Oldtimer-Lieblinge der promobil-Redaktion

Trend oder nicht: Dass sich immer mehr Reisemobil-Klassiker auf unseren Straßen blicken lassen, fällt selbst dem ungeübten Auge auf. Doch wer sind eigentlich die Menschen, die Lust auf solche alten Camping-Schätze haben?
"Wir sind gemeinsam alt geworden, mein Albatros und ich. Daraus entsteht zwangsläufig eine Verbundenheit, die für mich jedenfalls mit keinem Geld der Welt aufzuwiegen ist", erzählt Irmi Pratsch und tätschelt liebevoll ihren Eriba-Camper. Seit dem 6. März 1984 ist er bereits in ihrem Besitz, entsprechend viele Touren und Abenteuer haben sie in all den Jahren zusammen erlebt.
Dabei war der Start ins vereinte Glück nicht ganz reibungslos: "Wir mussten damals sogar fast unser Alltagsfahrzeug gegen einen gebrauchten Kleinwagen tauschen, um uns das Alkovenmobil bestellen zu können", erinnert sich die Westfälin, "und dann war die erste Reise mit dem Camper auch noch das reinste Chaos." Am Ende aber raufte man sich doch zusammen – ein Glück, das ungebremst bis heute hält.
Dass der wahre Wert eines Fahrzeugs nicht nur materiell, sondern auch ideell ist, sehen viele (nicht nur Wohnmobil-)Oldie-Liebhaber so. Auch "Dr. Bulli", im bürgerlichen Leben Dr. phil. Heiko Wacker, langjähriger promobil-Autor und landesweit anerkannter Experte der VW-T-Modelle: "Das ‚Dahinter‘ macht ein Gefährt zeitlos und einzigartig, und diese Vielfalt gilt es zu schützen, zu bewahren. Deshalb hänge ich persönlich vor allem an den ganz frühen Exemplaren des Kultmobils. Frei nach Loriot: ‚Ein Leben ohne Bulli ist zwar denkbar, aber sinnlos‘."
Für Wacker, dessen Familie seit 1973 einen Campingplatz betreibt, auf dem er aufwuchs, liegt die Besonderheit der VW-Busse vor allem in ihrer Vielseitigkeit. Die lernte er schon während seiner Kindheit kennen, als der Vater mit dem Bulli unter der Woche Vieh transportierte, während sich am Wochenende die Freiwillige Feuerwehr des Fahrzeugs bediente. Aber auch der Spirit ist für den promovierten Historiker ein ganz entscheidender Faktor: "Es gibt wohl kein anderes Fahrzeug, das so viel Lebensgefühl vermittelt wie der Bulli."
8 Favoriten der Redaktion: Oldtimer-Wohnmobil-Highlights
1. Dethleffs Bus
Lieblings-Oldtimer von promobil-Redakteur Christian Becker
Er war der erste in Serie gebaute Vertreter seiner Art: Der Dethleffs Bus, hier in der Variante Globetrotter CD-S, begründete die heute immer beliebtere Fahrzeugklasse der schmalen und kompakten Teilintegrierten. Zwei Sitzgruppen, die jeweils zu Betten umbaubar sind, Küche und Bad passen in das nur 5,71 Meter lange und 2,12 Meter breite Mobil. Einen Heckstauraum gibt es allerdings nicht und so wandern die Campingmöbel auf das Dach in eine Transportbox. Im kompakten Bad ist nur Platz für eine Porta-Potti, was die Entsorgung gewöhnungsbedürftig macht. Gegenüber dem Cockpit des 87er Ducato wirkt der aktuelle Fiat schon fast wie eine Luxuslimousine. Der Testwagen kostete damals knapp über 70.000 Mark. Auch die wenig praxistauglichen Grundrisse bremsten den Bus aus, die Erfolge fuhren dann die Nachfolger der Globebus-Baureihe ein.
2. Hobby 600
Lieblings-Oldtimer von CLEVER-CAMPEN-Chefredakteur Ulrich Kohstall
Zu meinen Oldie-Favoriten zählte schon immer der Hobby 600. In einer Zeit, als Reisemobile meist weiße Kästen waren, verblüffte er durch sein abgerundetes Design – und war dennoch kein abgehobenes Luxusmobil. Gleichwohl gehörte das erste motorisierte Fahrzeug des schleswig-holsteinischen Herstellers zu den Exoten, denn Teilintegrierte setzten sich erst Jahre später durch. Nicht nur das Konzept kann sich bis heute sehen lassen, es sind auch die vielen liebevollen Details von den ungewöhnlichen Fenstern bis zu einer Yacht-artigen Instrumentenkonsole über dem Fahrerplatz. Hobby hielt an der Urform des 600 zehn Jahre lang fest – bis zum Fiat-Ducato-Modellwechsel 1994. Um 10.000 Euro findet man heute brauchbare Exemplare, wobei neuere Modelle zu bevorzugen sind: Turbodiesel und Servolenkung kamen hinzu, außerdem ein besserer Rostschutz.
