So viel wird täglich für die Camper getan

Wie ist es, dort zu arbeiten, wo andere Urlaub machen? CARAVANING hat einen Tag auf dem Wirthshof mitgemacht und festgestellt, dass für den entspannten Urlaub hinter den Kulissen hart geackert werden muss.
- Vielfältige Angebote
- Sauberkeit
- Organisatorische Aufgaben
- Wellness, Spiele & Wartung
- Gutes Essen & freundlicher Empfang
- Über das Unternehmen
Endlich Urlaub! Nur noch schnell den Caravan gepackt und ab geht’s zum Campingplatz. Ausspannen, Sorgen vergessen, Seele baumeln lassen – wenn das doch nur immer so weiter gehen könnte. Beneidenswert, wer hier jeden Tag verbringen darf – oder? Arbeiten, wo andere Urlaub machen, klingt erst mal paradiesisch, aber ist es das auch?
Wir wollten es genau wissen und haben einen Tag auf dem Camping Wirthshof in Markdorf in der Nähe des Bodensees verbracht und sehr schnell festgestellt: Damit die Gäste eine unbeschwerte Zeit verbringen, muss hinter den Kulissen ordentlich angepackt werden.
Wie viel Schweiß und Herzblut tatsächlich nötig sind, damit der Laden läuft, bekommt der Gast oft nicht mit – auch wenn klar sein dürfte: Einen Campingplatz zu betreiben bedeutet weit mehr als Geld kassieren und Brötchen verteilen.
Vielfältiges Angebot
Apropos Brötchen: Die gehören natürlich auch dazu. Das merkt man auch im Hofladen auf dem Wirthshof, wo sich die Gäste schon um acht die Klinke in die Hand geben und ihre vorgepackten Brötchentüten abholen. Wer es ein bisschen feudaler mag, geht zum Frühstück ins Hotel, das ebenfalls zum Campingplatz gehört. Für 12,50 Euro darf man sich hier nach Voranmeldung am Buffet bedienen. Wenn sich die ersten Gäste auf der Terrasse niederlassen, ist Susanne Wenk bereits seit Stunden im Einsatz. Die gelernte Hotelfachfrau leitet den Frühstücksservice und kümmert sich gleichermaßen um Gäste und Kulinarisches.
Der Wirthshof ist für die fröhliche 39-jährige der erste Campingplatz in ihrer Laufbahn, zuvor war sie meist in Hotels angestellt. Auf die Frage, ob Campinggäste anders als Hotelgäste ticken, winkt sie lachend ab: „Eigentlich nicht – aber die Camper sind schon ein besonders nettes Volk!“ – sagt’s und flitzt mit ihrem Tablett zum nächsten Tisch, um Kaffee zu servieren und Bestellungen für Eierspeisen entgegenzunehmen. Auf dem Weg in die Küche vertraut sie uns an: „Es macht mir einfach großen Spaß, Gastgeberin zu sein – wenn die Gäste zufrieden sind, bin ich es auch.“
Zur Zufriedenheit der Gäste trägt auch das kostenlose Sportprogramm bei, bei dem man sich die Kalorien vom Frühstück wieder abtrainieren kann.
Die meisten Kurse gibt Katja Eberle. Die diplomierte Sportwissenschaftlerin bietet von Yoga über Rückenschule bis zu Young-Go alles an. Young-Go? Was nach fernöstlicher Kampfkunst klingt, entpuppt sich als schweißtreibendes Ganzkörpertraining. Bei einer Schnupperstunde erklärt Katja – die inzwischen zum Du übergegangen ist – die Basics dieser Trainingsart.
Wir treffen uns auf einer Wiese am Rand des Campingplatzes unter einem riesigen Nussbaum. „Knie nicht durchdrücken, Arme locker schwingen lassen“, erklärt Katja, als wir im Gänsemarsch um den Baum herummarschieren. Das Granulat in den hantelähnlichen Young-Go-Gewichten raschelt im Takt unserer Schritte. „Stell dir vor, du würdest dich mit einem Stock wie beim Langlauf abstoßen“ – schon klappt es besser mit der richtigen Körperhaltung.
Die Sportkurse sind öffentlich – ein kluger Schachzug, denn die zahlenden Externen kommen das ganze Jahr über und tragen so auch in der Nebensaison zur Finanzierung des Angebots bei. Und das ist reichhaltig: Neben den Sportkursen kann man auch an geführten Radtouren und Kräuterwanderungen teilnehmen oder sich mit Traktor und Anhänger durch die Bodenseelandschaft kutschieren lassen. Die Gäste in Bewegung zu bringen ist Katja Eberle ein Anliegen. Eins ist ihr dabei besonders wichtig: „Wir wollen Urlaub mit der Familie anbieten, nicht von der Familie.“
Zuständige Mitarbeiterinnen
Name: Susanne WenkAlter: 39 JahreFunktion: Leiterin FrühstücksserviceAufgabe: Frühstücksbuffet vorbereiten, Gäste betreuen, Service, Nachbestellung der Lebensmittel.Werdegang: gelernte Hotelfachfrau, Weiterbildung Betriebswirtschaft (Abschluss: Betriebswirtin), Stationen bei verschiedenen Restaurants, seit Februar 2018 auf dem Wirthshof.
