Skoda Superb und VW Passat im Vergleich
Zuerst hatten wir uns gefragt, was da Spannendes rauskommen soll, wenn wir den neuen Skoda Superb mit dem VW Passat vergleichen – schließlich nutzen sie ja die gleiche Basis. Aber dann fuhren wir los – und gelangten zu erstaunlichen Erkenntnissen.
Mit allen, die Mathe nie mochten, treffen wir uns im dritten Absatz wieder, den Rest begrüßen wir zum Printkolleg Trigonometrie. Er hilft zu verstehen, was herauskommt beim Vergleich zwischen dem Skoda Superb und VW Passat. Beide basieren auf dem Modularen Querbaukasten. So meinen viele, die Limousinen müssten nicht nur gleich, sondern identisch sein.
Same same but different
Sind sie nicht, obwohl ihre Entwicklung auf der gleichen Basis begann. Doch der Skoda Superb folgte nicht exakt der Spur des VW Passat. Nehmen wir an, zwei Spaziergänger marschieren nebeneinander los, gehen stetig mit 4 km/h geradeaus, doch der Kurs des einen weicht von Anfang an nur um ein winziges halbes Winkelgrad von dem des anderen ab. Dann liegen sie nach einer halben Stunde 17,45 Meter auseinander, nach zwei Stunden sind es 70 Meter. Mit der Formel c² = 2a²(1 – cosγ) errechnen wir, dass das Fürstentum Monaco hochkant in die Lücke zwischen ihnen passte, liefen sie zehn Tage lang je zehn Stunden weiter. Bedenken wir nun, dass das Tempo, das Skodas Entwickler für das Projekt SK 481 ab April 2011 vorlegten, keinem Spaziergang glich, ahnen wir, dass es durchaus zwei unterschiedliche Autos sind, mit denen wir zum Test starten.
Skoda Superb 2.0 TSI: Klappe, Platz und Preis
Vor allem sind es zwei Autos, von denen jedes seinen eigenen Charakter bewahrt hat. So besteht das Hauptanliegen des Skoda Superb weiterhin im Darbieten immenser Raumvorkommen im Fond. Mit 82 Zentimetern Normsitzraum liefert er eine fast absurde Üppigkeit, die kaum einen Vorteil bietet gegenüber dem VW Passat, der mit 79 Zentimetern ja schon 7 Zentimeter mehr hat als ein Audi A8. So braucht es, um auf der kuschelig gepolsterten Rückbank des Skoda Superb genügend Halt zu haben, auch weiterhin die kleinen Fußstützen. Sie zählen ebenso zur Folklore des großen Skoda wie die Regenschirme, von denen es nun gleich zwei gibt, der Eiskratzer im Tankdeckel oder die große Heckklappe, die das Existenzrecht des Combi in Frage stellt. Wie auch das Ladevolumen von 625 bis 1.760 Litern – so viel wie bei einem Van, dem Opel Zafira etwa.
Dazu haben sie den Skoda Superb drinnen netter eingerichtet als bisher, die Bedienung neu sortiert. Im Grundlayout mit dem VW Passat identisch, hat sie ein paar kleine Vorteile: Für den Abstandstempomaten etwa gibt’s einen separaten Hebel an der Lenksäule. So lässt er sich leichter steuern als beim VW Passat über die Lenkradtasten, mit denen es zudem die digitalen Anzeigen zu konfigurieren gilt. Auch die Assistenzarmada – vom serienmäßigen City-Notbremssystem bis zum Adaptivtempomaten mit Stop-and-Go-Funktion – lässt sich im Skoda Superb einfacher einstellen. Der VW Passat fährt dafür noch mehr Systeme auf, nun mit ACC im Stau bis 60 km/h autonom.
Skoda Superb 2.0 TSI: Eine Menge Auto
Bei den Abmessungen überragt der Skoda Superb den VW Passat in allen Dimensionen, hat dazu fünf Zentimeter mehr Radstand. Und du merkst gleich, dass eine Menge Auto mit dir herumfährt, da vorn auf den etwas weniger bequemen und zu hoch positionierten Sitzen. Der Skoda Superb fühlt sich nie kleiner an als er ist, immer ein wenig bedächtig und staatstragend. In der Comfort-Stufe der Adaptivdämpfer steckt er auch herbe Unebenheiten sacht weg, wogt aber langen Wellen nach. Im Normal-Modus beruhigt sich die Karosserie schneller, derbe Stöße steckt das Fahrwerk aber nicht mehr so beflissen weg wie der insgesamt sacht straffer abgestimmte, ebenfalls adaptiv gedämpfte Passat.
