Mini Countryman Cooper S All4 im Test

Auch die zweite Generation des Mini Countryman will, Sie ahnen es, als sportlich wahrgenommen werden – wie mittlerweile praktisch jeder SUV. Ob das trotz des Größenwachstums und der Gewichtszunahme gelingt?
Okay, die Sache mit dem Namen haben wir nun häufig genug durchdekliniert. „Mini“ ist eben kein Eigenschaftswort mehr, sondern eine erfolgreiche Marke. Und deren Modelle wachsen und wachsen, so wie es in der Autowelt üblich ist. Praktisch jeder Nachfolger wird größer als sein Vorgänger – im Falle des Mini Countryman 20 Zentimeter. Oder eine Fahrzeugklasse. Denn bei 4,30 Metern fällt es schwer, von einem Klein-SUV zu sprechen.
Der SUV-Mini gehört jetzt zur Kompaktklasse, buhlt hier mit dem Audi Q3, dem Seat Ateca und dem Range Rover Evoque um Interessenten. Und natürlich mit dem Konzernbruder BMW X1, mit dem der Countryman die UKL-Plattform teilt. Wie seine Gegenspieler versteht er sich als jung-dynamisch-aufstrebend.
Er ist groß – und teuer
Sportlich? Wollen sie in der Klasse alle sein, auch wenn das Konzept der hoch bauenden SUV echter Sportlichkeit entgegensteht. Individuell? Klar, wer pocht nicht darauf. Premium? Sowieso. Das Adjektiv „günstig“ hat in der Charakterisierung dagegen wenig verloren: 33.850 Euro kostet der hier getestete Cooper S mindestens. Und selbst das schwächere Lookalike namens Cooper (136 PS) steht für 26.500 Euro in der Preisliste.
Hinzu kommen 500 Euro für die empfehlenswerten in zwei Stufen verstellbaren Stoßdämpfer; erst ihr sanfterer Modus macht den Countryman langstreckentauglich. Leider ist der Mini Driving Mode an diese Dämpferkontrolle zwangsgekoppelt (noch einmal 280 Euro). Ferner wären die automatische Heckklappe (450 Euro) und die LED-Scheinwerfer (1.240 Euro) nützlich. Schon kräuseln sich beim Zwischenaddieren erste Falten auf der Stirn. Der Countryman ist groß, und er ist teuer.
Positiv betrachtet: Er bietet deutlich mehr Platz als der Vorgänger, vor allem auf den Rücksitzen und im Kofferraum. Negativ dagegen: Der Testwagen, ein Cooper S mit Allradantrieb und Automatikgetriebe, wiegt vollgetankt, aber unbesetzt bereits 1.617 Kilogramm. Als Familientransporter eingesetzt, drückt er dann mehr als 1,8 Tonnen auf die vier Reifen, was die zunächst üppig erscheinenden 192 PS relativiert.
Hoher Verbrauch
Nein, der Countryman Cooper S zischt bei Vollgas nicht los wie eine Feuerwerksrakete. Weil das Automatikgetriebe beim Anfahren lange wandelt, kommt der spürbare Leistungseinsatz nie so energisch, wie man es von einem Cooper S erwartet. Dabei nimmt der Turbo-Vierzylinder reichlich Benzin: im Testdurchschnitt 9,8 Liter Super auf 100 Kilometer. Ein vergleichbarer BMW X1 20i xDrive kommt dagegen mit 9,1 l/100 km aus.
Möglicherweise soll das laute Knurren, das ein Soundsymposer dem Verbrennungsgeräusch des Vierzylinder-Turbos beimengt, den Vortrieb akustisch etwas dramatisieren. Doch der Synthetik-Sound nervt auf langen Strecken, und man rettet sich in den leisen Green-Modus. Zudem wirkt dann das Automatikgetriebe weniger bemüht; vor allem im Sport-Modus orgelt es durch die Gänge, schaltet auf der Autobahn beim Überholen einmal, zweimal, dreimal zurück. Auch das ist Ausdruck des Bemühens, ein quicklebendiges Auto auf die Räder zu stellen.
Der Mini bleibt agil
Schließlich wäre da ja eine gewisse Erwartungshaltung zu befriedigen: Ein Mini muss agil sein. Und das ist der Countryman. Zwar lässt er sich jederzeit seine Pfunde anmerken, doch er lenkt mit geringen Karosseriebewegungen sämig ein und gibt dabei hilfreiche Hinweise zur Lage der Bodenhaftung.
