Mercedes A-Klasse E-Cell

Mit der A-Klasse E-Cell betritt der rein batteriebetriebene
Mercedes-Pkw die Bühne der E-Autos. Ein erster Test auf der Rolle
und im Stadtverkehr prüft den E-Benz auf Alltagstauglichkeit.
Lange hat es gedauert. Seit einigen Monaten nun dürfen 500 Mercedes A-Klassen endlich zeigen, wozu sie ihren aufwendigen Sandwichboden eigentlich benötigen. Sie ahnen es schon? Genau. Für Batterien. Nach langjährigen Experimenten hat Mercedes die Kleinserienproduktion der A-Klasse E-Cell Ende 2010 gestartet und vermietet die Fahrzeuge nun an ausgesuchte Kunden in Europa.
Heizen mit Strom
Gut verpackt, lagern unter der Fahrgastzelle des auffällig beklebten Kompaktmodells zwei Lithium-Ionen-Akkus, die zusammen einen Energieinhalt von 36 Kilowattstunden (kWh) aufweisen. Da sich Akkus konzeptbedingt gerne stark erwärmen, sorgt eine speziell entwickelte Flüssigkühlung rund um die teuren Energiespeicher für ein möglichst niedriges Temperaturfenster. Damit nicht genug – auch der 50 Kilowatt starke Elektromotor sowie die Ladesysteme, die über der Vorderachse sitzen, bedürfen eines eigenen Kühlkreislaufs. Und da die Abwärme der Motorkühlflüssigkeit fehlt, heizt die Mercedes A-Klasse E-Cell den Innenraum wiederum mit umgewandeltem Strom aus dem Hochvoltsystem.
A-Klasse fährt leise, aber rasant
Von all der Aufregung bleiben Fahrer und Insassen verschont. Mercedes A-Klasse E-Cell-Fahren hat vielmehr etwas Entspanntes. Denn wer den Schlüssel im Zündschloss wie gewohnt herumdreht, hört lediglich ein leises Klacken und Surren – das war‘s. Kein Diesel grummelt, kein Auspuff rumort. Einfach Ruhe.
Ein Display verkündet den Status „ready“. Also Automatikwählhebel auf D, und los geht‘s. Leise und unauffällig, aber dank eines Drehmoments von 290 Newtonmetern mit überraschender Rasanz, stromert die Mercedes A-Klasse E-Cell im Test vom Start weg völlig ruckfrei los und lässt an der Ampel so manchen knurrigen Diesel stehen. Der E-Motor entwickelt kurzzeitig eine Spitzenleistung von 70 kW (95 PS) und beschleunigt die 1.591 Kilogramm schwere Mercedes A-Klasse E-Cell in 11,8 Sekunden auf von null 100 km/h. Bei leicht erreichbaren 150 km/h bremst die Elektronik dann den E-Schub ein. Zum Vergleich: Ein A 160 mit 95 PS ist mit 12,9 Sekunden (laut Werk) langsamer. Zu hören sind in der 421 Kilo schwereren Elektrovariante nur die Reifen und Windgeräusche.
E-Cell fahren ist problemlos
Ansonsten fährt sich die Mercedes A-Klasse E-Cell so bequem und sicher wie jede andere A-Klasse. Komfortabel abgestimmt und mit hinreichend präziser Lenkung, lässt sich der Viertürer völlig problemlos bewegen. Sobald der Fahrer vom Fahrpedal geht, sammelt der E-Motor fleißig Bewegungsenergie ein (Rekuperation). Dabei wirkt er bergab auch als Bremse und kann, je nach Gefälle, die vorhandene Geschwindigkeit halten.
Was bleibt, ist die konsequente Überwachung des eigenen Fahrverhaltens mittels des Energiezeigers im Kombiinstrument. Er ersetzt den gewohnten Drehzahlmesser und informiert über die aktuell abgerufene Leistung. Steht die Nadel im grünen Bereich, rekuperiert der Motor. Wandert sie in den roten, nutzt die Mercedes A-Klasse E-Cell den Boost-Faktor mehr und mehr aus und verbraucht entsprechend viel Energie. Ein klassischer Bordcomputer informiert zusätzlich über Reisedaten, Verbrauch, Reichweite sowie die noch vorhandene Energiemenge. Und auch an Ausstattung mangelt es dem Mercedes nicht. Neben der Avantgarde-Linie sind selbst Bi-Xenonscheinwerfer, Klimaautomatik, Einparkassistent und Navi mit an Bord. Und da die Elektro-A-Klasse auf der fünfsitzigen Limousine aufbaut und ihre Energie im doppelten Unterboden transportiert, profitieren die Insassen von einem uneingeschränkten Platzangebot. 435 bis 1.370 Liter Ladevolumen machen selbst größere Einkaufstouren möglich.
