Smart electric drive: Summen in the City
Das leise Summen elektrisch angetriebener Stadtflitzer könnte in den Metropolen dieser Welt bald deutlich zunehmen. Daimler-Tochter Smart bietet jetzt alle drei Modelle mit "electric drive" an.
Im Stau auf dem Dolphins Highway Richtung Miami erscheint die Lage leicht bedrohlich. Vor uns quetscht sich ein Pickup-Riese der Marke Dodge in die Lücke, von hinten droht im Rückspiegel der Kühlergrill eines Monstertrucks. Dazwischen wir, im 2,69 Meter kurzen Smart "electric drive" so gut wie nicht vorhanden. Kollege Specht, der am Steuer sitzt, scheint das leichte Unwohlsein seines Beifahrers zu erahnen. "Keine Bange", beruhigt er, "wir genießen Welpenschutz." Den braucht es gar nicht. Denn kaum haben sich die Reihen der Karossen gelichtet, ist der neue Straßenzwerg den PS-Riesen auch schon flink enteilt. Und zwar mit Elektroantrieb. So fährt die Zukunft.
Vierte Generation des Mini-Flitzers
Bei der Daimler-Tochter hat diese Zukunft längst begonnen, genauer gesagt anno 2007 mit der Vorstellung des ersten batteriegetriebenen Smarts. Und wenn ab April 2017 die vierte Generation des Mini-Stromers die Straßen belebt, werden die erstaunlichen Fortschritte sichtbar, die sich zum 10-Jährigen feiern lassen. Bei Smart verweist man stolz darauf, dass es nun die gesamte Produktfamilie auch elektrisch aufgeladen zu kaufen gibt. Das hört sich spektakulärer an, als es in Wirklichkeit ist, neben dem "fortwo" und dessen Cabrio-Ausführung gibt es schließlich nur noch den viertürigen "forfour".
Reichweite auf bis zu 160 Kilometer gesteigert
Zunächst einmal: Auch bei der zukünftigen Ausgabe des electric drive wurde an den wahren Werten des Stadtflitzers nicht gerüttelt. Es wäre ja auch geradezu töricht, das geniale Kurzmaß von unter drei Metern zu ändern, das sich nicht nur für kleinste Parklücken eignet, sondern mitverantwortlich für den Wendekreis ist, der immer wieder aufs Neue verblüfft. Die 6,95 Meter erscheinen einem wie die Rundfahrt auf einem Bierdeckel.
Aber kommen wir zu den neuen Eigenschaften, welche die Kundschaft elektrisieren soll. Da hat sich vor allem bei der Leistung der 160 Kilogramm schweren Batterie-Einheit, die mittig am Unterboden platzsparend verbaut ist, eine Menge getan. Vor allem zehn Prozent mehr Reichweite auf jetzt 160 Kilometer nach Norm. Das sind zwar maximal 130 Kilometer in der Praxis, aber wenn man bedenkt, dass europäische Städter im Durchschnitt 35 Kilometer pro Tag fahren, ist das allemal ausreichend - und reicht selbst in den USA, wo der Tagesbedarf bei 65 Kilometern liegt.
Agil und spritzig
Nun ist ein Smart unabhängig von der Motorisierung nicht für die Autobahn gemacht. Aber wie gerade auf der Vorstellung in Miami erlebt, schwimmt man auch im Elektro-Smart in der Umgebung von großen, bösen und stinkenden automobilen Ungeheuern problemlos. Die 160 Newtonmeter kapitulieren den Kleinen in 4,9 Sekunden auf 60 km/h, die Höchstgeschwindigkeit ist aus Stromspargründen bei 130 km/h abgeregelt.
Auch die Rekuperation, bei der im Segelbetrieb, bergab und beim Bremsen die Batterie wieder geladen wird, hilft sparen. Das ergibt inner- wie außerstädtisch sehr akzeptable Werte, aber wer davon überzeugt werden soll, vom Verbrennungs- auf den Elektromotor umzusteigen, fordert andere Argumente.
Wer Solarzellen hat, tankt gratis
"Für die Kunden", sagt Projektmanager Rouven Remp, "kommt erst der Preis, dann Reichweite und Ladezeit." Mit der staatlichen Förderung von 4.000 Euro liegt man bei einem "electric drive" bei unter 18.000 Euro - in der Grundversion mit der Ladung über die normale Steckdose. Die dauert um die sechs Stunden, mit einer Schnellladestation - Wallbox genannt - sind die Batterien schon nach 3,5 Stunden wieder geladen, was allerdings mit knapp über 1.000 Euro für Box und Starkstromkabel extra zu bezahlen ist.
Dafür ist der Strom unschlagbar günstig. Um smarte fünf Euro kostet die eine "Tankladung" aus dem Netz, und wer Solarzellen auf dem Dach hat, tankt quasi umsonst. Völlig emissionsfrei - versteht sich. Was gepeinigte Einwohner in Städten wie Peking, wo nur noch jeder Zehnte ein Auto mit Verbrennungsmotor zugelassen bekommt, zu potenziellen Umsteigern macht. Anderswo, zum Beispiel in London, lässt sich mit den Gebühren für die tägliche Fahrt in die City, ein Leasingvertrag für einen Smart finanzieren, für 350 Euro monatlich.
Dem Fahrverhalten künftiger Generationen entsprechend empfiehlt man bei Smart auch die App "smart control", mit der man nicht nur die Daten seines "electric drive" checken, sondern es auch mit anderen teilen kann. Oder mit Werkstatt oder Wagenpflege, die das Auto dank der App abholen und wieder bringen können. Und dann läuft zwischen Smart, DHL und Amazon zurzeit ein Feldversuch, bei dem Pakete in den Kofferraum zugestellt werden. Ob der groß genug ist, wenn der Weihnachtsmann mit seinem Schlitten vorbeigerauscht kommt?
Technische Daten
Smart "electric drive fourtwo": Zweisitziger Kleinwagen mit zwei Türen, Motor: Fremderregter Drehstrom-Synchronmotor, Batterie: Lithium-Ionen-Akku, Batteriekapazität: 17,6 kWh, Leistung E-Motor: 60 kW (81 PS), Drehmoment: 160 Nm, Beschleunigung 0-100 km/h: 11,5 Sekunden, Höchstgeschwindigkeit: 130 km/h (abgeregelt), Reichweite: 160 km, Ladedauer 0-80 %: Haushaltssteckdose 6 Stunden, Wallbox 3,5 Stunden, Effizienzklasse: A+, Preis: ab 21.940 Euro.