Name: Katja EberleAlter: 41 JahreFunktion: Leiterin des AktivbereichsAufgabe: Menschen in Bewegung bringen, Konzeption der Themenwochen und des Kursplans, Leitung der Sportstunden, Durchführung von Kräuterwanderungen und anderen Aktiv-Angeboten.Werdegang: Sportstudium mit Abschluss Diplom-Sportwissenschaftlerin. Tätigkeit auf dem Campingplatz schon während des Studiums, Schwerpunkt ist Gesundheitssport. Diverse Trainerschein-Fortbildungen: Rückenschule, Pilates, Beckenboden, Faszientraining, Funktionelles Training etc.
Sauberkeit an oberster Stelle
Wen es nach den Sportstunden zu den Duschen zieht, hat die Wahl zwischen zwei gepflegten Sanitärgebäuden. Über die wacht Andrea Hübschle, die Hausdame des Wirthshofs. Die resolute 51-jährige betreut die Reinigungskräfte und die Hausmeister, insgesamt 15 Festangestellte. Die Hauswirtschaftsmeisterin legt viel Wert auf hygienische Zustände und hat diesbezüglich viele gute Ideen. So wurden beispielsweise alle Handtuch- und Seifenspender mit Sensoren ausgestattet.
Wichtig ist ihr auch der Kontakt zu den Gästen, deren Lob und Kritik sie gerne entgegennimmt. Eine Maßnahme schildert sie so: „Trotz mehrfacher täglicher Reinigung der Sanitärhäuser äußerten Gäste immer wieder Kritik an der Sauberkeit. Daraufhin haben wir veranlasst, dass den ganzen Tag über eine Reinigungskraft in jedem Sanitärhaus anwesend ist, seitdem sind die Reklamationen stark zurückgegangen.“
Ein typischer Arbeitstag von Andrea Hübschle führt sie mehrmals täglich über das ganze Campingplatzgelände: Kontrollgänge in den Sanitärhäusern und im Hotel, Absprechen mit den Hausmeistern – die Hausdame ist stets mit ihrem kleinen Golfwagen auf Achse. Neben viel Organisatorischem packt sie aber auch selbst mit an, mäht auch mal den Rasen. „Mir ist wichtig, dass ich den Kontakt zu den Mitarbeitern nicht verliere, denn die wollen ebenso gepflegt werden wie die Gäste.“
Bei allem Enthusiasmus für ihre Arbeit gibt es aber auch unschöne Seiten. Ob mutwillig verstopfter Chemie-WC-Ausguss oder Gäste, denen der Unterschied zwischen Dusche und Toilette nicht geläufig ist: Zimperlich darf man in ihrem Job nicht sein.
Name: Andrea HübschleAlter: 51 JahreFunktion: HausdameAufgabe: Koordination der Reinigungskräfte und der Hausmeister, verantwortlich für die Sanitäranlagen. Ansprechpartnerin für Gäste. Arbeitsstrukturen schaffen und Abläufe überwachen.Werdegang: 2008 Abschluss Hauswirtschaftsmeisterin, Leitung eines Pflegeheims mit 45 Mitarbeitern bis 2015. Seit 2017 auf dem Wirthshof tätig.
Organisatorische Aufgaben
Davon bekommen die Gäste an diesem warmen Sommertag freilich nicht viel mit. Die ziehen lieber im Pool ihre Bahnen oder genießen in den Liegestühlen die Sonne. Damit das Badevergnügen auch ein solches bleibt, muss jeden Tag die Wasserqualität gecheckt werden. Für Claudius Wirth, den 32-jährigen Geschäftsführer des Wirthshofs, ist das morgens um halb acht der Auftakt zu seinem Arbeitstag. Neben den organisatorischen Tätigkeiten gehört auch viel Praktisches zu seinem Beruf: Hausmeistertätigkeiten, Dienst an der Rezeption, Wartung der Technik – „eigentlich bin ich Mädchen für alles“, gibt er grinsend zu Protokoll.