200 Kilometer Reichweite sind machbar
Und längere. Denn wie der Reichweiten-Test – den auto motor und sport zusammen mit dem TÜV Süd in Heimsheim durchgeführt hat – beweist, sind die von Mercedes versprochenen 200 Kilometer Reichweite absolut realistisch. Im speziell entwickelten TÜV Süd-E-Car-Cycle (TSECC) fuhr die Mercedes A-Klasse E-Cell auf dem Rollenprüfstand bei 23°C satte 230 Kilometer weit.
Aber damit nicht genug: Auf einer realen Verbrauchsfahrt durch Stuttgart inklusive energiezehrender Bergaufpassagen kam das E-Auto 207 Kilometer weit. Im Schnitt benötigte die A-Klasse hier 19 kWh für 100 Kilometer. Bei 20 Cent je kWh macht das günstige 3,81 Euro – wohlgemerkt bei anspruchsvollen Mietkosten, die bei maximal 900 Euro im Monat liegen. Ein benzinbetriebener A 160 kostet auf 100 Kilometer 9,36 Euro (NEFZ-Verbrauch: 6,0 L/100 km).
Der winterlichen Batterieprobleme kann sich aber selbst ein so gut abgestimmter E-Cell nicht erwehren, bei niedrigen Temperaturen wird das Elektrolyt eben zähflüssiger. Dies zeigt auch der ausgeführte TSECC-Test bei –7°C, bei dem sich die Reichweite auf 152 Kilometer verringerte. Das ist ein Verlust von satten 35 Prozent – den die meisten aber verschmerzen dürften, da der Durchschnittspendler am Tag sowieso keine längere Strecke zurücklegt.
Wer die Reichweite der A-Klasse mutig ausreizt, wird rechtzeitig über die Grenzen des Systems informiert. Bei zwölf Prozent Ladezustand (Reichweite 31 km) erscheint im Infodisplay die erste Warnung. Wer weiterfährt, wird bei fünfprozentigem Ladezustand informiert, dass die Motorleistung nun reduziert wird. Wenig später sind auch ABS und ESP ohne Funktion.
14 Stunden volltanken
Zurück in der Garage heißt es dann, Ladekabel aus dem praktischen Staufach holen und ran an die Steckdose. Am herkömmlichen 230-Volt-Netz muss die A-Klasse rund 14 Stunden tanken, um wieder vollgeladen zu sein. Es geht aber auch schneller: Mittels einer 400-Volt-Drehstrom-Ladestation lassen sich die Batterien innerhalb von drei Stunden zu 80 Prozent aufladen.
Ein wichtiges Kriterium, das auto motor und sport hier immer im Blick hat: die Erfassung des Ladeverlusts. Der fällt bei der A-Klasse erfreulich niedrig aus. Um den 36 kWh großen Stromspeicher wieder aufzufüllen, waren 39,42 kWh notwendig – ein Verlust von 9,5 Prozent.
Kleiner Trost: Einmal an der Leine, lässt sich der Ladezustand auch via Smartphone überwachen. Wer mag, kann zudem die Mercedes A-Klasse E-Cell so programmieren, dass sie sich nur zu bestimmten (günstigeren) Zeiten auflädt und vor dem morgendlichen Start schon mal abkühlt oder aufheizt.
Bei aller Freude am günstigen Vortrieb fehlt noch ein Blick auf die CO2-Bilanz der Mercedes A-Klasse E-Cell. Solange kein rein regenerativer Strom getankt wird, emittiert auch dieses E-Auto CO2. Legt man den aktuellen EU-Strommix zugrunde, sind es immerhin 107 Gramm pro Kilometer. Richtig grün sollte sich also nur der fühlen, der auch sauberen Strom gebucht hat.