Geschirr aus Emaille, Melamin, Silikon oder Bambus?

Geschirr braucht jeder! Aber welches? Für Teller, Tassen, Pfannen und Wasserkessel haben sich vier Werkstoffe etabliert. Melamin, Bambus, Silikon oder Emaille – wir haben sie alle einer intensiven Materialprüfung unterzogen.
28.05.2018: Die EU sagt dem Plastikmüll den Kampf an und will Plastikgeschirr und -besteck verbieten. Weltweit soll der Plastikmüll reduziert werden, da im Jahr Millionen Tonnen in den Weltmeeren landet. Neben dem Einweggeschirr sollen auch Strohalme, Wattestäbchen, Luftballons und ähnliches verboten werden. Das entsprechende Maßnahmenpaket soll noch an diesem Montag in Brüssel vorgestellt werden.
Mit den CARAVANING-Tipps solltet ihr allerdings keine Probleme in Sachen Geschirr bekommen. Wir Camper nutzen da lieber Teller und Tassen aus Melamin, Bambus, Silikon oder Emaille. Wir geben euch einen Überblick.
Welche Materialien gibt es?
Geschirr wird meist gekauft, weil es gefällt. Darum verzichten wir auf einen Vergleich von Geschirrsets gleichen Materials, sondern betrachten stattdessen die gängigsten Materialien, aus denen Campinggeschirr gefertigt wird.
Neben Melamin findet sich in den Regalen des Camping-Fachhandels auch Geschirr aus Bambus und Emaille. Aus Silikon werden nicht nur faltbare Tassen, sondern auch Wasserkessel gefertigt. Und bei Pfannen haben Caravaner die Wahl zwischen Edelstahl und Aluminium.
Doch worin unterscheiden sich die Materialien? Und wie sehr ähneln die Eigenschaften des Campinggeschirrs jenem von zu Hause? Mit einer Reihe verschiedener Praxisversuche haben wir dem Ess- und Kochgeschirr auf den Zahn gefühlt. Dazu haben wir beispielhaft ein Produkt aus jedem der genannten Materialien in Augenschein genommen und seine Materialeigenschaften in diversen Versuchen ermittelt.
Geschirr aus Emaille
Bei Emaille zeigen sich die Stärken und Schwächen in den unterschiedlichen Produktkategorien recht deutlich. Während der Teller die Stabilitäts-Prüfung ansehnlich übersteht, fällt die Tasse insbesondere durch ihre hohe Wärmeleitfähigkeit negativ auf. Der Henkel wird bei frisch aufgekochtem Teewasser fast 50 Grad heiß und lässt sich erst nach einigen Minuten schmerzfrei greifen. Optik und Haptik überzeugen, denn die emaillierte Oberfläche kommt Keramik sehr nahe.
Geschirr aus Melamin
Melamin kommt unter den meisten Aspekten sehr nah an haushaltsübliche Keramik heran bzw. übertrifft sie in Sachen Gewicht und Bruchfestigkeit sogar. Das ist für Camper ideal. Je schwerer, also auch dickwandiger das Geschirr ist, desto stabiler ist es in der Regel. An den Lippen fühlt sich die Melamin-Tasse fast wie Porzellan an.
Kein Wunder, dass Melamin-Campinggeschirr seit vielen Jahren zum meistverkauften gehört. Und stabil ist der Kunststoff obendrein, wie sich beim Härtetest mit den Tellern zeigt. Da Melaminharz selbst farblos ist, werden Farben und Dekore oberflächlich aufgebracht. Nachteil: Das Dekor nutzt sich mit der Zeit ab. Auf die Funktion hat das aber keinen Einfluss.
Damit das Geschirr noch stärker an Porzellan bzw. Steingut erinnert, wird die Oberfläche einiger Sets bearbeitet. Bei Brunner nennt sich diese Geschirrserie "Stone Touch", auch andere Anbieter wie Eurotrail oder Gimex haben Produkte dieser Art im Sortiment.
Geschirr aus ABS-Kunststoff
Ein dem Melamin ähnliches Material ist der ABS-Kunststoff Resylin. Dieser wird von Brunner für die Henkelbecher der Serie "Hot Mug" verwendet. Wesentlicher Unterschied ist seine hohe Hitzebeständigkeit von bis zu 90 Grad. Melamin dagegen sollte nie über einen längeren Zeitraum mehr als 70 Grad ausgesetzt werden. Denn dann können sich gesundheitsschädliche Stoffe lösen. Nur für den Temperaturtest der Tassen haben wir aus Gründen der Vergleichbarkeit für alle Materialien kochendes Wasser benutzt, es aber nicht getrunken.
