Was tanken wir morgen?

Durch den VW-Abgasskandal ist der Dieselmotor in die Diskussion geraten. Fahren wir künftig besser mit Benzin, Gas oder Strom? Und: Existieren für Reisemobile überhaupt echte Antriebs-Alternativen? promobil gibt den Überblick.
- Benzin
- Autogas (LPG)
- Erdgas (CNG)
- Hybrid
- Wasserstoff
- Strom
- Diesel
Bei den Themen Abgase und Grenzwerte werden Reisemobilfahrer hellhörig. Viele von ihnen haben keine guten Erfahrungen mit den gesetzlichen Regelungen für Diesel gemacht. Als ab 2008 die ersten Umweltzonen entstanden, waren die Besitzer von Freizeitfahrzeugen besonders stark von den Fahrverboten in Städten betroffen.
Mittlerweile hat sich die Welt weitergedreht. Bei einer großen Zahl älterer Reisemobile wurden Rußfilter nachgerüstet; neue Modelle tragen seit Jahren die grüne Umweltplakette – und doch ist das Thema Abgase nicht vom Tisch.
Der Skandal um manipulierte Abgaswerte im Volkswagen-Konzern liefert Dieselgegnern willkommene Argumente. Bereits kurz vor Bekanntwerden der VW-Affäre brachte das Verkehrsministerium in Baden-Württemberg die Einführung blauer Umweltplaketten in die Diskussion. Um die Luftqualität in Stuttgart zu verbessern, dachte man sogar laut über Dieselfahrverbote in Stuttgart nach. Nach den Rußpartikeln sind jetzt die Stickoxide in den Fokus gerückt, die vor allem bei Dieselantrieben entstehen.
Die meisten Reisemobilkäufer wollen sich gar nicht mit solchen technischen Details aufhalten. Sie wünschen sich lediglich ein möglichst umweltverträgliches und zukunftssicheres Fahrzeug. Aktuell kommen sie beim Neukauf am Diesel aber nicht vorbei. Sicher ist, dass die modernen Motoren so wenig Schadstoffe ausstoßen wie nie zuvor. Doch ist der Diesel auch die Zukunft? promobil hat sich umgesehen, welche alternativen Antriebe für Reisemobile in Frage kommen.
Benzinmotor für Wohnmobile
Als Pkw-Käufer hat man es relativ leicht: Wer dem Dieselmotor skeptisch gegenübersteht, kauft einfach einen Benziner. Diese sind durch gezielte Hubraumverkleinerung in Kombination mit Turboaufladung in jüngster Zeit sparsamer und kräftiger geworden. Außerdem verbrennen sie schon prinzipbedingt sauberer als Diesel.
Käufer von Reisemobilen müssen lange nach einem Benziner suchen. Unter den gängigen Basisfahrzeugen ist allein für den VW T6 und den Mercedes Sprinter ein Ottomotor erhältlich. Der 2,0-Liter-Vierzylinder von VW leistet dank Turboaufladung bis zu 204 PS und kann es dank einem Drehmoment von maximal 350 Nm durchaus mit Dieseln aufnehmen. Auch der Sprinter-Benziner ist ein moderner Turbomotor, begnügt sich aber mit 156 PS und lediglich 240 Nm, was in der 3,5-Tonnen-Klasse etwas schmalbrüstig erscheint.
Und Fiat? Für den Ducato ist kein Benziner vorgesehen, wohl aber für sein in Amerika gebautes Parallelmodell Ram Promaster. Hier sorgt ein V6 mit 3,6 Litern Hubraum und 280 PS sowie 350 Nm für flotten Vortrieb. Überhaupt, die Amis: Sie haben auch für Zehn-Meter-Mobile passende Benziner: Der 6,8-Liter-Motor im gängigen Ford-F-Chassis leistet 320 PS und 620 Nm – noch Fragen? Vielleicht nach dem Verbrauch: In der Praxis schluckt der Zehnzylinder zwischen 25 und 35 Liter auf 100 Kilometer. Wobei man am Kernproblem der Benziner-Alternative angelangt wäre: Durch den hohen Verbrauch und die stattlichen europäischen Spritpreise wäre ein Reisemobil mit Ottomotor ein teurer Luxus. Anders als beim Pkw kann man mit einem Benzinmobil auch nicht durch eine geringere Kfz-Steuer sparen. Reisemobile werden immer nach Gewicht besteuert.
