Ab in die Walachei

Stimmen die Vorurteile gegenüber der Walachei? Die Realität ist anders.
Die Region aus dem Sprichwort "das ist doch in der Walachei" liegt in Südrumänien. Rumänien? Das Land gehört nicht gerade zu den klassischen Zielen einer Campingreise – sollte es vielleicht aber. Denn das Land überrascht und ist auf seine Weise wunderschön.
Als wir über Ungarn am Grenzübergang Nadlac nach Rumänien einreisen, haben wir noch etwas gemischte Gefühle. Keine Ängstlichkeit, aber eine gesunde Portion Vorsicht, jedoch vor allem Neugierde auf das Neue und Unbekannte. Viele der Häuser in den Dörfern links und rechts des Weges wirken ziemlich heruntergekommen, und der zu erwartende Ostblockcharme ist auch nicht zu übersehen. Bis hierhin liegen Vorurteile und Realität nicht sonderlich weit auseinander, unbeschrankte Bahnübergänge und tiefe Schlaglöcher inklusive. Das ändert sich auch nicht, als wir uns auf die Suche nach dem kleinen, auf einem privaten Grundstück angelegten Campingplatz Route Roemenie in der Nähe der Stadt Arad machen.
Trotz vorhandener GPS-Koordinaten gestaltet sich das Auffinden des Platzes ein bisschen schwierig. Im Schritttempo irren wir durch das dörflich, ärmlich anmutende Viertel. Straßenbelag? Fehlanzeige. Eine vor einer Hütte sitzende Gruppe von Männern wird auf uns aufmerksam, sie lächeln und winken uns freundlich herbei. Englisch? Negativ, aber mit Händen und Füßen erklären sie uns, wie wir zu dem gesuchten Platz kommen.
Mit Erfolg: Nur zwei Straßenecken weiter stehen wir vor einem Eisentor mit kleinem Campingplatz.ymbol und werden freundlich hereingelassen. Im großen Garten des Grundstückes, nebst Wohnhaus, können wir uns auf der schönen Wiese einen beliebigen Platz aussuchen – herrlich.
Ehrlich und gastfreundlich
Diese ersten Eindrücke werden für uns ein Sinnbild für Rumänien. Ja, es ist ein armes Land, nach Bulgarien das ärmste der EU. Und als Reisender muss man sicher auch Abstriche machen, aber dafür ist es ein ehrliches Land, mit unglaublich gastfreundlichen Menschen und beeindruckenden Landschaften. Rumänien ist touristisch bisher noch nicht überlaufen und daher erfreulich authentisch. Das macht die Reise für uns umso interessanter und liebenswerter.
Viele herzliche Begegnungen runden unsere Eindrücke ab. Beispielsweise mit Dan und seiner Frau Isabella in Harman. Die beiden lebten lange Zeit in Deutschland, ehe sie zurück in ihre Heimat gingen und sich seitdem als Burgwächter um die dortige Kirchenburg kümmern. In dem ummauerten Pfarrgarten eröffneten sie einen kleinen Campingplatz. Der Clou: Jeder Gast bekommt sein eigenes, top modernes, kleines Badezimmer zugewiesen. Damit man sich wie zu Hause fühlt, wie Dan uns erklärt. Ein Service, den wir in keinem der anderen 14 bereisten Länder so erfahren haben und im Anbetracht unserer Vorurteile auch niemals in Rumänien erwartet hätten. Aber genau das macht die kleinen, privat geführten Campingplätze aus: Sie werden meist sehr liebevoll und mit viel Engagement betrieben.
Natürlich ist man als CamperIn auch ein Stück weit auf den Straßen zu Hause. Und wie eingangs erwähnt, ist die Infrastruktur Rumäniens vielerorts noch nicht weit fortgeschritten. Es gibt einige wenige moderne Autobahnabschnitte. Unsere bevorzugte Route liegt jedoch auf dem in die Jahre gekommenen Asphalt einspuriger Landstraßen. Anfangs müssen wir uns dort an die oft ziemlich rasante Fahrweise der Einheimischen und den unebenen Straßenbelag gewöhnen.