Es sind meist nur Nuancen, die beide voneinander unterscheiden. Führe man beide Autos an unterschiedlichen Tagen, fielen sie womöglich nicht so sehr auf – die etwas einfacheren Materialien im Skoda Superb, die schwächere Traktion, die schlechtere Rundumsicht und das trägere Handling. Denn in allem liegt der Skoda Superb mit an der Spitze seiner Klasse, aber – wie sich beim direkten Umsteigen bei den Testfahrten zeigt – eben nur exakt im Windschatten statt direkt auf Höhe des VW Passat.
Der VW Passat 2.0 TSI: Top of the WOBs
Sie wissen schon sehr genau, was sie da so entwickeln in Wolfsburg und Mladá Boleslav. Der VW Passat hat keine einzelne herausragende Stärke, die ihn auszeichnet. Er kann einfach alles hervorragend und hat damit schon alles deklassiert in Vergleich.tests, von Hyundai i40 bis BMW Fünfer. Und so fährt er sich auf diesen kleinen Bergstraßen den Skoda Superb einfach aus den Rückspiegeln, fegt neutraler als der früher untersteuernde Skoda Superb um Kurven, spart sich dessen sachtes Lastwechseldrängen, lenkt mit der optionalen Progressivlenkung noch direkter, präziser und rückmeldungsechter, zieht sich gripstärker und wuchtiger auf die nächste Gerade hinaus. Der VW Passat fühlt sich viel kompakter an und integrierender auf den tiefer positionierten, sehr bequemen Ergonomiesitzen. Man mag befinden, eine Mittelklasse-Limousine müsse nicht fahren können wie ein erwachsen gewordener GTI. Der VW Passat kann es trotzdem. Dazu bremst er trotz gleicher Reifendimensionen vehementer, fegt noch schneller durch die Fahrdynamik-Prüfungen, hat die bessere Traktion als der Skoda Superb, beschleunigt zudem noch ein wenig besser und verbraucht etwas weniger (8,7 statt 8,8 l/100 km) als der kaum schwerere Skoda. Und so wirklich gibt es dafür keine Erklärung, denn der Antrieb ist tatsächlich identisch. So ergeben sich in diesem Kapitel auch kaum nennenswerte Unterschiede. Beide motorisiert der Zweiliter-Turbobenzin-Direkteinspritzer der Baureihe EA888, der sich eigentlich im Golf GTI am wohlsten fühlt. Er kümmert sich auch hier in beiden Modellen um beeindruckende Vehemenz bei Beschleunigung und Durchzug, lässt sie selbst oberhalb von Tempo 180 noch wuchtig vorandrücken. Mit Laufkultur kann die Maschine nicht ganz so überzeugen. Ab 4.000 Touren klingt der TSI kerniger, und so hoch lässt ihn die Doppelkupplungsbox auf der Autobahn oft touren, statt auf seine stämmige Durchzugskraft zu vertrauen.
Du kannst auch über die Lenkradpaddel durch die Gänge flippern, was sich als ebenso kurzweilig wie unnötig erweist. Denn im Sport-Modus ploppt das Getriebe beherzt und mit sachtem Rucken durch seine sechs Stufen, durchgleitet sie im Comfort-Modus fugenlos, legt im Eco-Modus beim Gaswegnehmen den Leerlauf ein und zeigt damit eine ebenso große Bandbreite wie die beiden Autos.
Der Skoda Superb als bester Zweitbester
Die liegen am Ende dann doch erstaunlich weit auseinander, im Charakter noch mehr als bei den Punkten oder beim Preis. Der Skoda Superb bewahrt seine Rolle als besonnene, clevere Limousine für alle mit enormem Raumbedarf. Zudem kostet er als 2.0 TSI Style ausstattungsbereinigt fast 5.700 Euro weniger als der VW Passat Highline. Das muss doch für den Sieg reichen. Nein, muss es nicht. Stell dir jedes Detail, in dem der VW Passat besser ist, wie eine Schneeflocke vor, klein und leicht. Dann sind es am Ende so viele, dass es für eine Lawine reicht, mit der er auch den Skoda Superb überrollt – denn nichts anderes sind 17 Punkte Rückstand in diesem Vergleich.
Was den Skoda Superb nun als einen Verlierer dastehen lässt, der er keinesfalls ist. Er wird wohl die gesamte restliche Konkurrenz bügeln. Ja, genau so gut ist er. Gäbe es sie, so hätte der Skoda Superb die goldene Silbermedaille verdient. Er ist der beste Zweitbeste, den es in dieser Klasse gibt. Aber genau das war ja schon beim Start im April 2011 das Ziel der Grad-Wanderung.