Autogas (LPG) für Wohnmobile
Verlockend wirkt die Alternative Autogas. Der Kraftstoff unterliegt mindestens bis Ende 2018 einem reduzierten Steuersatz und ist daher günstig. Autogas oder LPG (Liquefied Petroleum Gas) verbrennt besonders sauber und wäre gleichzeitig der passende Betriebsstoff für Heizung, Kocher und Kühlschrank. Wäre: Weil es bislang kein Reisemobil gibt, das diese Chance nutzt. Es fehlt dafür vor allem die Basis.
Der mit Autogas betriebene Mercedes Sprinter LGT ist nicht mehr lieferbar. Ein vielversprechender Prototyp mit La-Strada-Ausbau traf seinerzeit nur auf mäßige Resonanz.
Bleibt nur die Gas-Nachrüstung von (ohnehin seltenen) Benzinern, was technisch möglich ist, aber die Leistung reduziert und gleichzeitig Aufwand und Kosten erhöht. Günstiger bleibt unter dem Strich wohl der (in der Kfz-Steuer identisch eingestufte) Diesel.
Erdgas (CNG)
Die gute Nachricht: Es gibt passende Basisfahrzeuge mit besonders sauber arbeitenden Erdgasmotoren. Die ernüchternde Realität: Kein Reisemobilhersteller hat solche Varianten derzeit im Lieferprogramm. Warum? Da sind zunächst einmal die technischen Gegebenheiten: Zusätzliche Gasbehälter am Unterboden machen das Chassis deutlich schwerer und vertragen sich nicht mit Unterflurtanks fürs Abwasser. Doch selbst bei Reisemobilen, bei denen sich die technischen Konflikte lösen ließen, rechnet derzeit kein Hersteller mit nennenswerter Nachfrage.
Erdgas, auch CNG (Compressed Natural Gas) genannt, ist zwar wie Autogas bis Ende 2018 steuerbegünstigt, doch es gibt deutlich weniger Tankstellen. Mit 900 Stationen (Autogas: 6900 Tankstellen) kommt man in Deutschland noch zurecht, aber im Urlaub kann es schwierig werden. In Frankreich, Spanien, Großbritannien oder Skandinavien ist das Netz äußerst lückenhaft. Ein echtes Problem, denn während Autogasfahrzeuge meist noch einen normal großen Benzintank an Bord haben, hat beispielsweise die Erdgasvariante des Fiat Ducato nur 15 Liter Reserve. Davon abgesehen ist der 3,0-Liter-Vierzylinder im Ducato Natural Power mit 136 PS und 350 Nm durchaus in der Lage, ein Reisemobil anzutreiben. Anzumerken bleibt aber noch, dass ein Ducato-Kastenwagen mit Erdgasantrieb rund 7000 Euro teurer und 485 Kilogramm schwerer ist als der beliebte 130-PS-Diesel. Iveco liefert für den Daily Natural Power übrigens den gleichen Motor. Mercedes hat für den Sprinter einen Erdgasmotor mit 156 PS und 240 Nm im Angebot.
Hybridantrieb für Wohnmobile
Hybrid steht für die Kombination von Elektro- und Verbrennungsmotor, ein Konzept das auf dem Pkw-Markt gerade im Kommen ist. Für Transporter, also die Basisfahrzeuge von Reisemobilen, scheint diese aufwendige Technik aber weiter entfernt denn je.
Der bereits 2004 gezeigte Hybrid-Sprinter von Mercedes ist ein Prototyp geblieben. Das Gleiche gilt für die 2011 spektakulär präsentierte Hymer B-Klasse, deren zusätzlicher Elektroantrieb von Alko entwickelt wurde. Das Projekt liegt auf Eis, vermutlich für immer.
Zwei weitere Studien zeigen, dass man den Hybridantrieb in potenziellen Basisfahrzeugen nicht ganz abschreiben muss: Vor drei Jahren zeigte Iveco den ansehnlichen Dual Energy. In diesem Frühjahr trat der Mercedes Concept V-ision e auf die Bühne. Hier handelt es sich um einen sogenannten Plug-in-Hybrid. Seine Batterie kann auch an der Steckdose aufgeladen werden, um etwa 50 Kilometer rein elektrisch zurückzulegen.
Ob ein Hybridantrieb bei der typischen Reisemobilnutzung überhaupt seine Stärken ausspielen kann, bleibt dennoch zweifelhaft. Die wirtschaftliche und saubere Fortbewegung per Elektromotor ist praktisch nur im Stadtverkehr möglich. Auf längeren Strecken hat man dagegen mit dem Nachteil des höheren Gewichts zu kämpfen. Dass ein Hybridmobil wohl einen fünfstelligen Betrag mehr kosten dürfte als ein Diesel, würde ihn ebenfalls nicht zur ersten Wahl machen.
