Ferrari California T Handling Speciale Fahrbericht
Das Handling-Speciale-Paket macht den Ferrari Calofornia T dank sportlicherem Fahrwerk und neuer Getriebe-Schaltstrategie noch kurvengieriger.
Wir wollen keinesfalls an Selbstverständlichkeiten und Souveränitäten rütteln. Natürlich gehört Italien den Italienern. Aber doch nicht gerade hier und jetzt. Zumindest denkst du dir das, auf der Straße hoch nach Uscia, die sich als schmaler Streifen am Berg entlanghangelt und von deren abgrundtiefen Höhen aus ab und zu das glitzernde Mittelmeer durchblitzt. Es wäre die perfekte Straße für den California T Handling Speciale. Der erlaube ich - wer hätte es für möglich gehalten - auf „kurvenreichen und anspruchsvollen Strecken“ ein noch sportlicheres Fahrerlebnis. Doch seit zehn Minuten kraucht vor uns ein Eislaster die schmale SP 333 hinauf, schnaubt in den Kurven den Überdruck von den Bremsen ab. Eigentlich sollte das nun frustrierend sein, in einem auf Handling optimierten Ferrari mit 560 PS. Aber es ist eben der California.
Ferrari California T Handling Speciale: Offene Zuneigung
Der ist Ferraris erfolgreichstes Achtzylindermodell, nun als T frisch turbogeladen, was dafür sorgt, dass neben reichlich Leistung auch sehr reichlich Drehmoment zusammenkommt. 755 Nm hätten wir da bei 4750/min. Mit seiner Kraft könnte er sich binnen 3,6 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100 stemmen, erst bei 316 km/h ermattete seine Vortriebsgier. Aber er muss das eben nicht immer, anders als die Mittelmotor-Ferrari. So öddelt der California nun gemächlich mit Tempo 40 den Berg empor, doppelverkuppelt dabei im Auto-Modus gern mal bis hoch in den fünften Gang. Und zieht dennoch, weil es an Kraft ja nie mangelt, wuchtig schon ab 1000/min hoch. Der Wind flattert so nett durchs Cockpit. Das Dach haben wir gleich heute früh verklappt, das dauert 16 Sekunden, wonach sich dir der California erst so richtig eröffnet. Geschlossen ist er ein sehr schneller, also sehr sehr schneller, aber enger und etwas unnahbarer Supersportwagen. Dem offenen dagegen winken die Leute hinterher, feuern dich an, doch mal an dem Laster vorbeizuflitzen.
Nein, zu eng hier für einen Truck und den 1,91 Meter breiten California. Wobei er sich über die Peilkanten der Kotflügel in exaktem Minimalabstand an all den kleinen Hecken, Mäuerchen und Zäunen vorbeizentrieren lässt. Und wenn wir gerade ohnehin nicht richtig vorankommen, nutzen wir die Zeit, um zu erklären, was das Besondere am Handling Speciale ist - außer einem Aufpreis von 5.800 Euro plus Mehrwertsteuer. Das wären dann zu den 183.499 Euro für den normalen California T noch mal 6.902 Euro. Und bevor jemand vorrechnet, das entspreche dem Preis eines Dacia Sandero: Ja, stimmt, aber der ist für die Klientel wohl kaum eine Alternative zum Handling-Speciale-Paket.
Brüllt kräftiger
Von außen kennzeichnen den HS Kühlergrill und Diffusor in Grigo Ferro, dazu gibt es eine neue, vor allem klangkräftigere Auspuffanlage (danke eines Resonators drei dB (A) im Schnitt, wie die Techniker stolz verkünden) und, jawohl, eine Plakette zwischen den Vordersitzen. Das Wesentliche steckt natürlich in der Technik, bei Fahrwerk und Antrieb. So strafften die Entwickler die Federhärte vorn um 16, an der Hinterachse um 19 Prozent, stimmten die Adaptivdämpfer neu ab und programmierten dem Doppelkupplungsgetriebe die Schaltstrategie des Ferrari 512 Tour de France ein - es schaltet im Sport-Modus jetzt 30 Prozent schneller hoch und um 40 Prozent schneller runter. Im Sport-Modus gibt es zudem eine deutlich straffere Fahrwerks-Abstimmung als beim normalen California, dazu eine sportlichere Kennlinie für Traktionskontrolle und die Lenkung, die noch direkter ansprechen und besser rückmelden soll. Macht sie auch. So wie der California alles einfach macht.
