Die Knackpunkte für Red Bulls Niederlage
Max Verstappen hat den GP Saudi-Arabien schon am Samstag verloren. Zwei Mercedes vor seiner Nase, die im Renntrim auch noch schneller waren, zwangen Fahrer und Team zu hohem Risiko. Das musste schiefgehen.
Auf dem Papier war der erste Grand Prix auf dem Jeddah Corniche Circuit eine einfache Angelegenheit. Trotz der hohen Geschwindigkeiten kam nur ein Einstopp-Rennen in Frage. Die Hausfrauen-Lösung war medium-hart. Daniel Ricciardo, Carlos Sainz und Sebastian Vettel versuchten es mit der umgekehrten Reihenfolge. Alle drei starteten weiter hinten als gedacht. Da macht man schon mal das Gegenteil vom Mainstream.
Trotzdem mussten die Strategen hellwach sein. Die Strecke schreit nach Safety Cars, VSC-Phasen und Abbrüchen. Fehler enden meistens in schweren Unfällen. Und dann ist die Bahn gleich blockiert und eine Tecprowand oder eine Safer Barrier beschädigt. Ein typischer Fall für Plan A, B und C. In der Unberechenbarkeit lag auch die Hoffnung von Red Bull.
Der RB16B war das schnellste Auto auf eine Runde, weil er rascher seine Reifen anzündete als der Mercedes, sie aber auch schneller hinrichtete. Und das konnte am Sonntag das Todesurteil sein. Deshalb musste Verstappen unbedingt an den Mercedes vorbei. Egal wie. Beim regulären Start war er noch friedlich und stellte sich brav hinter Lewis Hamilton und Valtteri Bottas an.
Erste rote Flagge überflüssig
Nach zehn Runden spielte das Schicksal Red Bull einen ersten Steilpass zu. Mick Schumachers Unfall in Kurve 23 brachte das Safety Car auf den Plan. Neun Fahrer, darunter beide von Mercedes, folgten dem logischen Plan und tauschten ihre Medium-Reifen gegen harte Sohlen ein. Die würden locker bis zum Rennende durchhalten. Der Medium-Gummi war da schon kritischer: "Nach unserer Rechnung hatte er eine Lebensdauer von 30 Runden. Aber nur mit viel Reifen.anagement", erzählten die Mercedes.Ingenieure.
Red Bull machte aus Verzweiflung das Gegenteil von Mercedes. Und wurde drei Runden später reich beschenkt. Die Safety Car-Phase verwandelte sich in einen Abbruch. Mit einem Gratis-Reifenwechsel für alle Fahrer, die auf der Strecke geblieben waren. Also Verstappen, Ocon, Ricciardo, Gasly, Sainz, Giovinazzi, Tsunoda, Räikkönen, Vettel und Mazepin.
Bei Mercedes regte man sich über die rote Flagge auf. "Ein Abbruch ist nur gerechtfertigt, wenn die Reparatur länger als zehn Minuten dauert. Die Tecpro-Barriere war nur verrückt und höchstens leicht beschädigt." Das erklärt auch, warum Mercedes beide Fahrer an die Box geholt hatte. "Wir rechneten nicht mit einer roten Flagge. Red Bull hatte unverschämtes Glück. Wäre es bei einer Safety Car-Phase geblieben, wäre Max bei seinem Boxenstopp weit ins Feld gefallen."
Re-Start zuliebe der kurzlebigere Reifen./strong>
Verstappen verspielte das Geschenk beim Re-Start. Der zweite Fehler, der sein Team in einen weiteren schlechten Kompromiss zwang. Hamilton kam besser vom Fleck. Was sein Gegner nicht einsehen wollte und sich mit seiner üblichen Taktik zurückboxte. Spät bremsen, sich irgendwie durch die Kurve zaubern und den Gegner mit in die Auslaufzone drängeln. Teil zwei des Rennens dauert nur eine Runde. Dann folgte eine weitere Pause. Die Autos von Perez, Russell und Mazepin versperrten auf dem Weg in Kurve 4 die Bahn.
Um einer Strafe zu entgehen, musste Verstappen freiwillig auf Platz 3 zurück. Das verschaffte Esteban Ocon die erste Pole Position seit seiner Formel 3-Zeit. Und brachte Hamilton in ein Sandwich zwischen den Alpine und den Red Bull. Wieder zeigte Verstappen seine Härte im Zweikampf. Er ließ Hamilton im Schwitzkasten verhungern. Diesmal drückte die Rennleitung beide Augen zu.
Um überhaupt eine Chance zu haben, Hamilton gleich beim Start zu überholen, spielte Red Bull die Karte Medium. "Max braucht den Gripvorteil", hieß es im Team. Da schwang noch die Hoffnung mit, das Renngeschehen spiele Verstappen eine weitere Gelegenheit zu, noch einmal ohne Schaden Reifen zu wechseln. Doch es folgten nur noch vier VSC-Phasen. Die haben das Problem aufgeschoben, aber nicht aufgehoben. Für den Moment waren sie eine Entlastung. "Das VSC kam immer in dem Moment, in dem die Reifen richtig heiß wurden. Das hat Max mehr geholfen als uns", ärgerte man sich bei Mercedes.