3. Hymer-Integrierte
Lieblings-Oldtimer von promobil-Redakteur Philip Teleu
Im Hymer-Museum begegne ich mehr als 80 altgedienten Schmuckstücken, eines geschichtenreicher als das andere. Besonders angetan bin ich von den cremefarbenen Kreuzern, den ersten Hymer-Integrierten. Deren Produktion beginnt ab Mitte der 1970erJahre mit dem Hymermobil 660 und 720. Später folgen die kürzeren Modelle 620 und 520. Als Basis dient den Fahrzeugen, die aussehen wie Wohnwagen mit Fahrerhaus, der Mercedes T 2. Stilbildend ist nicht nur sein silbrig glänzendes Metallband, das die Gürtellinie fasst, sondern vor allem das gemütliche Innere. "Wie ein rollendes Wohnzimmer", denke ich und bin begeistert von weichen, braunen Polstern und echtem Teakholz beim Möbelbau. Sitzgruppe vorn, wahlweise eine zweite Sofaecke oder das Bett hinten, dazwischen Küche und Bad: alles, was es braucht für einen gemütlichen Urlaub und Nostalgie.
4. Mercedes James Cook
Lieblings-Oldtimer von promobil-Chefredakteur Dominic Vierneisel
Also, wie sie es damals bei Westfalia geschafft haben, in den nur 5,23 Meter langen Mercedes T 1 so ein Raumgefühl hineinzuzimmern, das begeistert mich noch immer. 1977 kam der erste Mercedes James Cook auf den Markt, 1984 kam der Marco Polo dazu. Während der James Cook ein richtiges Bad hat, das ihn prinzipiell zur attraktiveren Wahl macht, gibt es im Marco Polo nur eine Waschgelegenheit. Schlüssel der ausgezeichneten Raumausnutzung sind das große Dachbett und die Heckküche. Viel Fahrkomfort darf man von einem T 1 nicht erwarten. Auch die dynamischen Talente des Saugdiesels sind begrenzt. Bis zu 800 Exemplare der ersten James-Cook-Generation fanden im Jahr einen Käufer. Inzwischen haben viele Exemplare Oldtimer- und längst auch Kultstatus erreicht. Angebote findet man ab rund 10.000 Euro. Achten Sie unbedingt auf Rostfreiheit.
5. Niesmann+Bischoff Clou Trend
Lieblings-Oldtimer von promobil-Testchef Jürgen Bartosch
Der Clou von Niesmann+Bischoff wurde 1981 vorgestellt und setzte vom Fleck weg neue Maßstäbe für hochwertige Alkovenmobile. Der solide Aufbau mit holzfreiem Alu-Alu-Sandwich und Ringankerprofilen als Verbindungstechnik wurde zum Sinnbild eines Oberklassemobils. Dazu die üppige Bordtechnik mit 200 Liter Frisch- und Abwassertanks, hervorragender Wintertauglichkeit mit Alde-Warmwasserheizung sowie die Inneneinrichtung mit Möbeln in Teak-Furnier – die Clou-Alkoven, die später den Zusatz "Trend" erhielten, zählten schnell zu den begehrtesten Modellen der 80er und 90er Jahre. Da bei Interrent-Europcar auch viele Exemplare in der Vermietung liefen, waren die Zulassungszahlen relativ hoch, was sich heute noch im Gebrauchtmarkt widerspiegelt. Übrigens ist es möglich, die Kabine bei Bedarf auf ein neues Basisfahrzeug umzusetzen.
6. Schäfer Orion
Lieblings-Oldtimer von promobil-Redakteur Guido Kupper
Anfang der 60er hatte Ferdinand Schäfer schon einen Caravan aus GFK gebaut, den Suleica: selbsttragend, unschlagbar leicht und obendrein sehr gefällig. 1969 folgte ein Mobil gleicher Bauart: der Orion. Sein Erscheinen fiel in eine Zeit grenzenlosen Fortschrittsglaubens, sein Name stand gleichermaßen für den Aufbruch zu den Sternen und seine Rundungen waren noch geprägt von der Schwimmfähigkeit eines der Prototypen. Wie die Caravans trug sein Dach jene hinreißende Fenstergalerie, die es zum "Laternendach" adelte. Vier Schläfern und bis zu acht Mitreisenden bot der Orion Platz. Auf die erste Version auf VW- folgte eine zweite auf Hanomag-Basis. 1978 übernahm die Teutoburger Fahrzeug- und Gerätebau GmbH die Fertigung und brachte mit dem bis 1987 gebauten Orion 3 auf Mercedes-T1-Basis das letzte rollende Raumschiff in die Umlaufbahn.