Campinggeschirr aus Bambus
Bambus zeigt ähnliche Eigenschaften wie Melamin. In der Hand und an den Lippen fühlt es sich aber rauer und holziger an. Das ist nicht unangenehm, erinnert aber weniger an das Geschirr von zu Hause. Beim Abspülen hat die Bambus-Tasse überrascht. Eigentlich liegt die Vermutung nahe, dass sich Teerückstände in dem offenporigen Material hartnäckig festsetzen. Letztlich zeigt die Innenwand aber nach dem händischen Abspülen weniger Rückstände als das Produkt aus Melamin.
Als Bambusgeschirr vor einigen Jahren neu auf den Markt drängte, bewarben es zahlreiche Anbieter als umweltfreundliche Alternative zu Melamin. Widerlegt wurde der Öko-Aspekt schon vor Jahren. Zu groß sind die Anteile an Melamin und Formaldehyd, Bambusfasern kommen teilweise nur als Füllmaterial zum Einsatz. Sogar der baden-württembergische Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Peter Hauk, hat sich dem Geschirr angenommen. "Der Verbraucher wird vom Handel und auf den jeweiligen Internetseiten nicht klar und eindeutig darüber informiert, dass ein wesentlicher Anteil des Bambus-Geschirrs aus Kunststoff besteht", verkündete er Ende 2017 und fordert seitdem strengere Vorgaben für eine korrekte Kennzeichnung der Produkte.
Andere Materialien wie Glaslaminat
Interessant für Camper sind auch die Teller und Tassen der amerikanischen Firma Corelle. Obwohl sie aus Glas gefertigt werden, sollen sie resistent gegen Bruch sein. Möglich ist das durch ein dreilagiges Glaslaminat. Corelle-Geschirr ist mikrowellen-, frost- und spülmaschinensicher. Leider waren Testmuster weder über den Hersteller noch über den Handel zu organisieren.
Unabhängig vom Material geben namhafte Hersteller Hinweise zur richtigen Pflege ihres Geschirrs. Entweder sind Piktogramme angebracht oder der Verpackung liegt ein Zettel mit Informationen zum bestimmungsgemäßen Gebrauch bei. Denn in die Mikrowelle darf Campinggeschirr nicht und der Abwasch in der Spülmaschine muss im Schongang erfolgen.
Bei Wasserkesseln und Pfannen sind andere Eigenschaften relevant. Bei ihnen kommt es in erster Linie darauf an, wie schnell und, speziell bei den Pfannen, gleichmäßig sie ihren Inhalt erhitzen. Nach einigen Minuten auf der Flamme zeigt sich: Der faltbare Silikon-Kessel spart nicht nur Platz, sondern auch Gas.
Und nur eine Pfanne aus dem Campingbedarf wird gleichmäßiger heiß als das Pendant aus dem Haushalt. Alle Ergebnisse zu den Materialversuchen finden Sie zusammengefasst in den einzelnen Infokästen.
Eigenschaften der Materialien
Melamin
- Zusammensetzung: Zusammen mit Formaldehyd wird das geruchs- und geschmacklose Melaminpulver zu Melaminharz verarbeitet. Unter Druck und Hitze entstehen harte, formstabile Kunststoffteile.
- Eigenschaften: Bei Temperaturen bis zu 70 Grad ist das Material unbedenklich. Höheren Temperaturen sollte man Melamingeschirr nur kurzzeitig aussetzen. Durch Hitze sowie salzige, säure- oder fetthaltige Lebensmittel können sich Stoffe lösen und über die Speisen in den Körper gelangen. In der Mikrowelle hat Melamingeschirr nichts zu suchen.
- Pflegehinweise: Spülmaschine: Ja; Mikrowelle: Nein.
Bambus
- Zusammensetzung: Neben Bambusfasern finden sich Melamin, in einigen Fällen auch Harnstoff-Formaldehyd-Harze und Polylactate in Bambusgeschirr.
- Eigenschaften: Durch den hohen Anteil an Kunststoffen ist Bambusgeschirr nicht recycelbar und muss verbrannt werden.
- Pflegehinweise: Spülmaschine: Ja; Mikrowelle: Nein.
Silikon
- Zusammensetzung: Hauptbestandteil ist lebensmittelechter Silikonkautschuk. An einigen Stellen des Geschirrs finden sich Elemente aus Edelstahl.
- Eigenschaften: Hohe Hitzebeständigkeit bis zu 200 Grad. Daher werden auch Backformen und Pfannenwender aus Silikon hergestellt. Geschirr aus Silikon ist bruchfest und kann dank seiner elastischen Form zusammengefaltet werden.
- Pflegehinweise: Spülmaschine: Ja; Mikrowelle: Nein.
Emaille
- Zusammensetzung: Ein Edelstahlkern wird mit einem Schmelzgemisch aus Silikaten, Boraten und diversen Fluoriden überzogen.