Besonderes Augenmerk legt er momentan auf die Personalstruktur des Betriebs, denn in den letzten Jahren wurde sie enorm aufgestockt: Inzwischen arbeiten 61 Angestellte auf dem Wirthshof, davon 38 in Vollzeit, 13 in Teilzeit, der Rest sind Minijobber. Obwohl der Campingplatz ein Saisongeschäft ist und im Winter einen Monat geschlossen hat, haben alle Mitarbeiter unbefristete Arbeitsverträge – keine Selbstverständlichkeit. Bei einem Rundgang über den Platz zeigt uns Claudius Wirth sein nächstes Projekt: Die Standard-Stellplätze sollen renoviert und vergrößert werden. Alle paar Meter grüßt Wirth Gäste mit Namen, man merkt: Das hier ist ganz seine Welt. Kein Wunder, schließlich ist er hier mit seinen drei Geschwistern aufgewachsen. „Das war einfach super!“, schwelgt er in Erinnerungen.
Zuständiger Mitarbeiter
Name: Claudius WirthAlter: 32 JahreFunktion: GeschäftsführerAufgabe: Organisation und Management, Arbeitsstrukturen schaffen und Zukunft planen, Personal betreuen, Rezeption, Hausmeister, „Mädchen für alles“.Werdegang: Assistent Gesundheitstourismus, Ausbildung zum Kaufmann für Tourismus und Freizeit auf einem Campingplatz in Lindau, den letzten Teil der Ausbildung auf dem Wirthshof absolviert. Gegenwärtig berufsbegleitendes Bachelorstudium Tourismusmanagement.
Wellness, Spiele, Wartung
Ebenfalls auf dem Wirthshof groß geworden ist die Schwester von Claudius Wirth, Stefanie. Sie ist für die Abteilung „Beauty Spa“ verantwortlich. Neben einer Wellnesslandschaft mit diversen Saunen, Kältebecken und Ruheraum sind vor allem die Beauty-Anwendungen ein Publikumsmagnet. „Wir haben Gäste, die nur wegen der Anwendungen auf den Platz oder ins Hotel kommen“, sagt Stefanie Wirth. Der Schwerpunkt der 38jährigen liegt auf Naturkosmetik, momentan bildet sie sich auch noch zur Kräuterfachfrau weiter.
In der Beauty-Abteilung arbeiten vier Frauen und ein Mann, das Angebot reicht von Pediküre über Gesichtsbehandlungen bis zu Massagen und Körperpackungen. Das spricht vor allem das weibliche Geschlecht an, wie die 38-jährige erzählt: „Oft ist es so, dass die Mütter endlich mal frei machen dürfen, während die Väter auf die Kinder aufpassen.“
Dass es den Kindern auf dem Wirthshof nicht langweilig wird, dafür sorgen von der Spielscheuer für Schlechtwetter-Tage über einen großen Sportplatz mit Fußballtoren bis zur fantasievoll gestalteten Spielburg samt Sandkasten viele Einrichtungen.
Um die Wartung der Spielanlagen kümmern sich die vier Hausmeister des Betriebs. Deren Chef Sven Mohr zeigt uns den Bauhof; er liegt am südlichen Ende des Platzes etwas versteckt hinter hohen Bäumen. Verschiedenste Maschinen warten hier auf ihren Einsatz: Vom Traktor über einen Bagger bis hin zum Rasenmäher bleibt hier kein Männerwunsch unerfüllt. Beeindruckend auch die gut sortierte Werkstatt, in der es offenbar nichts gibt, was es nicht gibt. Mohr erklärt: „Wir können hier eigentlich so gut wie alles selbst machen, externe Handwerker brauchen wir nur in Ausnahmefällen.“
Ob Probleme mit der Elektrik, den Sanitärgebäuden oder die Pflege der Grünanlagen: Als Hausmeister muss man auf einem Campingplatz ein Allrounder sein. Besonders gefällt Mohr an seinem Job, dass er viel mit den Gästen in Kontakt kommt und ihnen bei kleineren Problemchen auch mal helfen kann. Ein Bürojob wäre nichts für den zupackenden 31-jährigen: „Ich will mit den Händen arbeiten und nicht den ganzen Tag am PC sitzen.“
Zuständige Mitarbeiter
Name: Stefanie WirthAlter: 38 JahreFunktion: Leiterin Beauty SpaAufgabe: Behandlung von Gästen, Konzeption des Angebots und der Gesundheitswochen, managen der Dienst- und Urlaubspläne, Bestellung der Pflegeprodukte.Werdegang: gelernte Zahnarzthelferin, Besuch der Kosmetikfachschule, Weiterbildung unter anderem zur Dr.-Hauschka-Naturkosmetikerin, momentan Weiterbildung zur Kräuterfachfrau.
Name: Sven MohrAlter: 31 JahreFunktion: Leiter HausmeisterserviceAufgabe: Grünschnitt, Sanitärhäuser warten, Müll einsammeln und wegfahren, Kontrollgänge, Wandalismusschäden beheben.Werdegang: gelernter Elektriker und Bäcker, diverse Stationen bei Lager und Logistik, Servicetechniker für Küchengeräte bei Expert in Überlingen, seit August 2018 auf dem Wirthshof tätig.
