Beweist sich das spannende Bimobil-Fernreisemobil?
Mancher liebäugelt mit einem Wohnmobil, das auch abseits der Straße nicht gleich stecken bleibt. Mit dem Fernreisemobil auf Iveco Daily 4x4 kommt man erheblich weiter. Was kann es noch?
Eins vorweg: Für rund 380.000 Euro, die der Bimobil-Testwagen mit allen Extras kostet, bekommt man Reisemobile, die viel größer und komfortabler sind und sich obendrein auf der Straße deutlich besser fahren lassen.
Der EX 412 ist – nicht nur wegen des Preises – kein Produkt für die breite Masse, sondern ein Spezialist für Fernreisende, die in abgelegenen Gegenden unterwegs sein wollen und dafür auf allen Ebenen genügend Reserven brauchen. Das gilt natürlich für die Bordtechnik und den Stauraum, aber auch für den stabilen Aufbau und das Offroad-taugliche Basisfahrzeug. Wie schlägt sich das außergewöhnliche Wohnmobil im Test?
Bimobil EX 412
- Grundpreis ab: 272.620 Euro
- Länge/Breite/Höhe: 6,84/2,29/3,17 m
- Zul. Gesamtgewicht: 7000 kg
- Gurte/Schlafplätze: 4/2–3
Das Basisfahrzeug Iveco Daily 4x4
Der Iveco Daily 4x4, dem hier die tragende Rolle zukommt, ist im Bereich bis 7,5 Tonnen Gesamtgewicht nahezu konkurrenzlos, was die Kombination aus sehr guten Geländeeigenschaften und hoher Zuladekapazität anbelangt. Er bietet ein reichhaltiges Besteck an Offroad-Werkzeugen und hat dabei als Siebentonner – etwa beim vollausgestatteten Bimobil-Testwagen – noch üppige 1.790 Kilogramm Zuladung frei.
Dort, wo die Straße endet, scheint der Kühlergrill des Daily 4x4 vor Freude noch breiter zu grinsen. Über Schotterpisten wedelt er behände dahin, komfortabler sogar als auf Asphalt. Dort fallen die großen Räder schon mal polternd in ein Schlagloch.
Apropos Räder, allein für die geschmiedeten 20-Zoll-Alufelgen von Delta in Kombination mit den traktorhaften Reifen von Mileking, Format 37 × 13.50 R 20, ist ein Extraobolus von 16.500 Euro fällig. Auf Abwegen gefallen die groben Stollen mit guter Traktion.
So fährt sich das Offroad-Wohnmobil
Auf der Straße verlangt der so ausgestattete Daily 4x4 jedoch einen umsichtigen Fahrer. Lenkbefehle werden nur indirekt befolgt und besonders bei Nässe ist der Bremsweg lang. Geräuschkulisse und Vibrationen können lange Autobahnetappen zur Tortur werden lassen. Den einzigen Luxus bieten da die luftgefederten Sitze und die Achtgang-Automatik.
Letztere bewährt sich zusammen mit der 1:2,13-Untersetzung im Gelände, um sich im Schneckentempo kontrolliert und materialschonend voranzutasten. Zusätzlich stehen dem Offroad-Dirigenten auf seiner Klaviatur in der Mittelkonsole auch noch drei Differentialsperren zur Verfügung. Mitte – Heck – Front – lautet die empfohlene Reihenfolge der Aktivierung, wobei man sich letztere besser als Notnagel übrig lässt.
Sowohl Sperren als auch Untersetzung erst dann zu aktivieren, wenn es gar nicht mehr weitergeht, ist allerdings keine gute Taktik. Denn damit sie einrücken, ist oft ein bisschen Bewegung nötig, ein paar Meter vor- oder zurückrollen braucht es meist schon, bis die Kontrolllampe aufleuchtet.
Offroad-Einsatz und Besonderheiten
Vorausschauend fahren ist daher jenseits der Straße erste Pilotenpflicht – vorsorglich die Mittelsperre und gegebenenfalls die Untersetzung einzulegen ist kein Fehler. Ein weiteres Hilfsmittel in tiefem Sand und Schlamm ist das Absenken des Reifendrucks, dadurch erhalten die Pneus mehr Aufstandsfläche und mehr Grip.
