Lamborghini Aventador S (2017) im Test

Der Lamborghini Aventador S sieht nicht nur brachial aus, er fährt sich auch so! Mit dem neuen S-Modell haben die Italiener wahrlich wieder ein Höllengerät auf die Straße gebracht, dessen Grundprinzip noch immer auf den Miura zurückgeht: zwei Sitze und dahinter ein V12-Saugmotor.

Das urbane Umfeld ist freilich nicht gerade die Spielwiese des Supersportlers. Dazu ist der kräftige Motor zu biestig, wenn man sanft das Gas anlegt, bockt und ruckelt, wenn man es wieder wegnimmt. Das ändert sich aber sofort, sobald man ihn von seiner Käfighaltung befreit und ihm Auslauf gewährt.

Ein Klick ins Sportprogramm: Das Getriebe haut die Gänge zackig durch, die Lenkung gewinnt an Festigkeit und die Klangkulisse ist derart brachial, dass man in manchen Situationen Erschütterungen im Fußraum spürt. Der filigranmechanische Beigeschmack seiner Brutalität und die markerschütternden Schläge beim Gangwechsel blieben dabei besonders im Kopf.

Die Fahrleistungen lassen aufhorchen: 740 PS und ein maximales Drehmoment von 690 Nm über alle vier Räder sind eine Ansage. Solche Werte sorgen nicht nur für eine elektrisch abgeriegelte Höchstgeschwindigkeit von 350 km/h, sondern auch für eine Beschleunigung von 0 auf 100 in drei Sekunden (gemessen).

Der 6,5-Liter Saugmotor ist eine Art bebendes Denkmal. Mit Start-Stopp-Automatik und Zylinderabschaltung zwar an die heutige Zeit angepasst, aber dennoch frei von Aufputschmitteln aller Art. Es erinnert an ein gewachsenes Urviech im Zeitalter des Retortenbabys.

Das Pushroad-Fahrwerk mit an der Wirbelsäule angebundenen Federbeinen wurde kinematisch verfeinert. Räder mit Zentralverschluss sind ebenso neu wie die Pirelli P Zero drumherum. Letztere sollen das Gripniveau der einstigen Corsa-Mischung erreichen.

Zum Stand kommt der Aventador unglaublich schnell. Innenbelüftete Keramikbremsscheiben mit einem Durchmesser von 400 Millimetern (hinten: 380 mm) sorgen dafür, dass der Lamborghini nach 33,5 Metern aus 100 km/h stillsteht.

Trotz des stattlichen Gewichts von mehr als 1,8 Tonnen meistert er auch den Slalomkurs mit 71,3 km/h und ist damit schneller als alle anderen V12-Lambos, die wir bisher gemessen haben. Grund dafür ist unter anderem die neue Hinterachslenkung, die im Alltag zwar kaum spürbar ist, aber auf der Rennstrecke Früchte trägt.

Einen großen Beitrag leistet auch die Aerodynamik. Neben einem mächtigen Diffusor im Heck ist auch ein beweglicher Heckspoiler montiert, der sich erst bei höheren Geschwindigkeiten zeigt.

Von hier aus kann der Fahrer den 740 PS freien Lauf lassen. Für die Rennstrecke geeignet, aber für Tiefgaragen ist die diffizile Rundumsicht der blanke Horror. Der Innenraum ist bekannt, bringt aber aufgefrischte Konnektivität mit.

Zu den neuen Features zählt beispielsweise Apple Carplay. Nur schade, dass man dahinter die inzwischen schon verblichene Bedienstruktur der vorigen Generation des Audi A4 wiedererkennt.

Klappt man die rote Schutzkappe hoch und drückt den Startknopf, dann erwacht das Tier zum Leben. Das Gebrüll, das dann folgt, sorgt für Gänsehaut und ist nicht in Worte zu fassen. Es braucht eine Weile, bis man sich daran gewöhnt.

Die Sportsitze: Zwar großzügig geschnitten, aber nur spärlich gepolstert - oder auf den Punkt gebracht: bockelhart.

Sportwagen-Platz 13: LAMBORGHINI AVENTADOR mit 467 Neuzulassungen im Jahr 2018 (Vorjahr: 294).

Das Heck sieht nicht nur breit aus: Mit mehr als zwei Metern Breite hat man im Alltag durchaus seine Schwierigkeiten. Auf der Rennstrecke ist seine Straßenlage und Bauweise dagegen nahezu perfekt. Das beweist am Ende die Rundenzeit in Hockenheim: Eine Minute und glatte neun Sekunden.

Zu korpultent für einen Track Racer, zu exaltiert für den Alltag und zu ausschweifend im Körperbau für die Landstraßen. Dennoch ist der Aventador genau so, wie er sein muss. Der V12-Saugmotor sorgt für ein außerirdisches Feeling, wie es nur Lamborghini fertig bringt.

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