Belohnt werden wir entlang unseres Weges beispielsweise mit unzähligen Storchennestern und tollen Straßenständen. Es scheint beinahe nichts zu geben, was man nicht am Straßenrand günstig kaufen kann. Von frischem Fisch, selbst gebrannten Spirituosen über schmackhaftes Obst und Gemüse bis hin zu dem rumänischen Brotaufstrich Zacusca. So leckere Tomaten, Paprika und Gurken haben wir noch nirgends gegessen. Deswegen unser Tipp: Unbedingt an den Ständen und kleinen Märkten entlang des Weges anhalten und die Vorräte aufstocken. Übrigens sind die lokalen Backwaren zwar spannend, aber wegen der Sprachbarrieren stellt sich so manches süß geglaubte Teilchen beim Hineinbeißen als ein herzhaftes, salziges Käsegebäck heraus.
Wunderschöne Natur weit und breit
Rumänien kann vor allem in Sachen Natur, Sehenswürdigkeiten und schönen Städten punkten, besonders Transsilvanien, eine Region in der Mitte des Landes, haben wir sofort in unser Herz geschlossen. Hier kämpft sich unser 32 Jahre alter Bulli namens Dorphine die wunderschöne Hochstraße, die Transfãgãrãsan, bis auf 2.000 Meter Höhe hinauf und wir uns auf zahlreichen Wanderungen durch atemberaubende Schluchten.
In der Bergregion Parcul Natural Bucegi halten wir beim Wildcampen Ausschau nach frei lebenden Bären. Zwar bleibt uns eine Bekanntschaft mit Meister Petz verwehrt, dafür ist der Spot und die phänomenale Aussicht aber umso schöner. Und dann ist da natürlich noch die bezaubernde Stadt Sibiu, auf Deutsch Hermannstadt, samt ihres Shabby-Chics, die uns vollends in ihren Bann zieht. Wow, was für eine Region.
Aber es lohnt sich auch ein Abstecher in andere Gebiete; für Naturliebhaber ist beispielsweise das Biosphärenreservat und landschaftlich faszinierende Weltkulturerbe des Donaudeltas ein Muss. Wir übernachten dort auf einem familiär geführten Campingplatz und machen mit dem ortskundigen Betreiber des Platzes eine Bootstour in die einzigartige Flusslandschaft samt ihrer Vogelwelt. Die Schwarzmeerküste hingegen ist leider meist sehr zugebaut und überlaufen, jedoch finden sich auch hier schöne und entlegene Plätze für Wohnmobile, sofern man auch längere, holprige Anfahrtswege nicht scheut.
Nicht alles ist perfekt
Zu unseren Eindrücken zählt aber auch, dass vielerorts Müll entlang der Straßen liegt und öffentlich zugängliche Sanitäranlagen praktisch nicht vorhanden sind. Weswegen die spärlichen Fastfoodketten für uns zu willkommenen Toiletten-Stopps werden. Was es jedoch an fast jeder Ecke gibt, sind Geldautomaten, denn Bargeldzahlungen sind noch immer weit verbreitet. Entgegen vieler Vorurteile sind die Straßenhunde, die wir sehen, zu unserer Freude größtenteils gut genährt. Aus Gesprächen mit Einheimischen erfahren wir, dass sich gerade auch in den ländlichen Gebieten vermehrt Menschen um streunende Hunde kümmern. Nur an das nächtliche Gebell müssen wir uns mancherorts doch etwas gewöhnen.
Auf jeden Fall wollen wir den immer wieder gehörten Gerüchten entgegentreten, dass man sich in Rumänien als Camper nicht wirklich sicher fühlen kann. Wir haben uns zu absolut keinem Zeitpunkt unsicher oder unwohl gefühlt, weder beim Übernachten außerhalb von Campingplätzen, noch beim Erkunden und Spazieren durch die abgelegenen und ärmlicheren Teile des Landes.
Im Gegenteil: Die Gastfreundlichkeit, Herzlichkeit und Hilfsbereitschaft der Rumänen ist großartig, und wir fühlten uns immer willkommen. Wer neugierig auf Neues ist und keine Scheu vor der Fremde hat, sollte Rumänien definitiv auf seine Reiseliste setzen. Wir haben es als facettenreiches Land kennengelernt, das obendrein auch noch die Reisekasse schont. Also am besten selbst losfahren, sich vor Ort ein eigenes Bild machen und das eine oder andere Vorurteil persönlich gegenchecken.
Campingplatz-Tipps Rumänien./strong>
1. Camping De Oude Walnoot Str. Delnitei, nr. 15N, 407405 Mihai Viteazu
2. Kirchenburg Cristian 47 Strada IV, 557085 Cristian (Grossau)
3. Camping De Oude Wilg DJ105D, 557070 Cârta
4. Kirchenburg Honigberg 5 Pietii, 507085 Hărman
5. Camping Delta 2 DJ222C, 827150 Murighiol