Dass der Cooper S trotz Allradantrieb ein sanfter Untersteuerer ist, ergibt sich aus dem 4x4-Layout: Frontantrieb mit angehängter Hinterachse, per Gelenkwelle angetrieben, beaufsichtigt von einer elektronischen Steuerung. Ja, er kann damit ins leichte Gelände. Nein, wir haben es nicht ausprobiert. So wenig, wie es die Käufer tun werden.
Fühlt er sich nach Mini an?
Klären wollten wir dagegen die Frage: Fühlt sich der Countryman wie ein Mini an? Antwort: Ja, nur eben wie ein sehr großer. Das Mini-Gefühl erzeugt die stramme Lenkung in Verbindung mit der straffen Fahrwerksabstimmung und der relativ direkt angebundenen Mehrlenker-Hinterachse. Daraus ergibt sich jene saugende Spurhaltung, die ein intimes Verhältnis zur Straße aufbaut. Wie es sich gehört, macht auch der Maxi-Mini auf der Landstraße am meisten Spaß. Damit wird er dem S (für „Sport“) als erstem Buchstaben aus der Klassenbezeichnung „SUV“ im Rahmen seines hohen Gewichts gerecht.
Ist er aber auch gut als UV – also „Utility Vehicle“, zu Deutsch „Nutzfahrzeug“? Der Zustieg zu den etwas erhöhten Vordersitzen gelingt leicht, somit ist der Countryman auch für Senioren geeignet. Nach hinten ist es wegen des engeren Türausschnitts etwas kniffliger. Die Rückbank lässt sich zweifach teilen und in der Länge verschieben. Dazu kommt eine in der Neigung verstellbare Lehne.
Beim Umklappen entstehen ein fast ebener Ladeboden und 1.390 Liter Kofferraumvolumen. Mehr Möglichkeiten erschließt das Ablagenpaket (250 Euro); es beinhaltet einen doppelten Laderaumboden, Verzurrösen sowie je links und rechts ein Spannband. Zudem verweist Mini in der Pressemappe stolz auf die optionale „ Picnic Bench“, „eine aus dem Gepäckraum herausklappbare flexible Auflagefläche, die einen Sitzplatz für zwei Personen bietet“. Es lebe die englische Skurrilität. Ist der Countryman ein Utility Vehicle? Ja.
Reichlich Connectivity
Und wie sieht es mit der Konnektivität aus: Ist der Countryman ein Auto 4.0? Ja, und damit kann nicht nur gemeint sein, dass das zentrale Display auf Berührungen des Fingers reagiert. Via Mini-Connected-App lässt sich der SUV vielmehr mit dem eigenen Smartphone gleichschalten. Oder eher umgekehrt, denn der Rechner des Autos liest dann fleißig und tiefgreifend mit.
Häufig angesteuerte Orte gelten künftig als favorisierte Ziele, der Weg zur Arbeit wird ebenso aufgezeichnet wie der Wohnort. Zusätzlich saugt sich Mini Connected die Kalendereinträge vom Smartphone, weist den Fahrer auf Termine hin und leitet ihn unter Berücksichtigung aktueller Verkehrsdaten zum Zielort.
Mini erstellt Nutzungsprofile
Als Gegenleistung für diesen Service nutzt die BMW Group als Mini-Eigner die gesammelten Daten und erstellt Bewegungs- sowie Nutzungsprofile ihrer Kunden. Man sollte sich dessen bewusst sein, bevor man Mini Connected in sein Leben einbindet.
Prinzipiell auf Höhe der Zeit zeigt sich der Countryman mit dem optionalen Head-up-Display. Aber: Die Anzeigen werden auf eine aus dem Armaturenbrett ausfahrende getönte Scheibe projiziert – das wirkt wie nachgerüstet und schmälert die an sich hochwertige Anmutung des Innenraums. Ebenso übrigens das laute Sirren des Klimakompressors; es fällt deshalb so unangenehm auf, weil der Mini grundsätzlich gut gedämmt ist.
Gut gedämmt wie ein großes Auto: Der Countryman ist im Hinblick auf die Dimensionen, aber auch im übertragenen Sinne groß geworden. Er fährt, wie man sich das bei einem Kompakt-SUV von Mini vorstellt – dem Erfolg entgegen.