Verstappen verteidigt harte Gangart
Wir haben die zehn Teams in Katar auf Neuigkeiten abgecheckt. Max Verstappen verteidigt im Vorfeld des Mercedes-Einspruchs seine Fahrweise. Kollegen unterstützen ihn. Sebastian Vettel erzählt, was dem Aston Martin wirklich fehlt.
Donnerstag ist der PR-Tag vor einem Grand Prix. auto motor und sport stöbert für Sie im Fahrerlager Geschichten und Gerüchte auf. Wir fragen bei den Ingenieuren nach, was es Neues in Sachen Technik gibt und bei den Fahrern, wie sie das Rennen einschätzen. Hier ist unser Streifzug durch die zehn Garagen.
Mercedes
Mercedes kartet nach im Duell Hamilton gegen Verstappen. So wie Red Bull beim Crash der beiden WM-Rivalen in Silverstone. Der Titelverteidiger legte neue Beweismittel vor, die zeigen sollen, dass Max Verstappen seinen WM-Gegner absichtlich von der Strecke gedrängt hat. Darunter auch Aufnahmen der Bordkamera aus Verstappens Auto. In der Hoffnung, dass die Sportkommissare nachträglich eine Fünfsekunden-Strafe oder eine Startplatzstrafe für den GP Katar vergeben.
TV-Experte Martin Brundle meint: "Die Aufnahmen entlasten Max eher. Du siehst, dass er die Lenkung nicht absichtlich aufmacht." Verstappen bremst einfach viel zu spät. Weil er auf der Innenspur liegt, ist sein Radius kleiner. Wenn er weiter einlenkt, dreht er sich. Doch der Holländer hätte wissen müssen, dass er eine weite Linie nehmen muss, um überhaupt durch die Kurve zu kommen. Hamiltons Erinnerung an den Vorfall ist kompakt: "Ich habe gewonnen."
Sebastian Vettel sieht keinen Sinn darin, den Fall noch einmal zu behandeln: "Lewis hat das Rennen gewonnen. Wozu das Ganze noch einmal aufrollen?" Daniel Ricciardo meint: "Wenn es um einen WM-Titel geht, dann kämpfst du bis zur letzten Kurve. Vielleicht war das Manöver von Max ein bisschen zu hart, aber Max war immer ein aggressiver Fahrer." Kimi Räikkönen pflichtet bei: "Da war nichts Verrücktes dabei. Sie haben sich ja nicht mal berührt. Ich habe schon schlimmere Sachen gesehen."
Wie vor jedem Wochenende stellt sich die Frage: Welchem Auto kommt die Strecke mehr entgegen? Valtteri Bottas zuckt die Schultern: "Ich weiß es nicht. Da spielen so viel Faktoren mit hinein. Über die gesamte Saison gesehen hatte Red Bull das bessere Auto als wir. Aber wir haben es zuletzt immer wieder geschafft, das meiste aus unserem Paket rauszuholen."
Ferrari
Charles Leclercs hat seine erste Runde in Losail auf dem Fahrrad zurückgelegt. Sein Urteil: "Sie sieht sehr schnell aus." Seine Vorbereitung auf die neue Strecke: "Heute Abend noch zwei Fahrradrunden, dazu viel Videostudium. Weil ich seit dem GP USA praktisch nicht mehr zuhause war, bin ich die Strecke nicht im Simulator gefahren." Carlos Sainz fiel auf: "Der Astroturf am Streckenrand ist voller Sand. Das kann Probleme bereiten."
Leclerc blickt zufrieden auf das Lateinamerika-Doppel zurück: "Wir haben als Team einen guten Job gemacht. Ich war auf den beiden Strecken besser als in den Jahren zuvor." Der Monegasse könnte zwar noch Fünfter in der Fahrer-WM werden, doch das ist nicht sein wichtigstes Ziel: "Ob Fünfter oder Sechster wird mein Leben nicht ändern. Viel wichtiger ist, dass Ferrari Dritter in der Konstrukteurs-WM wird."
Für Carlos Sainz ist das Duell gegen McLaren noch lange nicht beendet: "Zwischen uns geht es um Details. Ein bis eineinhalb Zehntel. Die letzten beiden Rennen hätten auch anders ausgehen. Bei beiden Starts hätte ein McLaren vor uns in die erste Kurve und dann auch im Ziel vor uns liegen können."
