Zweiliter-Diesel im Test
Zäumen wir das Thema Performance doch mal von hinten auf: mit Vierzylinder-Dieselmotoren und rund 190 PS. Selbstgeißelung? Nein, nennen wir es besser Randvermessung. Das Ziel: herausfinden, worauf es bei Sportlichkeit wirklich ankommt.
Grundsatzfrage: Wo fängt Sportlichkeit an, und wo hört sie auf? Es gibt viele Theorien dazu, und wir hier vertreten – logo – eher die radikalere. Nach obenhin ist ihr eigentlich kein Limit gesetzt: je mehr, je lieber und gern auch in Dosierungen, die gemeinhin als Wahnsinn gelten. Oder um es mit den Worten von Kollege Gebhardt auszudrücken: "Ein LaFerrari darf es schon sein."
Mit dem unteren Ende ist es nicht ganz so leicht. Wo ist schon sportlich? Und wo noch nicht? Selbst innerhalb der Redaktion gehen die Meinungen da auseinander: In den Köpfen mancher verläuft die Grenze bereits knapp unterhalb eines Cayman, manch andere denken etwas liberaler und stellen selbst bestimmten SUV ein Visum aus – wobei ich Ihnen versichere, dass bestimmt nicht jeder Dahergefahrene gleich Zutritt bei sport auto erhält.
Audi A5 2.0 TDi, BMW 320d, 420d und Skoda Octavia RS 2.0 TDI messen sich
Was Audi A5 2.0 TDI, BMW 320d und 420d sowie Skoda Octavia RS 2.0 TDI hier verloren haben? Berechtigter Einwand. Zweiliter-Diesel, keine 200 PS und gleich vier von der Sorte, zugegeben, das riecht verdächtig nach illegaler Einwanderung. Doch die Bande ist mit ausdrücklicher Erlaubnis hier. Nicht – wie ein Kollege spöttelte – als Spaßbremsen, um die Herren sport auto-Redakteure mal wieder ein bisschen auf den Boden zu bringen, sondern als eine Art Vermessungstrupp, der die Voraussetzungen für Sportlichkeit in allen wesentlichen Punkten ein für allemal definieren soll.
Insgesamt gibt es drei Klischees, die es zu verifizieren gilt. Erstens: Ein Coupé ist sportlicher als eine Limousine. Darum kümmern sich die beiden BMW. Zweitens: Hinterradantrieb schlägt Frontantrieb. Diese These bearbeiten Audi A5 und BMW 420d. Und drittens: Nur ein richtiges Sportmodell kann richtig sportlich sein – eine klare Sache für den Skoda Octavia RS. Bliebe nur die Frage, ob wir das wirklich machen wollen. Wollen? Nun ja, aber wir machen's.
Und zwar richtig. Das heißt, so richtig wie möglich: mit vollem Messprogramm samt Rundenzeit und ohne dass uns die Unterschied.ichkeit der jeweiligen Ausstattungen zu sehr im Ergebnis herumfuhrwerkt. Problem ist BMW, wo man derzeit offenbar mit Hochdruck daran arbeitet, Traditionen abzuschaffen. Immer mehr Modelle bekommen Frontantrieb, Reihensechser werden zu Vierzylindern downgesizt, und Testwagen gehen in der überwiegenden Mehrheit nur noch mit Automatik raus. Nur mal so nebenbei: Es gab Zeiten, da gehörte die Handschaltung zu München wie das Oktoberfest.
Im Vergleich zu den VW-Konzernlern hat man sich durch die Sportautomaten hier nun zwar einen Vorteil ergaun… – Verzeihung: erarbeitet, wenigstens untereinander jedoch sind die Nenner gleich. Beide BMW schalten also per Achtstufenwandler; beide sind absolut identisch übersetzt; beide nutzen exakt denselben Zweiliter-Turbodiesel mit 184 PS und 380 Nm; und beide kommen in der Luxury-Ausführung, was der Vergleichbarkeit zwar durchaus zuträglich ist, den Puls aber erst mal auf knapp unter Minimum absacken lässt. Wurzelholz, champagnerfarbenes Interieur und ein vereinsamtes Chrom-Endrohr am Heck – würden wir nach Äußerlichkeiten urteilen, beide wären direkt disqualifiziert.
BMW 420d fährt sportlicher als der 320d
Im Detail finden sich dann aber doch Unterschied.: 26 Kilo liegen zwischen Limousine und Coupé – zu Ungunsten des BMW 4er. Der wiederum kontert eine serienmäßige Tieferlegung um zehn Millimeter, die weitere Spur, seinen tieferen Schwerpunkt sowie eine spezielle, steifer angebundene, zusätzlich verstrebte Vorderachse mit erhöhtem Alu-Anteil und abgesenktem Rollenzentrum. Zugegeben, das klingt nach Ingenieurs-Kleinklein, ist aber tatsächlich spürbar – beim Abwinkeln, im Kurvenverlauf und auch im Slalom. Konkret: Der BMW 420d lenkt präziser als der 320d, scheitelt dadurch enger an den Pylonen vorbei und wedelt sich so einen kleinen, aber messbaren Vorsprung heraus.
