Auch hierzulande herrscht, jedoch nicht so extrem wie im Rest der Welt, ein regelrechter Pickup-Boom. Wir testen ausgiebig vier große Pritschenwagen mit Dieselmotor, Doppelkabine und Allradantrieb...
... so steigen Mercedes X 250d 4Matic, VW Amarok 3.0 V6 TDI 4Motion, Reanult Alaskan DC dCi 190 und Nissan Navara DC 4x4 in den Wettstreit um den Pickup-Thron. Dabei sei angemerkt, dass drei der Testwagen (Mercedes, Nissan, Renault) dieselbe Basis besitzen.
Nur der Wolfsburger gliedert sich nicht in diese Reihe ein. Mit dem V6 TDI ist er der einzige im Vergleich mit einem Sechszylinder und verzeichnet auch ein Leistungsvorteil von 14 PS.
So ist der Amarok auch in puncto Fahrleistung, Agilität und Dynamik seinen Mitstreitern einfach überlegen. Mit Abstand kann er den 100er-Sprint mit 8,8 Sekunden für sich entscheiden (Alaskan 11,1 s; X-Klasse 11,2 s; Navara 11,3 s).
Mit einem Leergewicht von 2.310 Kilogramm ist er aber auch der schwerste in dieser Runde und hat zugleich mit 610 Kilogramm die geringste Zuladungsmöglichkeit. Für einen Pickup dieser Größenordnung ist das ziemlich schwach.
Betrachtet man die Außenabmessungen der Testfahrzeuge, so wird offensichtlich, dass der schwerste auch der kürzeste in diesem Vergleich ist. Mit einer Länge von 5,25 Metern ist er beinahe 10 Zentimeter kleiner als die drei Plattform-Brüder.
VW Amarok 3.0 V6 TDI 4Motion: Amarok ist der Name eines wolfsähnlichen Wesens in der Mythologie der Inuit. Wer jedoch die Sache mit dem Truck ernst meint, der kann sich für den Einzelkabiner samt großer Ladefläche und Schwerlastfederung entscheiden.
Solide, geräumige Kabine in leicht holzfällerhemdärmligem Stil. Auch die bequemen und komfortablen Sessel für Fahrer und Beifahrer bringen dem Amarok extra Punkte aufs Konto.
"Ich bin der unbekannte Stuntman, der ..." - sorry, aber du hältst dich im VW schnell für Colt Seavers. Dennoch sind die Raumverhältnisse im Fond enorm üppig und liefern keinen Grund zur Kritik.
Seit mehr als acht Jahren gibt es das Pickup-Fahrzeug aus dem Hause VW bereits. Damit hat die Baureihe des Amarok in dieser Runde die meisten Jahre auf dem Buckel.
In der Power Edition ist der X 250 d 4Matic ab einem Grundpreis von 47.190 Euro zu haben. Die Anschaffungskosten sind damit für den X in diesem Vergleich am höchsten, das kostet Punkte.
Trotz gleicher Plattform ist der X ganze acht Zentimeter länger als der Nissan Navara. Das bleibt aber ohne Konsequenzen. Das Ladevolumen ist nahezu identisch. Nur in der Kabine gönnt sich der Mercedes rund drei Zentimerter mehr in der Breite.
Um Fahrsicherheit und Komfort zu steigern stimmen die Daimler-Ingenieure das Fahrwerk selbst ab. Anders als der VW haben die drei Pritschen-Cousins Schraubenfedern an der starren Hinterachse.
Mit einem Testverbrauch mit 10,0 Liter Diesel auf 100 Kilometer ist Mercedes nicht gerade sparsam. Nur der Amarok benötigt mit 10,4 Liter etwas mehr (Navara 9,6 l; Alaskan 9,5 l).
Hier erinnert nichts an den Nissan: Im Interieur punktet der Stuttgarter im Vergleich zu allen anderen. Die Materialien sind einfach hochwertiger und besser verarbeitet, aber dennoch nicht auf typischem Mercedes-Benz-Niveau. Wie man es bereits von vielen anderen Mercedes Fahrzeugen kennt, ist der Bildschirm freistehend.
Bei den Vierzylindern verwendet Mercedes die Automatik aus dem Navara, nur der Sechszylinder wird künftig ein (reaktionsschnelleres) Mercedes-Getriebe bekommen.
