Alltagstauglicher Campingbus mit Kinderkrankheiten

Der Plan: Drei Wochen Crosscamp Life-Praxistest in Südfrankreich. Die Realität: Mit Blick auf die App des Auswärtigen Amtes der Sonne hinterher. Das Ergebnis: Zweieinhalb Wochen Camping mit überraschenden Erkenntnissen in Italien.
Ja, ja, wegen Corona ist dieses Jahr alles anders; die Antwort auf alle Fragen im Jahr 2020. Okay, nicht ganz alle. Denn dass Chris und ich einen Crosscamp Life testen, war einige Woche im Voraus geplant und hat funktioniert. Je näher die Fahrzeugübergabe aber kam, desto höher stiegen die Infektionszahlen für Frankreich. Nichts mit Surfen lernen am Atlantik. Planlos in Richtung Sonne ist die Devise, um überhaupt noch ein bisschen Urlaub im Warmen genießen zu können. Es geht also gen Italien.
Wohin mit dem Gepäck?
Vorm Start heißt es: Campingbus packen. Überraschenderweise stellt uns zwei erfahrene Camper der Crosscamp Life vor eine kleine Herausforderung. Und das, obwohl wir bereits früher mit Wohnmobilen im Bulli-Format unterwegs waren. Im Kern ist der Ausbau des Crosscamp typisch Kompaktcamper: Schlafsitzbank, Küchenzeile links, dahinter eine Kühlbox und ein hoher seitlicher Heckschrank. Es fehlen aber Stauraumlösungen, die bei so kompakten Fahrzeugen einen echten Unterschied machen, wie etwa platzsparende Campingstuhlhalterungen an der Heckklappe, die Stauraum im Kofferraum sparen würden.
Insgesamt ist die größte Challenge die Küchenzeile. Damit diese herausnehm- und außerhalb nutzbar ist, beherbergt sie eine 2,8-Kilo-Gasflasche und je einen 10-Liter-Frisch- und Grauwasserkanister. Übrig bleiben zwei Schubladen als Stauraum, wovon die unter dem Spülbecken aufgrund des Abflusses nur teilweise genutzt werden kann. Unser Geschirr wandert schließlich in den schmalen Dachschrank über der Sitzbank.
Den seitlichen Stauraum nutzen wir als Kleidungschrank, er ist immerhin platzmäßig mit dem im VW California vergleichbar. Der Crosscamp ist mit einem Campingtisch für die Küchenzeile ausgestattet. Dieser hat eine praktische Halterung im Kofferraum. Von uns kommen zwei Campingstühle, eine Kiste mit Kabeltrommel & Co. sowie eine Schuhtasche dazu. Ablagen für Kleinteile suchen wir vergeblich, die aufpreispflichtige Fenstertasche (126 Euro) ist daher eine dringende Empfehlung. Wünschenswert wäre außerdem eine Schublade unterhalb der Schlafsitzbank. Ab der neuen Saison bietet Crosscamp übrigens ein optionales Gepäcknetz.
Positive Fahreindrücke mit geringem Verbrauch
Nach dem "Tetris-Spiel" mit dem Gepäck kann es endlich losgehen. Der Tempomat des Crosscamp Life macht uns die lange Fahrt bequem. Der aufpreispflichtige 144 PS-Motor ist dabei genau richtig, um uns über die Alpen bis ans Mittelmeer und weiter in den Süden zu bringen. Das Schaltgetriebe übersetzt gut und das Fahrwerk ist komfortabel. Allerdings fällt auf, dass die Pilotensitze nur eine Mittelarmlehne haben, die zweite an der Tür fehlt. Die Armablage in der Türverkleidung ist Chris und mir einen Tick zu hoch und so droht der abgelegte Arm bei längerer Fahrt einzuschlafen. Positiv: Der Möbelbau ist während der Fahrt nicht zu hören.
Das Navi, Teil des Comfort-Pakets (2.999 Euro), leitet uns hingegen zielsicher nach und durch Italien und die Parksensoren sowie die Rückfahrkamera sind in engen Gassen eine große Hilfe. Im Schnitt schluckt der Crosscamp während dieser Reise übrigens zwischen 8,2 und 8,5 Liter auf 100 Kilometer.