Eine winzige Ungereimtheit hat die Erkenntnis jedoch: in Form der Reifen. Beide tragen zwar Runflat-Bridgestones vom selben Typ, der 420d jedoch in einem größeren Zollformat und mit Mischbereifung. Die Frage: Wie groß ist die Rolle, die das spielt? Der niedrigere Reifenquerschnitt dient der Stabilität, breitere Hinterreifen steigern die Traktion – auch wenn es hier angesichts der leicht bekömmlichen Motorisierung gar keine Traktion gibt, die gesteigert werden müsste. So oder so, die Rad-Reifen-Kombi arbeitet sicherlich aktiv an der Performance mit.
Der entscheidende Unterschied jedoch liegt in der Anatomie begründet: Im Gegensatz zum 320d, der sich eher gelassen bewegt, weit zur Seite neigt und nicht übertrieben ambitioniert einlenkt, fährt der BMW 420d, wie er sich kleidet: sehniger, satter, energischer – und letztlich eine halbe Sekunde schneller um den Kleinen Kurs.
Der Hinterradantrieb allerdings trägt zur Dynamik nicht gar so viel bei. Aufgrund der kreuzbraven Grundabstimmung beider BMW beeinflusst er das Fahrverhalten nur, wenn man ihn ganz gezielt in Szene setzt. Lastwechsel, voll reinhalten, erst dann bekommen sie ein bisschen den Hintern hoch. Wenigstens so lange, bis der Slide mangels Power zugrunde geht. Doch auch wenn sich seine Vorzüge hier nicht so direkt erschließen wie in den stärkeren Leistungsklassen, vorhanden sind sie ohne Zweifel: primär in Form der ausgeglichenen Achslastverteilung, die vor allem der 420d mit 50,5 zu 49,5 Prozent überaus eindrucksvoll unterstreicht.
Audi A5 2.0 TDI auf dem Rundkurs langsamer als der 4er
Ganz anders der frontgetriebene Audi A5: Zweiliter-TDI samt Antriebsinnereien drücken ihm 58,1 Prozent seines Gewichts direkt nach vorn. Rechnet man das auf absolute Zahlen um, muss die Audi-Vorhand fast 130 Kilo mehr durch Kurven hieven als die des BMW 420d. Und diese Pfunde hängen nicht nur wie Blei im Einlenkverhalten, sondern im weiteren Kurvenverlauf auch als Fliehkraft an den Vorderrädern. Die Gebrauchsanweisung lautet also: Langsam rein, schnell wieder raus – nur, dass das mit dem "schnell" auch hier so eine Sache ist.
Mit 190 PS und 400 Nm liegt der 2.0 TDI nominell zwar voll auf dem Niveau der Münchner, ist wegen der geringeren Ganganzahl seines Handschaltgetriebes aber von Natur aus länger übersetzt. Und das merkt man. Der Audi dreht traniger hoch und etwas lascher aus, reiht die Drehzahlbänder zudem nicht ganz so nahtlos aneinander wie der pfeilschnell schaltende BMW.Automat, sodass die Sekunde, die ihm der 4er in Hockenheim enteilt, wohl nicht nur von seiner Antriebsart herrührt, sondern auch vom Antrieb an sich.
Nichtsdestotrotz, bis hierhin ist es ein Ergebnis wie aus dem Bilderbuch: Coupé vor Limousine, Hinterrad- schlägt Frontantrieb – und sei es nur wegen der Balance. Wir haben es ja gewusst, nicht wahr? Doch dann kommt der Skoda und stellt alles gehörig auf den Kopf. Als frontgetriebene Limousine gehört er in beiden bisher behandelten Aspekten zu den Benachteiligten – und doch ist er am Ende fast genauso schnell wie der vermeintliche Idealtypus: Lächerliche zwei Zehntel fehlen ihm in der Rundenzeit auf den BMW 420d, nur ein einziges im Slalom. Wie kann das sein?
Skoda Ocavia RS 2.0 TDI mit dem sportlichsten Set-Up
Nun, es existieren zwei plausible Erklärungen dafür. Die eine ist das glatt 150 Kilo geringere Leergewicht, die andere hängt schlicht damit zusammen, dass das Sportabzeichen, das er im Namen trägt, kein Etikettenschwindel ist: 15 Millimeter Tieferlegung, spezielle Mehrlenker-Hinterachse, Progressivlenkung, E-Sperre – all das unterscheidet ihn von seinen zivilen Modellkollegen und macht am Ende auch hier den Unterschied.
Wie im Audi A5 schultert die Vorderachse den Großteil der Last. Und wie dort birgt das eigentlich nur Nachteile – durch die steife Kinematik entkräftet der Skoda jedoch deren verheerende Auswirkungen. So biegt der Octavia unbeschwert ums Eck, hält sich dann in der Waage, statt tief in die Knie zu sacken, klammert lange, beschleunigt dann bissig heraus – und ist zusammen mit dem 420d damit am Ende einer von zweien, die trotz bemitleidenswerter Leistungszahl durchaus sportlich sind.
Und wo steckt nun die Moral von der Geschicht'? Wahrscheinlich darin, dass sich die Grundvoraussetzungen für Sportlichkeit nicht grundsätzlich klären lassen – sehr wohl aber tendenziell: Körperbau und Antriebskonzept begünstigen die Performance sicherlich. Direkt und indirekt. Den größten Einfluss aber hat die Abstimmung, mit der man nicht nur Stärke erzeugen, sondern auch manch konzeptionelle Schwäche kompensieren kann.