Trittbretter müssen zwar nicht unbedingt sein, so hoch ist der Einstieg nun auch nicht, sie gehören aber für viele unbedingt an einen Pickup. Daher als Zubehör erhältlich.
Die Größe der Ladefläche bringt dem Stern keine Zusatzpunkte. Aber im Bremswegetest distanziert er sich klar von seinen Pritschen-Brüdern. 40,9 Meter braucht der Alaskan bei warmen Bremsen aus Tempo 100 bis zum Stillstand. Das sind ganze 5,4 Meter mehr als bei der X-Klasse, die auch hinten Scheibenbremsen hat.
Keine Experimente: das steht als großes Thema über der vierten Generation des Nissan Navara. Keine revolutionär neue Optik, sondern eine moderne Interpretation des bekannten Outfits stand für die Designer auf dem Programm.
Handling und Fahrleistung sind bei Nissan, Mercedes und Renault nicht überzeugend. Aber dem Nissan haben sie Ganzjahresreifen aufgezogen, an denen mag es nun liegen, dass er weniger bockig abrollt und etwas besser federt als der Alaskan.
In der Seitenansicht fällt die gestreckte Optik auf. Die wird durch kleinere, weiter nach oben gezogene Fensterflächen erreicht und durch die im oberen Bereich längs abgestufte Motorhaube noch unterstrichen.
Alles was für den Navara gilt, gilt auch für den Alaskan, da es ja eigentlich das gleiche Fahrzeug ist. Nur am Logo im Zentrum des Lenkrads werden Unterschiede erkennbar. Bei der Cockpitgestaltung nimmt Nissan die aktuelle SUV-Linie zum Vorbild.
In der Mittelkonsole befindet sich unter anderem das Bedienelement für den zuschaltbaren Allrad, der Knopf für die Sperre und die Bergabfahrhilfe sowie natürlich der Wahlhebel der Siebengangautomatik.
Die Rückbank ist zu tief positioniert und die Lehne ist etwas zu steil. Dennoch sind die Raumverhältnisse angemessen. Klappt die Sitzfläche hoch, so passen zwei enträderte Mountainbikes in den Fond.
Große Unterschiede gibt es in Sachen Ladefläche in diesem Vergleich einfach nicht. Nur der Nissan Navara kommt in diesem Vergleich mit einer Laderaumwanne aus Aluminium.
Mit dem Renault Alaskan sind die drei Plattform-Brüder schließlich komplett. Ganz identisch sind Alaskan und Navaran nun doch nicht. Die bullige Frontoptik steht dem Auto gut, sie unterscheidet sich deutlich von der Formensprache des Navara.
Alle vier Kontrahenten erreichen lediglich die Abgasnorm Euro 6b. Doch beim Thema CO2-Ausstoß liegen Nissan und Renault mit 183 Gramm pro Kilometer deutlich vor den beiden anderen (X-Klasse 207 g/km; Amarok 211g/km).
Viel neues ist auf diesem Bild nicht zu sehen. Die Traktionsnöte im 2WD-Modus und den tändeligen Geradeauslauf teilt der Alaskan mit Navara und X-Klasse.
In der Topversion kommt die Vogelperspektive zum Einsatz, mit insgesamt vier Kameras wird das Umfeld des Pickups dargestellt. Das lässt sich auch außerhalb von Parksituationen manuell einstellen, etwa im Gelände.
Auch der Alaskan besitzt eine Bergabfahrhilfe und den Zuschalt-Allrad. Der Sitzkomfort und das Leder der Sessel ist auf dem gleichen Niveau wie beim Navara.
Das Transportproblem muss sich neue Ideen suchen. Denn allein, die Ladeklappe des Alaskan ist auf eine Belastung von 500 Kilogramm ausgelegt. Ein Rollladen verschließt außerdem die Ladefläche wetterfest.
Fakt ist, alle vier sind vielseitig einsetzbar aber liefern nicht gerade die besten Ergebnisse in puncto Dynamik und Handling. Nichtsdestotrotz sitzt am Ende einer auf dem Thron. Und das ist in diesem Fall der besser motorisierte VW Amarok.
Der Mercedes bietet am meisten Komfort aber ist auch teuer. Er schnappt sich vor dem Nissan Navara den zweiten Platz. Aufgrund des Preises und den längeren Garantien steht der Nissan auf dem dritten Platz. Zu guter Letzt landet der Ranault auf dem vierten Platz. Preis/Ausstattung überzeugt aber Komfor und Fahrverhalten nicht.