Gutes Essen und freundlicher Empfang
So geht es auch Andreas Wirth, der mit seinem Bruder Claudius als Geschäftsführer des Betriebs fungiert. In erster Linie ist der gelernte Koch allerdings für das Restaurant zuständig, in der Betriebsamkeit der Küche fühlt er sich am wohlsten. Vom Trubel der Abendstunden ist jetzt am Nachmittag, als wir durch die Küche geführt werden, noch nichts zu spüren. Ein Mitarbeiter presst Spätzle in einen Topf kochendes Wasser, ansonsten ist es noch sehr ruhig.
Das wird sich aber bald ändern, denn da das neu eröffnete Restaurant bisher nur abends auf hat, müssen an manchen Tagen innerhalb von zwei bis drei Stunden bis zu 275 Gerichte ausgegeben werden – da muss jeder Handgriff sitzen. Andreas Wirth setzt bei der Speisekarte auf regionale Küche mit einem asiatischen Einschlag.
In der Hauptsaison kommt da ganz schön was zusammen: 100 Salatköpfe, zwölf Schweinerücken, acht Rinderrücken, sieben Putenbrüste, 400 Eier und 300 Maultaschen werden pro Woche gebraucht. In Zukunft soll das noch gesteigert werden, denn das nächste Projekt heißt Küche vergrößern, mehr Köche einstellen und das Restaurant auch tagsüber öffnen – um den Gästen noch mehr zu bieten. Die wissen das zu würdigen und kommen gerne wieder, nicht nur ins Restaurant, sondern auch auf den Campingplatz. Den ersten Kontakt bei der Buchung und den letzten beim Auschecken haben die Gäste mit Alina Pasquale und ihren Kolleginnen an der Rezeption.
Außer um die Buchungen kümmert sich Pasquale auch um das Freizeitprogramm für Kinder und ist Ansprechpartnerin für die Gäste. „Wichtig ist der richtige Umgang mit Kritik seitens der Gäste. Sie müssen das Gefühl haben, dass sie gehört werden und dass auch etwas passiert“, erklärt sie uns einen wichtigen Teil ihrer Arbeit. Jede Anmerkung und Kritik der Gäste von der kaputten Glühbirne bis zur defekten Dusch-Armatur wird ins Hausmeisterbuch geschrieben und gewissenhaft abgearbeitet.
Gelobt wird natürlich auch – und das ist auch angebracht, schließlich sorgen die Mitarbeiter Tag für Tag dafür, dass die Camper eine schöne Zeit haben. Arbeiten, wo andere Urlaub machen – auf dem Wirthshof ist das für viele ihr Traumjob.
Zuständige Mitarbeiter
Name: Andreas WirthAlter: 30 JahreFunktion: Geschäftsführer, Leiter Restaurant, KüchenchefAufgabe: Kochen, Speisekarte erstellen, Einkauf, Konzeption des kulinarischen Angebots.Werdegang: gelernter Koch, Ausbildung im Seehotel in Meersburg, Küchenchef im Laubheimer Hof, Zwischenstation in einem weiteren Restaurant, seit 2016 auf dem Wirthshof tätig.
Name: Alina PasqualeAlter: 21 JahreFunktion: RezeptionistinAufgabe: Ein- und Auschecken der Gäste, Buchungen vornehmen, Ansprechpartner für die Gäste, erstellen des Freizeitprogramms, Miarbeit beim Kinderprogramm, Aushelfen beim Frühstücksservice.Werdegang: absolviert momentan ein duales Bachelor-Studium für BWL-Tourismus mit Schwerpunkt Freizeitwirtschaft, Dauer: drei Jahre. Abschluss: voraussichtlich 2019. Danach möchte sie auf dem Wirthshof arbeiten.
Das Unternehmen
Die Geschichte des Camping Wirthshof nimmt 1969 mit einer schlechten Obsternte ihren Anfang. Hildegard und Bernhard Wirth, Campingfans und gerade zurück von einem Urlaub am Plattensee, entscheiden sich, eine Wiese hinter ihrem Bauernhof zum Campingplatz auszubauen.
Von Anfang an war das Unternehmen ein Familienbetrieb, inzwischen wird er in dritter Generation von den vier Geschwistern Katja Eberle sowie Stefanie, Claudius und Andreas Wirth geführt. Seniorchefin ist ihre Mutter Maria Wirth. Der Platz verfügt über 260 Touristen- und 100 Dauercamper-Plätze. 2019 feiert der Wirthshof seinen 50. Geburtstag. Für das Jubiläumsjahr plant die Familie Wirth einen größeren Neubau. Entstehen soll ab Herbst 2019 ein Bungalowpark mit individuell gestalteten Bio-Holzhäusern. www.wirthshof.de