Red Bull
Max Verstappen versteht die ganze Aufregung um die Szene mit Lewis Hamilton nicht. Er hat auch die Aufzeichnung des Zwischenfalls nicht mehr am TV-Schirm analysiert: "Wozu? Ich fahre selber das Auto und weiß, was passiert ist." Der Holländer verteidigt seine harte Fahrweise: "Hier geht es um ein WM-Duell. Das ist intensiv, auf und neben der Strecke. Da kannst du keine einfachen Überholmanöver erwarten. Ich weiß genau, was ich mache. In dem Moment waren die Reifen schon ziemlich heiß. Wenn ich abrupter einlenke, drehe ich mich."
Sergio Perez ist einer von zwei Fahrern, die den Kurs von Losail aus dem Rennauto kennen. Der Mexikaner fuhr dort 2009 ein GP2-Rennen. Bei der Fahrt im Simulator gab es kein Wiedererkennen. "Das ist zu lange her. Ich glaube nicht, dass ich deshalb einen Vorteil habe. Als ich im Simulator gefahren bin, kam es mir wie eine neue Strecke vor." Sein Gefühl im Vergleich zu Mercedes: "Die schnellen Kurven sollten uns entgegenkommen. Mercedes ist hauptsächlich auf den Geraden schneller als wir." Davon gibt es nur eine.
Der WM-Vierte ist immer noch sauer auf das, was in Brasilien in der letzten Runde passiert ist. "In Kurve 12 war so viel Rauch, den die Zuschauer mit ihren bengalischen Feuern verursacht hatten. Ich konnte praktisch nichts sehen. Das wäre fast noch schief gegangen mit der schnellsten Runde. Ich werde mit Michael Masi darüber reden müssen."
Aston Martin
Die Kollision zwischen Lance Stroll und Yuki Tsunoda war heftiger als gedacht. Aston Martin musste ein neues Chassis aufbauen. Das beschädigte Unfallchassis wurde nach England zur Reparatur geflogen. Der Kanadier will endlich sein Pech abstreifen, das ihn seit dem GP Russland verfolgt. Keine Punkte, viele Unfälle, oft schon Schluss im Q1.
Sebastian Vettel hat seinen Streckenrundgang auf die Abendstunden verschoben: "Da ist es realistischer. Das zweite Training, die Qualifikation und das Rennen finden ja auch bei Dunkelheit statt." Nach 19 Rennen urteilt Vettel über seinen Aston Martin: "Unser Auto hat zu viel Luftwiderstand, und uns fehlt Abtrieb. Es ist schwer das zu kompensieren. Manchmal schaffen wir es durch das Setup, durch Reifenschonen oder die Strategie. Aber das Fenster, in dem wir gut aussehen, ist sehr klein. Wir haben während der Saison weniger Fortschritte gemacht als andere."
Williams
Nicholas Latifi warnt: "Das wird wieder so ein Rennen, bei dem die Streckenlimits Ärger machen werden." FIA-Rennleiter Michael Masi hat angekündigt, dass im Ausgang der Kurven 4, 12, 13, 14 und 16 Sensoren die Einhaltung der Regel streng überwacht wird.
George Russell hat seine eigene Strategie neue Strecken zu lernen: "Gehe mit so wenig Vorurteilen an die Arbeit. Nur so bleibst du flexibel und kannst dich anpassen." Bei der Pressekonferenz nahmen die künftigen Mercedes-Piloten Russell und Hamilton nebeneinander Platz. Der Neuling streut seinem künftigen Teamkollegen Rosen: "Wer sein Geld auf den Weltmeister setzen will, muss es in Lewis und Mercedes investieren."
Alpine
Keiner kennt den Kurs von Losail so gut wie Alpine-Teammanager Davide Brivio. Der Italiener war vorher Rennleiter des Suzuki MotoGP-Teams. Doch was bringt seine Erfahrung? "Wir brauchen immer noch den Simulator", erklären die Fahrer.
Fernando Alonso vergattert sein Team: "Wir müssen immer das Maximale aus unserem Auto und der Strategie rausholen, weil wir ein langsameres Auto haben als Alpha Tauri. Das wichtigste ist die Zusammenarbeit im Team." In Brasilien schafften Fernando Alonso und Esteban nur durch Teamwork die gleiche Punktzahl wie Gasly.
