Alfa Giulietta, Citroen DS4, VW Beetle
Los jetzt! Mit Alfa Romeo Giulietta, Citroen DS4 und VW Beetle fahren wir dem Ernst des Lebens davon. Focus, Astra, Golf? Werden wir später noch fahren, wenn es uns um Platz und Pragmatik geht.
Bevor es losgeht, holen Sie sich bitte etwas zum Schreiben. Keinen Bleistift, sondern den dicken, roten Korrekturmarker, wir haben da was für Sie vorbereitet. Weiter hinten finden Sie die Punktetabelle, die kennen Sie von uns so etwa seit den Zeiten von Ben Hur (da hießen wir noch "wagen pferd und spiele", kratzten unsere Texte auf Schiefertafeln, iStone genannt). Wir haben Alfa Romeo Giulietta, Citroën DS4 und VW Beetle penibel nach Messdaten bewertet, so einen Sieger ermittelt. Aber Sie? Sie dürfen das weniger eng sehen, ausnahmsweise. Deshalb geben wir Ihnen 50 - ach was - 100 Punkte. Sie finden, der Alfa lässt sich so sensationell bedienen? Für Sie federt der Citroën weich genug? 366 Kilo Zuladung reichen Ihnen beim VW? Dann werfen Sie mit Bonus- und Sympathiepunkten um sich, und küren Sie Ihren Favoriten. Wir geben Ihnen dafür sachdienliche Hinweise .
Alfa Romeo Giulietta gibt die Mailänder Diva
Bei Alfa leben sie seit 1910 die Tradition des Besonderen. Schon die erste Giulietta, 1954 bis 1964 gebaut, war keine Mainstream-Mutti, sondern eine stolze Mailänder Emanze. Sie befreite sich vom Kleinwagen-Image, Alfa heftete ihr dafür den Scudetto an den Bug und brachte ein Alu-Doppelnocker-Triebwerk unter die Haube. Julchens Erbe trägt Giulietta weiter mit einer aufwendigen Mehrlenker-Hinterachse. Damit kurvt sie beherzt, agil und lastwechselliberal um Biegungen. Noch immer passt die Sitzposition für kurzbeinige/langarmige Fahrer am besten, und die elektrisch servounterstützte Lenkung im Alfa Romeo Giulietta fordert für ordentliche Präzision hohe Kräfte. Kann man sich mit arragieren.
Wie mit dem Platzangebot, dem besten hier - vom großen Kofferraum über den (bis auf die knappe Kopffreiheit) ungedrängten Fond zum geräumigen Cockpit. Das haben sie stilvoll eingerichtet, wenngleich nicht nach den jüngsten Erkenntnissen von Ergonomie und Massivbauweise. So gibt es im Alfa Romeo Giulietta ein Infotainment, dessen Bedienung dazu motiviert, sich mal wieder auf traditionelle Werte wie die Kunst des Kartenlesens oder die Freude am eigenen Gesang zu besinnen.
Den passenden Beat dazu liefert der Motor, der Zweiliter-Diesel nagelt den turbogedämpften Vierertakt des Selbstzündens. Er zählt nicht zu den Feurigsten, treibt den Alfa Romeo Giulietta aber mit freundlicher Unterstützung der knackigen Sechsgangbox flott voran. Federung? Na ja. Verbrauch. Geht so. Wiederverkauf? Wir müssen doch sehr bitten. Wer schon zu Beginn der Liaison die Scheidungskosten hochrechnet, hat das wunderbar-zickige Julchen nicht verdient.
Citroën DS4als bunte Mischung
Auf die Frage, was der Citroën DS4 sein soll, gibt es eine umständliche Antwort: ein etwas hochgesetzter, aber nicht geländetauglicher, coupé-ambitionierter, aber viertüriger, nicht geräumigerer, aber teurerer Ableger des C4. Doch es gibt auch eine kurze Antwort: Der DS4 ist ein echter Citroën. Seltsam, dass so viele Menschen, die der Firma Langeweile vorgeworfen haben, sich nun an Details stören wie den nicht versenkbaren Fondscheiben, der zu hohen Sitzposition, schlecht ablesbaren Instrumenten, ulkiger Bedienung oder der schlechten Rundumsicht.
Benörgeln wir nicht den engen, dunklen Fond, feiern wir lieber Feinsinnigkeiten wie versteckte Türöffner, die changierende Instrumentenbeleuchtung und eine Ausstattung, die von 18-Zoll-Alus über kuschelige Ledersitze bis zur Panorama-Frontscheibe reicht. Dann legt der laufkulturell bewanderte Diesel los, zerrt den Citroën DS4 dank 340 Nm mit solch elastischer Vehemenz voran, dass viel Herumgerühre im gut gestuften, aber hakeligen Sechsganggetriebe nicht nötig ist.
Dass der Wind über 150 km/h heftig um die Karosse brandet, mindert den Komfort weniger als die Federung, die vor allem kleine Unebenheiten eher ignoriert als absorbiert. Die große Reise liegt dem Citroën DS4 mehr als kurvige Provinztourchen. Dafür zeigt er eine zu große Begeisterung für den Fahrzustand des Untersteuerns, spricht die Lenkung zu unpräzise an. Und wegen heftiger Antriebseinflüsse enden Kurven oft in einem Handgemenge mit dem Volant. Doch dann siehst du durch die große Frontscheibe die Sonne über den Baumwipfeln blinzeln und ahnst, dass es manchmal wichtiger ist, Dinge mal anders als nur besser zu machen.
VW Beetle zeigt deutsche Vernunft
Doch ums Bessermachen ging es VW beim Beetle. Den Neuen nennen sie nun The 21st Century Beetle, was eigentlich bedeutet, dass es in diesem Jahrhundert keinen anderen mehr geben dürfte. Weil er schon im Herbst 2011 kam, trägt er das Unterzeug des Golf VI, ist also noch nicht quermoduliert. Das ändert nichts an der Sorgfalt der Verarbeitung, Leichtigkeit der Bedienung und Nachhaltigkeit des Werterhalts. Vielleicht erstaunt uns das ja am meisten: wie ernsthaft VW ein Spaßauto konstruiert.
So gelingt es dem Beetle spielend, funktionelle Schwächen seines Konzepts - enger Fond, kleiner Laderaum oder die knappe Zuladung - und seine karge Ausstattung auszugleichen: mit sachter Federung, sicheren Fahreigenschaften und bequemen Sitzen selbst im Fond. Vorn integrieren sie die Passagiere tief ins Auto, was die Kurventalente dynamischer erscheinen lässt, als sie wegen der etwas gefühlskühlen Lenkung tatsächlich sind. Das Cockpit mit großem Tacho und zweitem Handschuhfach soll wie die steilen A-Säulen an den Käfer erinnern.
Egal also, dass der Motor im Bug selbstzündet - ebenso zurückhaltend in Geräusch wie Temperament und Verbrauch. Weil er ein Volkswagen ist, kann The Beetle eben The Vernunft nicht lassen. Und damit liegt er nach unserer Wertung vor dem temperamentvollen DS4 und der quirligen Giulietta.
Sie haben Ihre Punkte verteilt? Ein Tipp: Rechnen Sie die Summe nicht zusammen. Vertrauen Sie uns: Sorgsame Addition könnte Ihnen die schönsten Ergebnisse ruinieren.