- Eigenschaften: Emailliertes Geschirr weist eine glatte Oberfläche ähnlich wie bei Keramik auf. Das Material wirkt zwar metallisch, rostet aber nicht. Wenn die Emailleschicht eines Tages absplittert, sollte das Geschirr nicht mehr verwendet werden.
- Pflegehinweise: Spülmaschine: Ja; Mikrowelle: Nein.
Welches Material für Tassen, Teller oder Wasserkocher?
Tassen
Warm halten, ohne Wärme zu leiten: Bei Tassen kommt es auf die Temperatur an. Und auch Teeränder sind nicht zu unterschätzen.
Selbst bei frisch aufgebrühten Getränken sollte sich eine Tasse noch anfassen lassen. Darum maßen wir die Temperaturen an Korpus und Henkel. Im Testfeld: Tassen aus Bambus, Melamin und Silikon der Firma Outwell sowie eine Emaille-Tasse von GSI. Letztere leitet so viel Wärme an den Henkel, dass man ihn erst nach einigen Minuten greifen kann. Die Silikontasse isoliert den Henkel zwar deutlich besser, allerdings ist Vorsicht bei den heißen Edelstahlelementen geboten. Die Getränketemperatur indes fällt bei allen Tassen ähnlich schnell ab. Nach einer Stunde ist der Tee noch etwa 40 Grad warm. Teeränder vermeidet ausschließlich Silikon. Bei Melamin können die dunklen Ringe kaum noch beseitigt werden. Bambus und Emaille erfordern kräftiges Scheuern.
Teller
Vier Materialien und ein Anspruch: möglichst schnittfest sein. Wir haben mit der Stahlbürste die Probe aufs Exempel gemacht.
Für den Tellertest orderten wir Produktmuster aus Bambus und Melamin von Gimex. Da diese keine Emaillewaren führt, ergänzten wir das Testfeld um ein Produkt von GSI und einen handelsüblichen Porzellanteller. Die Fragestellung lautet: Wie gut sind die Teller gegen Schnitte gewappnet? Denn während eines Tellerlebens muss die Oberfläche zahlreiche Messerattacken erdulden. Diese simulierten wir mit Hilfe einer Ständerbohrmaschine mit Rundbürste. 20 Minuten lang bearbeiteten wir jedes der vier Testmuster unter gleichbleibendem Druck von etwa 4500 Gramm. Damit die Teller durch die Schleifbewegungen nicht überhitzten, wurden sie regelmäßig mit Wasser benetzt. Unter dem Mikroskop zeigen sich anschließend unterschiedlich starke Abnutzungsspuren. Nur das Haushaltsprodukt aus Porzellan scheint von der Drahtbürste vollkommen unbeeindruckt – ist für Caravaner aber deutlich zu schwer und zu zerbrechlich.
Wasserkessel
Silikon oder Edelstahl: In welchem kocht das Wasser schneller?
Ob für Tee oder Kaffee: Ein Kessel soll das Wasser möglichst schnell zum Kochen bringen und dadurch möglichst wenig Gas verbrauchen. Mit einem haushaltsüblichen Wasserkessel dauert dies im Caravan etwas mehr als zehn Minuten. Effektiver sind dagegen die beiden getesteten Produkte aus dem Fachhandel. Jeweils einen Liter haben wir aufgekocht und mit dem Falt-Wasserkessel aus Silikon (Fassungsvermögen 1,2 Liter) weniger als acht Minuten gewartet. Der größere (2,5 Liter Füllmenge) Kessel aus Edelstahl benötigte knappe neun Minuten. Kleines Manko am Silikon-Produkt: Der seitlich überstehende Griff wird auf dem Gasherd spürbar wärmer als der nach oben ragende Griff am Edelstahl-Wasserkessel.
Pfannen
Aluminium und Edelstahl: In einer guten Pfanne wird das Essen gleichmäßig heiß. Aber auch pflegeleicht sollten Pfannen sein.
GSI stellte für diesen Versuch eine Pfanne aus Aluminium und ein Modell aus einer Kombination von Edelstahl und Aluminium zur Verfügung. Beide Modelle sind mit abriebsfestem Teflon beschichtet. Für den Versuch bedeckten wir den Boden jeder Pfanne mit Puderzucker und beobachteten, wie dieser karamellisierte. Das gleichmäßigste Ergebnis zeigte die etwas leichtere Aluminiumpfanne. Während die "Gourmet Frypan" zwar in der Mitte schnell heiß wird, erwärmen sich die Ränder nur langsam. Auch die Haushaltspfanne zeigte deutliche Mengen von nicht karamellisiertem Zucker – obwohl sie speziell für die Verwendung auf Gasherden vorgesehen ist. Das Abspülen geht mit den matten Pfannen am einfachsten von der Hand, da keine Schlieren zu sehen sind. Die klappbaren Griffe sind ein Vorteil für beide GSI-Pfannen.