Er ist der Ferrari für alle, denen ein Ferrari eigentlich zu anstrengend ist, er hat einen erstaunlich geräumigen Kofferraum, zwei Notsitze (wobei die Not schon sehr groß sein muss, um sie zu nutzen, vor allem wenn man in der Lage ist, 190.401 Euro für ein Auto auszugeben), klimatisiert, navigiert, und Apple CarPlayed während er an einem halben Nachmittag kleinere Länder durchkreuzt. Dabei federt er trotz des strafferen Setups noch beflissen, und dass er lauter ist, tja, das war ja nun Sinn der Sache.
Ferrari California T Handling Speciale: Intensiviertes Handling
Der liegt aber eben vor allem in einem nochmals intensivierten Handling. Endlich eine Gerade, breit genug zum Überholen und lang genug eh immer, wenn du drei Mal am linken Schaltpaddel zupfst, das Getriebe in den zweiten Gang zurückhüpft und der California schon mit Halbgas an dem Eislaster vorbeizürnt. Kurz vor der nächsten Kurve blitzt am Lenkrad kurz die vierte LED auf, um anzuzeigen, es sei nun an der Zeit, hochzuschalten. Inmitten der Beschleunigungswucht des Ferrari hast du hast nicht unbedingt die Zeit, den Drehzahlmesser anzuschauen.
Er kleiner Klick am Manettino, und der Sport-Modus ist aktiviert. Dann rempelt der HS herb über Unebenheiten. Doch wie beim Standard-Modell gibt es auch hier eine Taste für die Dämpferstellung auf „Bumpy Roads“. Dann schalten die Dämpfer auf weicher und der California hat das perfekte Setup für alles außerhalb asphlatglacierter Rennstrecken, steckt Unebenheiten weg, statt über sie hinwegzuhüpfen. Und dann der V8-Turbo: Bis 3000/min schiebt er gewaltig, darüber gerät er in eine brüllende Drehwut, stürmt hoch bis siebenfünf.
Und klar, das Handling, darum ging es ja eigentlich. Es ist grandios: In Kurven biegt der California ansatzlos, zackig, aber nie giftig ein, krallt sich der in der Ideallinie fest. Untersteuern? Nicht mehr in diesem Jahrhundert. Stattdessen bleibt er neutral - außer du triezt in mit dem Gas so lange, dass er mit dem Heck drängt. Aber das drängt sich nicht so auf wegen all der Mäuerchen, Hecken und – wir hatten das schon - rostigen Zäune, aber auch - und die sind jetzt neu - freilaufender Pferde hier oben. Die Straße windet sich weiter, nun oben den Bergkamm entlang, der California stürmt nimmermüde weiter, bremst enorm, lenkt sensationell präzise, dreht und schiebt, dreht und schiebt noch mehr. Und noch mehr. Und mehr.
Der California T HS, das sollten wir vielleicht noch festhalten, ist übrigens kein einziges Zehntel oder km/h schneller als das Standard-Modell. Mit so einem wären wir hier oben auf normalen Straßen sicher kein bisschen langsamer gewesen als mit der mit HS-Paket. Das wählten bei ersten California übrigens 20 Prozent der Kunden. Wir - so viel Kaufberatung muss sein - empfehlen es allen, die ein kleines Vermögen aus ihrem eher großen Vermögen für den California investieren. Der HS fühlt sich noch mehr nach Supersportwagen und noch mehr so an wie es sich für einen Ferrari und Italien gehört.