Wasserstoff
Wirklich eine reizvolle Vorstellung, wenn beim Fahren nichts als Wasserdampf aus dem Auspuff kommt. Dafür gibt es aus technischer Sicht zwei Ansätze: Einmal den Wasserstoffverbrennungsmotor. Er wurde bereits vor Jahren in BMW-Limousinen und in MAN-Bussen erprobt. Die zweite Variante besteht aus einer wasserstoffbetriebenen Brennstoffzelle die wiederum Energie für einen Elektromotor erzeugt. Diese Technik ist im gerade vorgestellten Pkw Toyota Mirai bereits serienreif und für knapp 80 000 Euro zu haben. Wasserstoff, der in Deutschland an etwa 50 Tankstellen zu haben ist, verlängert so letztlich die Reichweite von Elektroautos.
Aus Umweltsicht hat Wasserstoff jedoch den Makel, dass er bislang vor allem mit Hilfe fossiler Energien erzeugt wird. Aus dem Blickwinkel der Reisemobilkäufer gibt es noch ein weiteres Problem: Für Basisfahrzeuge ist dieser Antrieb derzeit nicht in Sicht.
Strom
Die sauberste Lösung wäre wohl ein elektrischer Antrieb. Vorausgesetzt, der dafür nötige Strom würde umweltverträglich erzeugt. Angesichts von Energiewende und serienreifen Elektroautos rückt diese Vision in greifbare Nähe. Wer aber schon ein Elektro-Reisemobil der 3,5-Tonnen-Klasse vor Augen hat, bekommt jedoch gleich wieder einen Dämpfer.
Die heutige Batterietechnik erlaubt keine große Reichweite. Das zeigt das einzige lieferbare Basisfahrzeug dieser Kategorie, der Iveco Daily Electric. Er ist viel schwerer und teurer als die Dieselversion und muss nach spätestens 200 Kilometern wieder an die Steckdose. Sind alternative Antriebe also Zukunftsmusik? Kommt darauf an. Es gibt zumindest ein tatsächlich erhältliches Elektromobil.
Was macht der Diesel?
In ganz Europa hat sich der Dieselmotor als Antriebsquelle für Reisemobile durchgesetzt. Grund dafür ist vor allem seine unbestrittene Kombination aus Kraftentfaltung und Wirtschaftlichkeit. Hinsichtlich der immer wieder diskutierten Umweltverträglichkeit hat der Selbstzünder deutliche Fortschritte gemacht. Das Diagramm zeigt die Grenzwerte seit Einführung der Euro-1-Norm im Jahr 1992.
Mit jeder weiteren Stufe mussten die Hersteller nicht nur die Emission von Partikeln, sondern auch von Stickoxiden deutlich verringern. Praktisch alle aktuell angebotenen Reisemobile erfüllen die Abgasnorm Euro 5+.
Gerade die Stickoxide (NOx) sind zuletzt verstärkt in die Diskussion um gesundheitsschädliche Folgen der Dieselabgase geraten. Prinzipbedingt stoßen Dieselmotoren mehr Stickoxide aus als Benziner, weshalb der Gesetzgeber bislang höhere Grenzwerte für Diesel akzeptiert hat. Ab 1. September 2016 wird die Latte hier nochmals niedriger gelegt: Für neu zugelassene Reisemobile gilt dann die Euro-6-Norm mit strengeren Vorgaben. Basisfahrzeuge wie der Mercedes Sprinter, die heute schon nach Euro-6-Standard geliefert werden können, erreichen die niedrigen Werte mit der sogenannten SCR-Technik (Selective Catalytic Reduction) und erfordern die Zugabe von Adblue. Eine weitere Verschärfung der Grenzwerte ist vorerst nicht in Sicht, wohl aber eine strengere Kontrolle der gesetzlichen Vorgaben. Der Skandal um manipulierte Abgaswerte im Volkswagen-Konzern hat die Forderungen nach realitätsnahen Prüfverfahren in der Politik lauter werden lassen. Bislang werden die Emissionen der leichten Nutzfahrzeuge je nach Homologationsverfahren ausschließlich auf einem Prüfstand ermittelt. Entweder mit dem kompletten Fahrzeug oder sogar nur mit dem jeweiligen Motor.