Nissan GT-R Nismo im Fahrbericht
Im siebten Produktionsjahr gibt Nissan seinem Supersportler eine neue Ausrichtung, lässt ihn fortan in zwei Varianten leben: Der 550 PS starken Basis sowie dem leichteren, stärkeren und härteren Nismo.
Irgendwas um 215 km/h, kurz anbremsen, Kuppe, raus aus den Federn, wieder setzen, ans Gas, einlenken – der Nissan GT-R Nismo bewegt sich kaum, wankt nicht oder rollt gar, nimmt Tempo auf, schnüffelt an den linken Curbs entlang, hält auf das Schwedenkreuz zu. Meine Güte, ist das schnell, hart, fordernd.
Im Nissan GT-R Nismo fehlt es nie an Grip
Seit seinem Debüt im Dezember 2007 zählt der GT-R, damals noch 485 PS stark, zu denjenigen straßenzugelassenen Fahrzeugen, in denen die Nordschleife noch schmaler wird, als sie ohnehin schon ist. Schon immer zählten Leistung und Traktion nie zu den Problemen des eigentlich ziemlich moppeligen Japaners, eher schon die Haltbarkeit des Antriebsstrangs, doch das ist eine andere Geschichte.
Jetzt leistet das VR38DETT-Aggregat also 600 PS, entwickelt ein maximales Drehmoment von 652 Newtonmeter, die der weitverzweigte Antriebsstrang verarbeiten muss. Das vorn längs eingebaute 3,8-Liter-Triebwerk schickt also die Leistung zum Doppelkupplungsgetriebe an die Hinterachse, einen Teil davon dirigiert die Elektronik über eine zweite Kardanwelle an die Vorderachse.
Klingt kompliziert? Ist es sicher auch, doch der Fahrer merkt davon allerdings nur, dass es nie an Grip fehlt, zumindest nicht zum Beschleunigen. Beim Bremsen schiebt die Masse von etwas über 1,7 Tonnen schon mal ein bisschen, dennoch fährt sich die Nismo-Variante spürbar präziser als die Basis. Auch schneller? Was die reinen Beschleunigungswerte angeht nicht unbedingt, wie Kollege Christian Gebhardt im Einzeltest des Nissan GT-R Nismo auf der Nürburgring-GP-Strecke feststellen musste.
In 11,2 Sekunden von null auf 200 km/h
Doch um die Beschleunigungswerte gab es bei jedem Nissan GT-R-Modelljahrgang Diskussionen, da sie selten den Werksangaben entsprachen. Wie auch immer: In 11,2 Sekunden von null auf 200 km/h, da muss keiner maulen. Fauchend tobt der Nismo GT-R die Fuchsröhre hinunter, die verstellbaren Bilstein-Dämpfer haben mit den teils in kurzen Amplituden auftretenden Bodenwellen gut zu tun, doch der Zweitürer bleibt auch unten in der Kompression stabil, legt sich schon mal den Abschnitt Adenauer Forst zurecht. Langsam werden die Handflächen warm, krallen sich tiefer in den Alcantara-Bezug des Lenkrads.
Als Nismo verlangt der GT-R mehr Konzentration, einfach weil er spürbar höhere Kurvengeschwindigkeiten aufbauen kann, mehr Abtrieb generiert, Kurven mit noch größerem Heißhunger verschlingt, beispielsweise in der Doppel-Rechts in Richtung Wehrseifen. Weiter, auf die Brücke Breidscheid zu, der Nissan GT-R wirft im Fahrbericht den Anker, die Bremse packt zu, lässt sich prima dosieren. Jetzt geht’s bergauf, in der Ex-Mühle zuckt kurz das Heck, ja, das kann der Japaner also auch, zumindest ein bisschen.
Schön, dass sich der Pilot mit dem mal eben 50.000 Euro teuren Nismo-Paket (Grundpreis ab 149.900 Euro) erkauft, was vor allem an den etwas dünneren, seitenhaltstarken Sportsitzen liegt. Wer über 1,90 Meter lang ist, darf nun trotzdem den Helm aufsetzen ohne Kopfnüsse zu kassieren oder die Lehne in eine halb liegende Position zu fahren. Das Bergwerk bebt noch unter dem Eindruck des furchterregenden, heiseren Grollen aus den vier mächtigen Endrohren, das Kesselchen liegt vor dem Carbon-Frontsplitter. „Das bin ich mit dem Time-Attack-GT-R alles voll gefahren“, erzählt später Michael Krumm, der den Nissan in 7.08,679 Minuten über die Strecke prügelte – tapfer.
Nissan GT-R ist schnell – und zwar immer
Die orange Leuchtdiode signalisiert nun den Wunsch nach dem nächsten Gang, kurz am rechten Paddel zupfen, und die fünfte Welle ist drin. Hinsichtlich der Schaltgeschwindigkeit kann das Getriebe noch immer mit allen modernen Entwicklungen Schritt halten, nur mit der Geräuschkulisse nicht, weshalb Nissan das Scharren und Mahlen inzwischen als Teil des Konzepts verkauft. Jetzt, kurz vor Klostertal, mit reichlich über Tempo 200, ist das eh‘ wurscht, die Fahrbahn wird immer enger, der Nissan GT-R im Fahrbericht ist schnell, sehr schnell, und zwar immer. Und er lässt den Piloten nie im Unklaren darüber, was er gerade so treibt, lenkt an der Steilstrecke präzise ein, bleibt bei frühem Anbremsen neutral, verträgt früh Mut am Gas, bockt auch im Karussell nicht, beschleunigt wie von Sinnen hinauf zur Hohen Acht.
Über Wippermann und Eschbach hin zu Brünnchen, Eiskurve und Pflanzgarten findet sich bald ein ordentlicher Rhythmus, nach dem großen Sprunghügel beruhigt sich der Sportwagen schnell wieder. Es mag ja stimmen, dass die Nismo-Variante nicht nennenswert viel schneller beschleunigt als die aktuelle Basis, fährt jedoch im direkten Vergleich präziser, stabiler. Ob und wie sich das auf eine Rundenzeit auswirkt? Das gilt es noch zu klären. Ob das den heftigen Aufpreis rechtfertigt? Wie andere Beispiele (Porsche 911 Turbo S, Lexus LFA Nürburgring-Paket) zeigen, stellen sich die Frage offenbar nur kleinliche Motorjournalisten – die Fans greifen einfach zu.