Damit die Anpassung des Luftdrucks an die Pistenverhältnisse jederzeit möglich ist, findet sich im Heckstauraum ein Kompressor mit langen Schläuchen und Befüllpistole mit Manometer. So lassen sich alle vier Reifen bequem ablassen oder auffüllen.
Steckt man dennoch fest – trotz aller Hilfsmittel –, bleibt quasi als Rettungsanker noch die Seilwinde in der Frontstoßstange mit bis zu 5.400 Kilogramm Zugkraft. Alternativ oder unterstützend kann zudem mit den Sandblechen gearbeitet werden, die an einer Halterung auf der rechten Kabinenseite angebracht sind.
Die Halterung ist ein kleines Beispiel für die jahrzehntelange praktische Erfahrung der Bimobil-Mannschaft. Als Doppelnutzen lässt sie sich nämlich, samt Blechen, nach unten klappen und bildet damit eine Art Außentisch, um etwa darauf einen Gasgrill aufzubauen. Direkt darunter findet sich passenderweise eine Gasaußensteckdose.
Die Aufbautür zu öffnen, erfordert eine kräftige Hand. Dabei müssen zwei Schubriegel aus ihren Widerlagern oben und unten im Türrahmen gezogen werden. Fünf Stufen gilt es zu überwinden, um auf das hohe Fußbodenniveau zu klettern.
Das liegt nicht nur am hochbeinigen Fahrwerk, sondern auch am zusätzlichen Hilfsrahmen, der die stabil konstruierte Kabine trägt und über Gummipuffer mit dem Leiterrahmen verschraubt ist.
Ausbau und Gestaltung
Bimobil-Fans fühlen sich im Ausbau sofort wohl, denn der Ausbaustil mit hellem Ahorn-Furnier und -Massivholz sowie Türen-und-Klappen-Füllungen aus Alu-Panelen hat sich seit Jahrzehnten kaum verändert. Es wirkt freundlich-hell und zugleich zeitlos.
Während sich das Heckbett durch Fenster auf drei Seiten und im Dach lichtdurchflutet präsentiert, wirkt der vordere Gang dagegen etwas finster. Hier wünschte man sich eine zusätzliche Dachhaube oder -fenster. Die nützliche Ventilator-Dachhaube über der Küche lässt wegen der matten Kuppel kaum Licht herein.
Die Kunststein-Arbeitsplatte mit großer Fläche zum Schnippeln verführt geradezu zum Kochlöffelschwingen. Reichlich Stauraum in den solide gefertigten Schubladen gibt es zudem. Mit dem Zweiflammen-Kocher kommt man zurecht; ob die 109 Liter Volumen des Kompressorkühlschranks reichen, ist eine individuelle Frage.
Dinette mit aufklappbarer Seitenwand
Doch der EX 412 ist ohnehin vor allem für zwei Personen konzipiert, die es sich auf der Dinette gegenüber bequem machen können. Eine Bimobil-Spezialität macht den Aufenthalt dort zum besonderen Erlebnis: Die Seitenwand lässt sich großflächig aufklappen, so dass man fast schon im Freien sitzt und im Idealfall ein tolles Panorama genießen kann.
Aber auch mit geschlossener Klappe kann sich der Ausblick sehen lassen durch die hochwertigen KCT-Fenster mit Sicherheits-Echtglas – mit gut 25.000 Euro der größte Aufpreisposten des Testwagens.
Tauglich für drei oder vier Personen wird die Sitzgruppe erst durch Hochklappen der gangseitigen Verlängerungen. Zwei optionale Beckengurte stehen zudem auf der vorderen Bank bereit. Der Umbau der Sitzgruppe zum Bett ergibt nur für einen Reisenden ein passables Nachtlager.
Bequemes Heckbett und Dusche vor dem Fahrerhaus
Deutlich bequemer schläft es sich im 2,13 Meter langen Heckdoppelbett. Der Ein- und Ausstieg erfordert allerdings etwas Kraxelei. Eine ausklappbare Stufe würde den nächtlichen Toilettengang deutlich erleichtern. Mit 1,35 Meter ist die Liegefläche nicht allzu breit. Inzwischen wird der EX 412 jedoch mit verlängerter Kabine gebaut (siehe Foto unten), was dem Bett sieben Zentimeter mehr beschert.
