Quali-Schwäche bremst Papaya-Renner
Es bleibt dabei. In der Qualifikation kann McLaren nichts gegen den Rivalen um den dritten WM-Platz ausrichten. Ferrari hat auf eine Runde das schnellere Auto. Selbst Alpha Tauri rutschte den McLaren durch. Lando Norris und Daniel Ricciardo hatten das Gefühl, etwas unter den Möglichkeiten geblieben zu sein.
Die Hoffnung liegt für McLaren auf dem Rennen. Wieder einmal muss der zweiterfolgreichste Rennstall der Formel 1-Geschichte dem erfolgreichsten hinterherjagen. Wie in den ersten sechs Qualifikationen der Saison war Ferrari auch in Frankreich auf eine Runde schneller. "Wir haben ein gutes Rennauto, das schnell ist und pfleglich mit den Reifen umgeht", befindet McLaren-Teamchef Andreas Seidl. Damit will man sich am Rennsonntag auf die Jagd nach den roten Autos machen.
Reifenverschleiß als McLaren-Trumpf?
Die hielten in den ersten Saisonrennen nicht immer die Geschwindigkeit, die sie in der Qualifikation vorgelegt hatten. Beim Reifenmanagement ist Ferrari zwar besser geworden als im Vorjahr, hat aber noch Defizite. Und da könnte es McLaren besonders in die Hände spielen, dass Pirelli nach den Ereignissen in Baku mit zwei Reifenschäden die Luftdrücke an der Hinterachse erhöht hat.
Der ursprüngliche Plan sah vor, die hinteren Gummis mit 19,5 PSi aufzublasen. Daraus geworden sind 21,5. Verbunden mit der Gefahr, dass die Reifen schneller überhitzen und im schlimmsten Fall Blasen werfen. "Mit den hohen Temperaturen am Trainingsfreitag haben wir viele Autos gesehen, die ihre Hinterreifen überhitzt haben. Blasenbildung soweit ich weiß nicht", sagt Daniel Ricciardo. Letzteres kann daran liegen, dass die Piloten seit dieser Saison durch die verkürzte Trainingszeit auch nur wenige Runden am Stück im Longrun zurücklegen.
McLaren sieht sich jedenfalls gerüstet. "Wir haben gute Werkzeuge, um die Reifen bei einem Hitzerennen in Schuss zu halten. Leider soll es aber eher stürmisch werden." Es könnte sogar einzelne Gewitter geben. Doch auch dann wollen die McLaren-Fahrer nach vorne stürmen. Ferrari hat man als Ziel vor Augen. Die Traditionsteams liefern sich einen Zweikampf um den dritten WM-Platz hinter Red Bull und Mercedes. Mit einem aktuellen Vorsprung von zwei Zählern für Ferrari.
Sainz schöpft Potenzial aus
Die Vorstellungen von Monaco und Aserbaidschan waren nicht zu wiederholen. Auf den Stadtkursen stellte Charles Leclerc den SF21 jeweils auf Pole-Position. Ferrari hat zwar sein Auto über den Winter in allen Bereichen stark verbessert – Aerodynamik, Luftwiderstand, Effizienz, Motorleistung, Reifennutzung – doch auf einer gewöhnlichen Rennstrecke mit verschiedenen Kurventypen sind die beiden Spitzenteams außer Reichweite. Ferrari braucht langsame Kurven, um sie herauszufordern. "Diese Strecke ist nicht ideal für unser Auto. Trotzdem haben wir unter Beweis gestellt, das schnellste Auto aus dem Mittelfeld zu haben", sagt Sportdirektor Laurent Mekies.
Der sonstige Überflieger der Qualifikation hatte das Nachsehen. Leclerc ist ein Meister darin, im entscheidenden Moment jedes Tausendstel aus dem Auto zu quetschen. Der Samstagnachmittag von Paul Ricard sah aber einen schnelleren Carlos Sainz. "Das war das erste Mal, dass ich in der Quali das Gefühl hatte, mein ganzes Potenzial mit dem Auto auszuschöpfen. Das Ergebnis zeigt, dass wir auf diesem Typ Rennstrecke Fortschritte gemacht haben", jubelte der Spanier. Sein Teamkollege geriet hingegen aus dem Tritt.
Leclerc klagte am Funk, mit den Vorderreifen zu kämpfen. Erst mit dem letzten Anlauf verbesserte sich das Gefühl. Trotzdem war Sainz um 0,147 Sekunden schneller. "Die letzte Runde war ordentlich, davor war es ein Desaster. Die Vorderachse hat mich heute gehemmt. Ich habe die Einschränkungen mit der Balance einfach nicht gut genug umfahren."
Ein Lob für den Garagennachbar gab es obendrauf. "Carlos hat einfach einen besseren Job gemacht. In Summe war es ein guter Tag für das Team." Die Startpositionen fünf und sieben lassen Ferrari hoffen, McLaren in der Team-Wertung etwas zu distanzieren. "Unsere Rennpace war im Training nicht schlecht. Ich erwarte einen heißen Kampf mit unserer Konkurrenz. Ein guter Start, eine saubere erste Runde und eine gute Strategie werden entscheiden", meint Sainz. Sportdirektor Mekies schränkt ein. "Wir wissen, dass unsere Rennpace nicht so gut ist, wie wir es gerne hätten, suchen aber nach Lösungen."
Problem beim Nachtanken./strong>
Erwartet wird ein Einstopprennen. Zur Konkurrenz gehört nicht nur McLaren, sondern auch Alpha Tauri. Pierre Gasly schob sich zwischen die Ferrari. McLaren fehlten vier Zehntel auf die schnellsten Mittelfeldteams. "Vielleicht waren noch ein oder zwei Zehntel drin", mutmaßt Norris. "Aber alles in allem waren Ferrari und Alpha Tauri einfach schneller. Es war nicht so, dass sie über den Erwartungen waren, sondern wir eher darunter."
Ricciardo pflichtet seinem Teamkollegen bei. "Ich hätte noch eine Zehntel herausholen können. Aber keine drei bis vier. Das Ergebnis spiegelt unsere Geschwindigkeit auf eine Runde wider." Sich selbst wähnt der Australier trotz der Niederlage gegen Norris auf dem richtigen Weg. Er fühle sich nach weiteren Sitzungen im Simulator wohler im Auto. Die Runden gehen ihm natürlicher von der Hand.
Eine Szene bedarf noch einer Erklärung. Norris wurde am Ende von Q2 von seiner Mannschaft in die Garage zitiert. Der Engländer durfte keine fliegende Runde mehr auf dem zweiten Satz des Mediumreifens drehen. Das hätte auch ins Auge gehen können, und ihn den Aufstieg in Q3 kosten. Tat es aber nicht. Teamchef Seidl erklärt. "Es gab ein Problem mit dem Nachtanken. Die Ursache untersuchen wir gerade. Wir mussten sicherstellen, dass Lando das Auto zurückbringt."