7. Karmann Colorado
Lieblings-Oldtimer von promobil-Redakteurin Saskia Hörmann
Der Karmann Colorado war schon immer anders als andere Alkovenmobile. Was ihn so besonders macht, ist zum einen seine – wie ich finde – ästhetische Optik und die VW-Basis. Als Automobil- und Karosseriehersteller, der Karmann zur damaligen Zeit vor allem war, baute man den Colorado auf dem Pkw-ähnlichen T4. Die Nähe zum Autobau zeigte sich auch in der Konstruktion der Kabine, die weniger klassischer Aufbau als richtige Karosserie war. Alkoven, Dach und Heck wurden der geschmeidigeren Formgebung wegen aus Kunststoffteilen gefertigt. Während der erste seiner Art 1996 im westfälischen Rheine vom Band rollte, verlagerte sich die Produktion 2002 nach Übernahme durch Eura Mobil ins rheinhessische Sprendlingen. Erst 2003 endete die Produktion der ersten Colorado-Generation. Vom knuffigen Alkoven im Retro-Look gibt es also auch noch recht junge Exemplare.
8. Westfalia T3 Joker
Lieblings-Oldtimer von CAMPINGBUSSE-Boss Timo Großhans
Tapfer hegen und pflegen ihn seine Fans. Kämpfen gegen Rost und halten die alte Campingtechnik auf Trab. Besonders schön, wenn sonor der 2,1-Liter-Wasserboxer im Heck des T3 brummt. Als Joker 1 mit Aufstelldach und als Joker 2 mit Dach und Möbeln. Nummer 3 und 4 bekamen das charakteristische Hochdach. Die Inneneinrichtung leitete sich vom T2 Berliner ab. Ansonsten war die Ausstattung mit Gaskocher, Kühlschrank, Wassertank und Batterie vollständig. In etwas edlerer Ausstattung beim Ausbau, aber auch beim Basisfahrzeug gab es dann den Club Joker. Aus der Variante Sport Joker wurde der Multivan. 1988 erschien der VW California, eine günstigere Variante des Jokers. Auf T3 und T4 auch bei Westfalia gebaut, aber unter dem Label VW vertrieben, was letzten Endes das Aus für den alten Joker bedeutete. Bis heute ist der California aber jokerlike.
Vom herausfallenden Fenster auf der Autobahn zum Traummobil
Kontinuierlich größer wird auch die Gruppe derer, die sich aufgrund des geringeren Preises ein in die Jahre gekommenes Fahrzeug zulegen. Aber Vorsicht: Wer nicht selbst schraubt und schweißt, wird es ohne Werkstatt schwer haben, ein altes Reisemobil auf die Straße zu bringen und dort zu halten. Davon kann auch Barbara Rosenzweig ein langes Lied singen.
Auf der Suche nach der großen Freiheit überkam sie vor 14 Jahren der Wunsch nach einem Reisemobil. Bei Ebay-Kleinanzeigen wird die Bochumerin fündig und fährt an einem nassgrauen Freitag Ende Oktober nach Berlin, um sich ihren Traum von einem "Schuhkarton auf vier Rädern" zu erfüllen. Mit 3.000 Euro Cash in der Hand trifft sie am späten Abend in einem dunklen Hinterhof im tiefsten Wedding auf den Verkäufer.
"Mir haben richtig die Knie geschlottert vor Angst, es war stockfinster in diesem Hinterhof, und ich wollte einfach schnell weg – aber nur mit meinem Wunschmobil", erinnert sich Barbara. Was sie ersteht: ein Hymermobil Typ 540, Baujahr 1977, mit knapp 200.000 Kilometern auf der Uhr. "Schon am nächsten Morgen ist er nicht mehr angesprungen."
Sie kauft eine neue Batterie und macht sich sofort auf den Heimweg; groß ist die Sorge, mit dem Oldie liegenzubleiben. Obwohl ihr während der Fahrt ein Seitenfenster rausfällt, das sich mit viel Gaffa-Tape aber wieder fixieren lässt, und sie die letzten 150 Kilometer fast blind fährt, da die Scheinwerfer mehr den Himmel ausleuchten, als Licht auf die Straße zu werfen, erreicht sie dennoch am Abend Bochum – und ist trotz allem richtig glücklich. "Ich wusste, es wird eine große Liebe", erzählt Barbara und lacht verschmitzt.