Unterwegs in Italien stehen Chris und ich immer wieder vor geschlossenen Campingplätzen. Ob Corona- oder Nachsaison-bedingt ist nicht erkennbar. Die geöffneten Plätze sind dafür umso besser besucht. Nach zwei Tagen Anreise ergattern wir mit Glück einen der letzten Stellplätze auf dem Camping International Nube d'Argento in Sorrento, einem Ort auf der kampanischen Landzunge südlich von Neapel.
Praktische Küche mit Abstrichen
Wir versuchen – auch wenn es bei dem Pasta-, Pizza- und Eiscreme-Angebot schwerfällt – möglichst wenig außerhalb Essen zu gehen und wegen der Pandemie Abstand zu wahren. Die 16-Liter-Kühlbox (699 Euro) neben der Küchenzeile ist zwar für einen Kompaktcamper eher klein, reicht für zwei Leute aber gut aus.
Praktisch und ebenso ausreichend für einige Tage Kochen, Abwaschen und gegebenenfalls Zähneputzen sind die 10-Liter-Kanister für Frisch- und Abwasser. Küchenschranktür auf und man sieht direkt wie viel Wasser noch vorhanden – und wie dreckig das Grauwasser ist; wartungs- und praxisfreundlich, denn die Kanister lassen sich leicht entnehmen.
Der serienmäßige Campingtisch wird an der theoretisch ausbaubaren Küchenzeile eingehängt. Während wir noch einen zweiten zweiten Tisch mitnehmen mussten, können sich zukünftige Crosscamp-Besitzer freuen: Laut Hersteller steht das dritte Tischbein kurz vor der Serienreife.
Der Gasabsperrsensor bevormundet uns
Der Zweiflammkocher lässt sich dank elektronischer Zündung einfach einschalten. Die 2,8-Kilo-Gasflasche liefert zuverlässig während des Urlaubs Brennstoff zum Kochen. Für uns sind zwei Herdplatten ausreichend.
Damit man das Kochfeld betreiben kann, müssen beim Crosscamp Life das Aufstelldach aufgestellt und das Dachbett hochgeschupst sein. Denn: Am Fußende des Aufstelldachs hat der Hersteller einen zusätzlichen Schalter für das Gasabsperrventil installiert. Er soll sicherstellen, dass beim Kochen immer genug Luft im Fahrzeug ist. Im Küchenblock ist bereits ein Gasabsperrventil samt -schalter vorhanden.
In der Praxis auf der Durchreise stört diese zusätzliche Sicherheitsvorkehrung, da man nicht schnell mal eben am Straßenrand einen Kaffee aufsetzen kann, sondern immer erst das Dach komplett öffnen und vor der Weiterfahrt wieder schließen muss. In anderen kompakten Campingbussen, wie etwa dem VW California, ist Kochen mit geschlossenem Dach übrigens ohne Probleme möglich.
Außenküche nur gegen Aufpreis
Das "Draußen-Kochen" können wir mit dem Crosscamp-Testwagen nur simulieren, indem wir die serienmäßige, zweite Schiebetür öffnen. Um den Küchenblock wirklich draußen neben dem Fahrzeug betreiben zu können, braucht es außerdem das aufpreispflichtige Outdoor-Kit (259 Euro) beim Crosscamp Life. Übrigens: Dass man die Küchen draußen nutzen darf, hängt auch von der Zulassungsart ab. Sprich, ob das Fahrzeug, wie unser Testwagen, als Wohnmobil oder als Mehrzweckfahrzeug zugelassen ist.
Die offene Schiebetür an der Küchenzeile sorgt immerhin dafür, dass Essensgerüche schnell "rausgelüftet" werden. Außerdem ist die Ausbaumöglichkeit des Küchenblocks auch ein klarer Pluspunkt für die Nutzung des Crosscamp Life als Alltagsfahrzeug, im Vergleich zu anderen Bussen mit fest eingebauter Möbelzeilen.
