, Stichwort Zuffenhausen. Lass doch alle reden, der Elfer ist wieder ein Elfer. Wofür Porsche den baut? Nicht für die geifernden sozialen Benzin-Netzwerker, pöbelnden Fanboys oder achwasweißdennichwen. Sie bauen ihn für – Überraschung: die Kunden! Yeah! Und die haben kein Problem mit ausgeprägtem Komfort, hoher Fahrsicherheit und sattem Drehmoment dank Turbo-Plateau. Und erst die präzise Lenkung, das vorhersehbare Eigenlenkverhalten, die Top-Bremse und das meisterhaft adaptierende Doppelkupplungsgetriebe. Och, er ist schwerer geworden... Heul doch! Ich will ihn schließlich nicht tragen, sondern fahren. Und dabei merkst Du nix davon, da fährt der moderne Klassiker den meisten anderen eine Kante ins Blech. Jeden Tag. Das ganze Jahr. Elfer eben.
Jens Dralle – Aventador SVJ, i30 N Fastback und 718 Spyder
Platz eins: Lamborghini Aventador SVJ: Mist, es zündet mich immer noch an, das Anarchische in einem Sportwagen. Schön also, dass es ihn noch gibt, den als SVJ wohl agilsten Lastwagen mit zornigem Zwölfzylinder-Saugmotor und einem Getriebe, das nur unter Volllast überzeugt – mit Brachialität..
Zweiter Platz: Hyundai i30 N Fastback: Mist, er zündet mich immer noch an, der wohl uneitelste aller Landstraßen-Feger. Schön also, dass die neue Karosserievariante als Anlass dient, mal wieder ein paar Kurven in Badisch Sibirien zurecht zu biegen.
Dritter Platz: Porsche 718 Spyder: Mist, es zündet mich immer noch an, das angeblich überholte Konzept des Saugmotors. Schön also, dass dass die neue Boxster-Variante als Anlass dient, mir Ansprechverhalten und Drehfreude zu injizieren. Auf der Landstraße, Rennstrecke muss nicht sein. Ginge aber auch..
Gerd Stegmaier – Rimac Concept Two, Taycan und Ferrari Roma
Platz eins hat 1.915 PS und vier Motoren – die Flunder von Rimac nutzt den Antrieb noch konsequenter zu höherer Fahrdynamik als der Taycan. Nicht umsonst kooperiert Porsche mit den Kroaten. Bei der Serienfertigung ist der C_Two allerdings nur zweiter. Er kommt erst Ende 2020 und sicher nicht in den Stückzahlen wie der Taycan. Noch dazu kostet er das Fünf- bis Zehnfache. An der Ernsthaftigkeit der Pläne besteht allerdings kaum Zweifel: Fünf Autos hat Rimac bereits für Crashtests geopfert.
Platz zwei geht nach Zuffenhausen. Wer einmal Taycan fahren durfte, kommt schwer dran vorbei, den Elektro-Porsche ganz oben aufs Podest zustellen. Der Rimac dürfte ihn toppen. Aber den Taycan kann man jetzt bestellen. Ab 105.607 Euro.
Platz drei für Italien – Der Neue aus Maranello ist durch und durch klassisch – schön. Okay, kein Saugmotor mehr, aber der famose Biturbo-V8 darf auch drehen und schüttelt 620 PS sowie 720 Nm bei nur 3.000/min aus den Ladern. Und Schwerpunkt hin oder her: Unter 1.500 Kilogramm Leergewicht sind einfach mal gut 800 Kilogramm weniger als beim Taycan.