Bei ihrem Mann stellt sich diese tiefe Zuneigung nicht so schnell ein, sind doch die folgenden neun Monate geprägt von umfassenden Restaurierungs- und Reparaturarbeiten. Denn rasch steht fest, dass die Rahmenkonstruktion des Aufbaus weitgehend durchgerostet ist. Gut 40 Meter Vierkant-Stahlrohr sind vonnöten, um nicht nur die Front wieder neu aufzubauen. Zum Glück für die Rosenzweigs ist immerhin der Unterboden in Ordnung. "Das ist eines der häufigsten Probleme bei alten Wohnmobilen, bei denen der Boden vielfach aus Holz besteht. Wenn hier Wasserschäden auftreten, kann es schnell teuer werden", weiß Uwe Nöfer, Chef der Auto- und Wohnmobil-Werkstatt UN Carservice in Bochum.
"Ein weiterer klassischer Einsteigerfehler ist, die Funktion der Gasgeräte und Elektroinstallationen nicht zu prüfen oder besser vom Fachmann prüfen zu lassen. Oft haben Vorbesitzer außerdem zusätzliche Installationen vorgenommen, was das Ganze verkompliziert. Um das alles auf den heutigen Standard zu bringen, können erhebliche Kosten entstehen. Gleiches gilt im Übrigen auch für Ersatzteile: Sie sind zum Teil sehr schlecht zu bekommen und wenn, dann mitunter ziemlich teuer", weiß der erfahrene Kfz-Meister. Bei der Suche kann eine Mitgliedschaft in einem Oldieclub Gold wert sein.
Und die Rosenzweigs? Für sie hat sich die viele Arbeit und die Investition Tausender Euros gelohnt; ihr Oldie wurde zum Schmuckstück und Stolz der beiden. Erst vor ein paar Monaten haben sie sich von "ihrer alten Dame" verabschiedet, nach 14 langen gemeinsamen Jahren. Während derer sich Achim Rosenzweig wieder und wieder die Hände schmutzig machte, denn irgendwas war immer kaputt. Dennoch kommt für beide ein aktuelles Fahrzeug nicht in Frage: Ihr Neuer ist ein Hymer B 644, 17 Jahre jung und ziemlich gut in Schuss. Wer also weder Mühen noch Kosten scheut, kann sich gerne auch von den folgenden Oldie-Lieblingen der promobil-Redaktion inspirieren lassen.
Der Weg zum Oldtimer-Kennzeichen
Als Oldtimer dürfen Fahrzeuge und Anhänger bezeichnet werden, die vor mindestens 30 Jahren erstmals in den Verkehr gebracht wurden, weitestgehend dem Originalzustand entsprechen, in einem guten Erhaltungszustand sind und zur Pflege des kraftfahrzeugtechnischen Kulturguts dienen (§ 2, Nr. 22 Fahrzeug-Zulassungsverordnung – FZV). Durch ein entsprechendes Gutachten (Kosten ca. 100 – 250 Euro) nach § 23 StVZO können diese als Oldtimer anerkannt und mit dem am 1. Januar 1997 eingeführten H-Kennzeichen kenntlich gemacht werden. Dieses ermöglicht Privilegien wie die freie Fahrt in Umweltzonen auch ohne grüne Plakette und eine deutlich reduzierte Kfz-Steuer (191,73 Euro/Jahr).
Es ist kein hochglanzpoliertes Museumsstück nötig, um ein positives Oldtimer-Gutachten zu bekommen. Auch reisetaugliche, angegraute Fahrzeuge können durchaus erhaltenswerte Kulturgüter sein. Wichtig ist den Prüfern von TÜV und Co. in erster Linie die Originalität. "Deshalb ist ein komplett umgebautes Armaturenbrett genauso tabu wie nicht zeitgenössisches Zubehör. Hingegen kann ein Selbstausbau grundsätzlich als Oldtimer anerkannt werden", erklärt Markus Tappert, Oldtimer-Experte des TÜV Süd, "solange der Umbau aus den ersten zehn Jahren nach der Zulassung stammt." Auch eine nachträglich oftmals geänderte Lackfarbe kann problematisch sein, jedoch urteilen die Prüfer hier meist weniger streng, solange nicht gerade eine Paintbrush-Lackierung auf der Originalfarbe prangt.
Zulassungszahlen von Oldtimer-Campingfahrzeugen
Reisemobile wiesen in der ersten Halbjahresbilanz 2020 als einziges Segment mit 38.714 Neuzulassungen (+9,5 Prozent) einen Zuwachs aus. Gleiches gilt für die Besitzumschreibungen in den ersten sechs Monaten: 41.533 entfielen auf Wohnmobile.
595.046 Kraftfahrzeuge (Kfz) und Kfz-Anhänger waren zum Stichtag 1. Januar 2020 in Deutschland als Oldtimer zugelassen. Dies ist ein Anstieg von +10,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Wieviele Reisemobil-Oldies allerdings darunter sind, wird leider nicht ermittelt. (Quelle: kba)