Anfang Oktober ist das Wetter in Kampanien perfekt mit 20 bis 25 Grad und wir entscheiden uns mehr als eine Woche in Sorrento zu bleiben. Chris und ich gehen schnorcheln, erkunden unter anderem die Ruinen von Pompei, wandern entlang des Pfads der Götter und sind auf Capri und in Sorrento auf den Spuren von Sophia Loren unterwegs, die in dieser Ecke Italiens Kultstatus hat.
Bettgeschichten
Ereignisreiche Tage machen müde. Eigentlich wollten wir in dem Urlaub auf der umklappbaren, aber auch ganz ausbaubaren Schlafsitzbank übernachten. Deren Führungsschienen sind wuchtig, tief und eine echte Schmutzfalle. Verschieben und Umlegen funktioniert aber einfach und schnell. Zum Bettenbau müssen wir die Kopfstützen der Bank jedes Mal entfernen. Sie beanspruchen weiteren Stauraum.
Morgens sind Chris und ich immer früh wach, denn der Crosscamp-Testwagen hat serienmäßig keine Verdunklungsmatten für die Fenster. Da das Auto aber mit einer abdunkelnden Wärmeschutzverglasung im Heck ausgestattet ist, ist immerhin für einen gewissen Sicht- und Lichtschutz gesorgt.
Nach zwei Nächten meldet sich mein Rücken: Als Ursache vermuten wir die Ungleichmäßigkeit der Liegefläche, etwa den Übergang zwischen der nicht unterfederten Bettverlängerung im Heck und der Schlafsitzbank, sowie die Aussparung für die Gurtschlösser. Ein Matratzen-Topper wäre sicher hilfreich, den bietet Crosscamp nur als Sonderausstattung (279 Euro).
Aber zum Glück steht ja noch ein zweites Bett zur Auswahl, deshalb schlafen wir den Rest des Urlaubs im Aufstelldach. Das ist mit einer dünnen, aber durchgehenden Matratze und Tellerunterfederung ausgestattet. Der Zeltbalg des Dachs hat drei Fenster, zwei mit Gaze zur Belüftung, eines mit Folie. Bei gutem Wetter lässt sich der Balg vorne auch komplett öffnen und gibt eine schöne Panorama-Aussicht frei.
Das Aufstelldach bezieht Crosscamp übrigens vom Dachspezialisten SCA. Praktische Verschlüsse sorgen für einfaches Ver- und Entriegeln des Dachs in Fahrstellung. Damit auch kleinere Menschen das Aufstelldach einfach herunterziehen können, hat Crosscamp das Dach an höchster Stelle mit einer breitem Griffstange ausgestattet. Ist das Dach geöffnet, hängt sie herunter. Das bedeutet aber auch, jeden Abend Kopfstoßgefahr beim Raufklettern ins Dachbett. Auch wenn die Stange alternativ noch zum Trocknen von Handtüchern genutzt werden kann, wären Zurrschlaufen praktikabler.
Licht und Strom
Abends sorgen im Dach zwei aufpreispflichtige Leseleuchten (159 Euro) für Licht, sie sind außerdem mit USB-Buchsen zum Handyladen ausgestattet. Der Wohnraum ist mit vier unabhängig voneinander ansteuerbaren LED-Leisten beleuchtet. Praktisch: Sie lassen sich in der Halterung leicht drehen um das Licht gezielt auszurichten. Unpraktisch: Sie sind an der Unterseite des Dachbetts befestigt. Bei aufgestelltem Bett – um im Wohnraum Stehhöhe zu haben -, hängen die LED-Leisten allerdings dann oben unterm Dach. Gerade an der Küchenzeile wäre darum für abends eine tiefer angebrachte Lichtquelle zur direkten Beleuchtung wünschenswert. Ab Modelljahr 2021 wird es hier durchgehende, dimmbare Lichtleisten geben.
Serienmäßig ist unser Crosscamp Life mit einer 95-Ah-Bordbatterie ausgestattet. Ein paar Tage ohne Landstromanschluss kann man so gut überbrücken und dabei Kühlbox und Licht ohne Bedenken nutzen. Unweit vom Bedienpanel befindet sich eine 230-Volt-Steckdose, eine weitere ist am Heckschrank zu finden. Zusätzlich gibt es eine 12-Volt-Dose unten an der Rückseite der Fahrersitzkonsole.