Alpha Tauri
Pierre Gasly will sich diesmal mehr auf den Start konzentrieren. "In Brasilien hatte ich zwei schlechte." Wie viele seiner Kollegen kennt Gasly den Losail-Kurs nur aus dem Simulator. Er fürchtet: "Das wird eine anstrengende Angelegenheit. Viele Kurven gehen im vierten, fünften und sechsten Gang. Es ist eine echte Herausforderung für die Teams. Keiner hat Daten. Wer am schnellsten lernt, hat einen Vorteil." Seine Einschätzung des Duells um Platz 5 in der Marken-Wertung: "Wir haben das schnellere Auto, Alpine hat zwei Fahrer, die punkten."
Yuki Tsunoda hofft, dass Katar die einfachste Aufgabe im Triple für ihn wird: "Diesmal kennen auch meine Kollegen die Strecke nicht." Der Japaner ärgert sich immer noch über die Zehnsekunden-Strafe und die zwei Strafpunkte in Brasilien, als er Lance Strolls Auto auf die Hörner nahm. "Das war viel zu hart. Man hätte nicht mal eine Fünfsekunden-Strafe geben müssen. Wenn ich mir den Startunfall in Mexiko anschaue, dann war die Strafe für mich ungerechnet. Ricciardo hat gar nichts gekriegt."
Haas
Auch Mick Schumacher setzt auf den Faktor neue Strecke: "Da sie neu für alle ist, könnte das uns näher an das Feld heranbringen." Diesmal ist die Strecke wirklich neu für ihn. "Ich bin nicht mal im Simulator gesessen und werde mich auf den Streckenrundgang verlassen müssen." Der Rookie fühlt sich immer wohler in seinem Team. "Wir verstehen das Auto immer besser und haben das Setup für die jeweiligen Strecken perfektioniert. Deshalb sind wir auch näher dran am Feld."
Nikita Mazepin ist der zweite Fahrer neben Perez, der die Strecke von Losail aus dem Rennauto kennt. "Irgendeine Nachwuchsformel, aber schon lange her." Ist es Vorteil im Vergleich zum Teamkollegen? "Nur die ersten zehn Runden. Dann hat jeder die Strecke gelernt."
McLaren
Der Rückstand von 31,5 Punkten auf Ferrari scheint uneinholbar. Wenn überhaupt, dann muss McLaren in Katar zuschlagen. Doch ist es eine gute Strecke für McLaren? Es gibt genauso viele mittelschnelle wie schnelle Passagen. Das Problem ist, dass Ferrari keine Schwächen mehr hat. "Wir brauchen schon einen sehr guten Tag, um ihnen Punkte abzunehmen", fürchtet Daniel Ricciardo.
Lando Norris prophezeit: "Das wird eine der schnellsten Strecken im Kalender." Der Engländer glaubt immer noch daran, dass McLaren das Duell gegen Ferrari gewinnen kann. "Die nächsten Strecken müssten uns besser liegen." Norris gibt aber auch zu: "Ferrari hat in letzter Zeit einen richtig guten Job gemacht. So wie wir in der ersten Saisonhälfte."
Alfa Romeo
Die großen Ankündigungen sind gemacht. Antonio Giovinazzi muss gehen, Guanyu Zhou kommt. Jetzt kann sich Sauber auf die letzten drei Rennen konzentrieren, um das Unmögliche möglich zu machen und Williams noch einzuholen. Die neuen Strecken von Losail und Jeddah und der modifizierte Kurs von Abu Dhabi sind eine Gelegenheit, die Autos schneller als andere den ungewohnten Bedingungen einzustellen.
Kimi Räikkönen freut sich: "Drei neue Strecken zum Ende meiner Karriere. Das ist eine willkommene Abwechslung." Doch eines stellt der Veteran klar: "Ablaufen tue ich die Strecke nicht. Da muss mir schon einer ein Fahrrad oder ein Moped ausleihen. Sonst werde ich die Strecke erst am Freitag im Auto kennenlernen."
Antonio Giovinazzi hat von der Fahrerentscheidung erst am Freitag vor dem GP Brasilien offiziell erfahren. Der Italiener hat schon neue Pläne neue Pläne für die Zukunft: "Ich freue mich auf die Formel E und hoffe, dass mich Ferrari als dritten Fahrer für nächstes Jahr verpflichtet." Teamchef Frederic Vasseur war übrigens nicht begeistert, dass sich Giovinazzi öffentlich beklagte, dass er sein Cockpit nur des Geldes wegen verloren habe.