Der Gang nach vorn zum Fahrerhaus dient gleichzeitig als großzügige Duschkabine. Die Bodenwanne ist aus solidem Edelstahlblech gefertigt. Da der Abwassertank allerdings auf gleichem Niveau im Sitzgruppenpodest lagert, ist für den Wasserabzug eine Bilgenpumpe nötig, die etwas lärmig und auch nicht rückstandsfrei die Wanne leert. Das Bad daneben ist funktional eingerichtet, hat ein Fenster, ein großes Waschbecken, eine Trenntoilette und reichlich Stauraum.
Stauraum im Alkoven
Apropos Stauraum: Über der abschließbaren Tür zum Fahrerhaus gibt es eine Klappe, die Zugang zum sogenannten Staualkoven schafft. Der Fahrerhausüberbau ist nicht zum Schlafen gedacht, sondern beherbergt ein ziemlich großes Staufach, das gerade für lange Reisen den nötigen Extra-Gepäckraum bietet. Außerdem gibt es einen üppigen Kleiderschrank, zwei Sitztruhen, zwei Bettkastenfächer, neun Hängeschränke und einen Heckstauraum mit zwei Zugängen.
Das fiel am Bimobil EX 412 auf
Abmessungen und Aufbau
Daten und Messwerte
- Auf- und Ausbau: Sandwich-Bauweise, Alurohr-Verstärkungen, außen Alu, innen GFK, Dach/Boden GFK, Isoliermaterial Wand/Dach/Boden XPS/XPS/XPS, Wandstärke Wand/Dach/Boden 45/45/70 mm, kein Doppelboden, 7 Sicherheitsglas-Isolierfenster mit Alu-Rahmen, 2 Dachhauben (1 x Ventilator), 1 Panorama-Dachfenster.
- Bordtechnik: Diesel-Gebläseheizung/Boiler Truma Combi D 6, 9 Ausströmer (Staualkoven, Bad, Dusche, vorderer Gang, 2 x Sitzgruppe, hinterer Gang, 2 x Heckstauraum), Wasseranlage: Frisch-/Abwasserschläuche, Druckpumpe.
- Basisfahrzeug: Iveco Daily 4x4, Leiterrahmen, Allradantrieb, Vierzylinder-Turbodiesel, Hubraum 2998 cm3, Leistung 129 kW/176 PS bei 3500/min, Drehmoment 430 Nm bei 1600/min, Achtgang-Automatikgetriebe, Untersetzung (1 : 2,13).
- Fahrleistungen: Beschleunigung 0–50/80/100 km/h 8,1/19,8/37,7 s; Wiederbeschleunigung (Automatik) 60–80/100 km/h 7,3/20,6 s; 80–100 km/h 13,4 s; Testverbrauch 18,6 L/100 km.
Preise und Ausstattung
Grundpreis: 272.620 Euro
(Iveco Daily 4x4, Motor 129 kW/176 PS mit TÜV und Zulassungsbescheinigung II)
Testwagenpreis: 379.746 Euro
✘ 176-PS-Motor/Achtgang-Automatik/Untersetzung/ Differenzialsperren Front/Mitte/Heck Serie
✘ 20"-Alufelgen mit AT-Bereifung ✔ 16.500 Euro
✘ 200-L-Dieseltank/Seilwinde, 5,4 t ✔ 5.358/3.350 Euro
✘ 2 x 110-Ah-LFP-Batt./3 x 130-W-Solaranlage 3.752/4.749 Euro
✘ KCT-Sicherheits-Echtglasfenster ✔ 25.276 Euro
✘ Große Seitenklappe/gr. Dachfenster ✔ 2.483/1.560 Euro
✘ Sandbleche m. Halter/Kompressoranlage ✔ 846/1.487 Euro
✘ 2 x Beckengurte/Zweitwasserversorgung 1.366/444 Euro
(✘ im Testwagen enthalten; ✔ empfehlenswert)
Wertung
maximal 5 Punkte möglich/ Teilintegrierte über 75.000 Euro
- Wohnen: 3,6 Punkte
- Beladen: 4,2 Punkte
- Technik: 4,0 Punkte
- Fahren: 2,0 Punkte
- Preise und Service: 2,0 Punkte