Bevor Chris und ich uns auf den Rückweg nach Norden machen, fahren wir noch die Panoramastraße SS163 entlang der Amalfi-Küste. Sie ist tagsüber für klassische Reisemobile gesperrt und soll zur Hochsaison wegen des hohen Verkehrsaufkommens teilweise nur im Schritttempo befahrbar sein. Unser Crosscamp Life geht optisch als Pkw durch und wir genießen zum Abschluss auf der Strada Statale ohne Verkehrschaos einen unvergleichbaren Blick auf das Mittemeer und die an der Steilküste klebenden Küstenorte. Trotz oder vielleicht gerade wegen Corona geht so ein unvergesslicher Campingurlaub an einer der schönsten, italienischen Küsten zu Ende. Der Crosscamp Life war uns, trotz manch kleiner Ärgernisse, dabei ein vielseitig nutzbares Basislager.
Vor- und Nachteile des Crosscamp Life
(+) Gutes Fahrgefühl, ordentlicher Fahrkomfort und ausreichende Motorisierung(+) Praktische Tischhalterung im Heck(+) Einfaches und sicheres Verschließen des Aufstelldachs(+) Angemessene Kühlschrankkapazität(+) Schneller Zugang zu Gas und Wasser(+) Herausnehmbarer Küchenblock für den Alltagsgebrauch(+)/(-) Vier ausrichtbare LED-Lichtleisten mit nicht optimaler Platzierung(-) Knappes Stauraumangebot(-) Verdunklungsblenden für Fenster aufpreispflichtig(-) Betrieb des Gasherds nur mit aufgestelltem Dach möglich(-) Unebene Liegefläche auf der umgeklappten Schlafsitzbank(-) Tisch nur einhängt am Küchenblock nutzbar(-) Sehr breite Bodenschienen, in denen sich viel Schmutz sammelt
Crosscamp Life (2021)
Seit 2020 bietet Crosscamp seinen Kompakt-Campingbus neben der Version auf Toyota Proace (ab 43.999 Euro) auf Basis des hier getesteten Opel Zafira Life.
Basisfahrzeug: Opel Zafira Life 2.0 L mit 110 kW (144 PS) und 6-Gang-Schaltgetriebe Maximales Gesamtgewicht: 2780 kg (Serie), 3.100 kg (mit 2-Liter-Motor) Zuladung: 780 Kilogramm Sitz-/Schlafplätze: 4/4 Bettmaß: 1,90 x 0,95-1,05 Meter (unten), 1,86 x 1,05 Meter (oben) Länge/Breite/Höhe: 4,95/2,01/1,99 Meter Grundpreis: 45.999 Euro (19% Mehrwertsteuer) zzgl. TÜV/Zulassungsbescheinigung (175 Euro) Testwagenpreis: 61.050 Euro
Serienausstattung (Auszug): 120-PS-Motor, 17-Zoll-Stahlräder, ESP + ABS, Tagfahrlicht, Hillholder, Start-Stop-Automatik, Sitzheizung für Fahrer- und Beifahrersitz, Tempomat, Opel-Assistenz-Paket 1 und 2, Panorama-View-Aufstelldach, beidseitig Schiebetüren, herausnehmbare Schlafsitzbank mit Isofix und Bettverlängerung im Heck, Heckstauschränke, Frisch- und Abwasserkanister (jeweils 10 Liter), drehbare Vordersitze
Sonderausstattung: 144-PS-Variante mit erhöhter Zuladung (2.799 Euro), Standheizung (2.199 Euro), Schwanenhalsleuchten mit USB-Anschluss (159 Euro), Comfort Paket mit Night Paket (u.a. 180-Grad-Panorama-Rückfahrkamera, Parkpilot, Head-up-Display, Tote-Winkel-Assistent, Multimedia-Navi mit Opel Connect; 2.999 Euro), Night-Paket (Außenspiegel, Seitenschutzleiste und Aufstelldach in Schwarz; 1.149 Euro), Markise (899 Euro), festeingebaute Kühlbox im Heckschrank (699 Euro)