Bottas mit viel Reifen.anagement
Zehn Runden vor Schluss zeigten Verstappens Vorderreifen deutliche Auflösungserscheinungen. Die Mercedes.Strategen wunderten sich über Red Bulls Wahl: "Wenn man schon weiß, dass man im Rennbetrieb mit den Reifen.emperaturen am Limit ist, nimmt man nicht den Medium-Reifen."
Doch warum hatte Mercedes Valtteri Bottas auf die Medium-Reifen gestellt, wenn man der Meinung war, dass die mittlere Mischung die schlechtere Wahl war? Aus dem gleichen Grund wie Red Bull mit Verstappen. Bottas sollte beim Re-Start Plätze gewinnen. Das hat aber nicht funktioniert. Er blieb hinter Esteban Ocon und Daniel Ricciardo auf Platz 5.
Es gab drei Gründe, warum die Medium-Sohlen des Finnen länger durchhielten als die von Verstappen. Der Mercedes war an diesem Abend das reifenschonendere Auto. Das Tempo, das die Spitze anschlug, musste die Reifen killen. "Lewis hatte den Auftrag, Max in Reifen.robleme zu hetzen. Deshalb hielt er den Druck ständig hoch", erklärten die Strategen. Während Verstappen von der ersten Runde an alles aus den Reifen rausholte, wurde Bottas im ersten Teil des Stints immer wieder aufgefordert, die Reifen zu schonen. "Deshalb kam er so spät an Ricciardo vorbei, und deshalb hat es so lange gedauert, bis er Ocon eingeholt hat."
Schnellste Runde mit Fledder-Flügel
Der Zusammenstoß der Titelkandidaten leitete den letzten Akt des Dramas von Jeddah ein. Wieder stand Red Bull vor der Wahl: Platztausch oder Strafe. Verstappen machte Platz, aber Hamilton nahm die Einladung nicht an. Die Rennleitung bekam Kritik von beiden Seiten. "Wenn eine solche Entscheidung getroffen wird, müssen beide Parteien gleichzeitig gewarnt werden." Bei dem Auffahrunfall trug der Red Bull schwerere Wunden davon als der Mercedes. Hamilton hatte wie immer unverschämtes Glück. Der Frontflügel blieb am Auto, nur die rechte Endplatte zersplitterte.
Das kostete drei Zehntel, reichte aber immer noch für die schnellste Rennrunde. Auch das verlangt eine Erklärung der Ingenieure: "Es sah schlimmer aus als es war. Die harten Reifen waren in den letzten Runden ein klarer Vorteil. Damit waren Max, Valtteri und Daniel schon mal aus dem Rennen. Und Ocon war im Schnitt eine Sekunde langsamer als wir."
Verstappen musste auf Befehl des Teams Fahrt rausnehmen. Mit ausgelutschten Reifen, einem gebrochenem Diffusor, zwei Cuts im linken Hinterreifen und Strafen auf dem Konto war es wichtiger Platz 2 abzusichern, als sich in einem Zweikampf mit Hamilton aufzureiben, den man nicht mehr gewinnen konnte. "Es wäre so oder so schwer gewesen, Lewis hinter mir zu halten. Meine Reifen waren am Ende. Im Windschatten musste sein Antrieb weniger oft in den Ladebetrieb. So hatte seine Batterie mehr Energie als meine", bedauerte Verstappen.
Nutznießer und Opfer der roten Flagge.
Auch im Mittelfeld gab es Nutznießer und Opfer der roten Flagge.. Esteban Ocon sprang von Platz 7 an die Spitze. Er hätte wohl seinen dritten Platz verteidigt, wäre er nicht über ein Trümmerteil gefahren, was seinen Unterboden beschädigte. Daniel Ricciardo machte vier Positionen gut, Pierre Gasly drei. Ricciardos Pech war der Start auf den harten Reifen. Er musste die Restdistanz auf den Medium-Reifen zurücklegen, obwohl ihm die zwei Abbrüche kurz hintereinander die Chance eines Wechsels zurück auf harte Reifen zuspielte. Er hatte nur leider keine harten Reifen mehr. Nur die Garnitur, die er beim Start aufgezogen hatte.
Carlos Sainz ging es ähnlich. Auch er musste auf dem Medium-Reifen überleben. Es reichte nicht ganz. Am Ende überrannte ihn Teamkollege Charles Leclerc trotz eines Bremsplattens. Doch der Monegasse war auf Pirellis härtester Mischung unterwegs. Lando Norris hatte maximales Pech, obwohl das Safety Car zunächst wie ein Glücksfall für ihn aussah. So wurde er seine weichen Reifen früh los. Dumm nur, dass zehn Kollegen dank der zwei roten Flagge. ihre Reifen.echsel geschenkt bekamen. Als das Rennen in der 16. Runde ein drittes Mal angepfiffen wurde, war der Siebte des Trainings Letzter. Ein WM-Punkt war ein schwacher Lohn für eine mühsame Aufholjagd.