Testsieger ist Alfa Romeo
Die neuen Formel 1-Autos lassen sich miteinander anhand der Testergebnisse nur schwer vergleichen. Also haben wir sie mit sich selbst verglichen. Zwischen Qualifikation 2020 und Test-Bestzeit 2021. Da geht Alfa Romeo als Sieger hervor.
Wir haben es schon ein paar Mal erwähnt. Die Analyse der Testfahrten ist schwierig. Was an der Rennstrecke, den Umständen und den unterschiedlichen Testprogrammen liegt. Wir tun uns zum Bespiel schon schwer, die Bestzeiten innerhalb eines Teams gegeneinander aufzurechnen. Selbst wenn beide Fahrer mit dem gleichen Reifentyp unterwegs waren. Aber sie waren nicht zur gleichen Zeit auf der Strecke.
Sergio Perez zum Beispiel ist seine persönliche Bestzeit von 1.30,187 Minuten am dritten Testtag um 13.18 Uhr Ortszeit gefahren. Da haben wir 24 Grad Lufttemperatur, 45 Grad auf dem Asphalt und 10,1 km/h Seitenwind auf der Zielgerade notiert. Max Verstappen drehte seine schnellste Runde von 1.28,960 Minuten um 18.30 Uhr bei Dunkelheit. Da war die Lufttemperatur schon auf 20 Grad gesunken, die des Asphalts auf 26 Grad, und der Wind blies mit 8,3 km/h. Also ganz andere Bedingungen.
Bei Autos von unterschiedlichen Teams wird es noch schwieriger. Yuki Tsunoda wählte eine Reifenmischung weicher als Verstappen und fuhr vermutlich auch mit weniger Benzin an Bord. Für Tsunoda war es der letzte von sechs Qualifying-Versuchen. Danach hielt Alpha Tauri das Auto 13 Minuten in der Garage fest, tankte vermutlich auf, um bis zum Testende Boxenstopps zu üben. Verstappen ging nur drei Mal für eine schnelle Runde auf die Bahn. Wenn er mit gleicher Spritmenge gestartet wäre, hätte er schon mal 15 Kilogramm mehr Benzin an Bord gehabt.
Alfa nur 0,275 Sekunden langsamer
Etwas mehr Aussagekraft hat ein Vergleich der Teams mit sich selbst. Also zwischen der Bestzeit beim Testen und der schnellsten Qualifikationsrunde drei Monate zuvor beim GP Bahrain. Reifen und Autos waren 2020 zwar anders, doch das trifft auf alle gleich zu. Die Rundenzeit beim Test zeigt, wie treffsicher die Teams auf die Änderungen bei der Aerodynamik und den Reifen reagiert und wie gut die Motorenabteilungen gearbeitet haben.
Wenn wir diesen Maßstab anlegen, dann hat sich Alfa Romeo am meisten gesteigert. Korrekterweise müssen wir sagen: Am wenigsten verschlechtert. Denn die Rundenzeiten beim Test sind durchweg schlechter als die bei der Qualifikation. Damit hat die Aerodynamikbremse Wirkung gezeigt. Dass die Reifen weniger Grip haben, war ja seit den Testläufen in den freien Trainings in Bahrain und Abu Dhabi bekannt. Dafür haben die Motoren jetzt mehr Power.
Alfa Romeo verfehlte seine eigene Bestzeit von 1.29,491 Minuten aus dem November 2020 um 0,275 Sekunden. Alle Anzeichen sprechen dafür, dass die Eidgenossen den Anschluss an das Mittelfeld geschafft haben. Kimi Räikkönens Rennsimulation zeigte, dass der neue C41 auch konstant schnell unterwegs sein kann.
Ferrari profitiert von mehr Motor-Power
Nach diesem Rechenmodell hat Ferrari den zweitgrößten Sprung gemacht. Der SF21 war nur um 0,474 Sekunden langsamer als der SF1000. Das reicht aber offensichtlich noch nicht, um im Verfolgerfeld an die Spitze zu springen. Ferrari wurde letztes Jahr gerade in Bahrain massiv verprügelt. Das lag an dem großen Power-Defizit und dem hohen Luftwiderstand des Autos. Bahrain ist deshalb aus Sicht von Ferrari nicht ganz repräsentativ. Da Ferrari Leistung zugelegt hat und auf den Geraden nicht mehr so verwundbar ist, fällt der Abgleich mit 2020 besser aus als es das Gesamtbild hergibt.
Alpha Tauri dagegen war in Bahrain immer stark. Deshalb zählt das gute Abschneiden beim Test im Vergleich zu 2020 noch mehr. Tsunodas Bestzeit lag 0,605 Sekunden über Pierre Gasly Qualifikationsrunde im Vorjahr. Auch Williams blieb beim Delta noch unter einer Sekunde. George Russell fehlten 0,823 Sekunden auf sich selbst.
Mercedes als Schlusslicht./strong>
Red Bull liegt mit 1,282 Sekunden Differenz zwar nur im Mittelfeld, doch hier vergleicht man auf hohem Niveau. Und der Gegner heißt Mercedes. Der war mit einer Verschlechterung um 2,761 Sekunden das absolute Schlusslicht. Noch ein Fingerzeig mehr, dass der Weltmeister nicht geblufft hat, sondern tatsächlich in Schwierigkeiten steckte. Wer seine Qualitäten klug verschleiern will, fährt nicht absichtlich um so viel langsamer. Da hätten es zwei Sekunden Differenz auch getan.
Auch Aston Martin war noch nicht in Topform. Lance Strolls schnellste Runde von 1.30,460 Minuten war um 2,138 Sekunden langsamer die beste Racing Point-Zeit vom November. Der Kanadier hatte keine großen Ausreden. Sein AMR21 war mit C5-Reifen bestückt, und er war kurz vor Torschluss des zweiten Testtages um 18.53 Uhr auf der Bahn. Bei 23 Grad Asphalttemperatur und Gegenwind auf der Zielgerade. Da muss noch viel kommen, wenn man wieder um Platz 3 fahren will.
Alpine und McLaren stehen mit Deltas von 1,901 und 1,602 Sekunden nicht viel besser da. Hier muss man allerdings mit einrechnen, dass Fernando Alonso seine Bestzeit um 17.42 Uhr fuhr und Daniel Ricciardo schon um 17.24 Uhr. Das war eine Stunde früher als Tsunodas Versuch. Zu dem Zeitpunkt war der Asphalt noch um vier Grad wärmer.