Warum China einen Berg sprengt und keinen Tunnel gräbt

Ein Tunnel wäre der Standardweg gewesen. Doch für den Zugang zur künftigen höchsten Brücke der Welt wählte China eine radikale Lösung: Der Berg wurde aufgesprengt. Das spart Jahre an Bauzeit, reduziert Kosten und liefert ein spektakuläres Beispiel für geotechnisch mutige Planung.
In der Provinz Guizhou entsteht mit der Huajiang-Schlucht-Brücke ein Bauwerk der Superlative: 625 Meter hoch, fast drei Kilometer lang und technisch auf dem neuesten Stand. Doch besonders spektakulär ist nicht nur die Brücke selbst, sondern der Weg dorthin – statt unter dem Berg hindurchzubohren, haben Chinas Ingenieure entschieden, den Berg teilweise zu sprengen und eine offene Trasse anzulegen. Ein Blick auf die technischen, geologischen und logistischen Hintergründe.
Der direkte Weg zur höchsten Brücke der Welt
Mit ihrer geplanten Höhe von 625 Metern wird die Huajiang-Schlucht-Brücke künftig die höchste Brücke der Welt sein – rund 60 Meter höher als der bisherige Rekordhalter, die Beipanjiang-Brücke. Die gewaltige Konstruktion überspannt eine tief eingeschnittene Schlucht und verbindet zwei Hochplateaus. Während bei vergleichbaren Projekten oft Tunnel eingesetzt werden, um Zufahrten anzulegen, entschieden sich die Bauleiter hier für eine andere Strategie: Sprengung statt Tunnelbau.
Die Brücke misst 2.890 Meter in der Gesamtlänge und hat eine Hauptspannweite von 1.420 Metern – vergleichbar mit der Golden Gate Bridge. Der offene Straßenzugang wurde geschaffen, indem ein Teil des Bergrückens abgetragen wurde. Das spart nicht nur Bauzeit, sondern reduziert auch die Kosten erheblich. Tunnelbau kann sich über Jahre ziehen und erfordert komplexe Belüftungs- und Sicherheitssysteme – all das entfällt bei einer offenen Trasse.
Geologische und logistische Vorteile
Das Gebiet besteht überwiegend aus Kalkstein, der sich gut sprengen lässt und gleichzeitig stabile Felswände für den Straßenbau bietet.
- Bauzeit: Sprengung und Räumung sind in Wochen abgeschlossen, Tunnelbau braucht Jahre.
- Logistik: Großgeräte und Bauteile können ohne enge Tunnelzufahrten angeliefert werden.
- Wartung: Offene Trassen lassen sich leichter inspizieren und instand halten.
- Sicherheit: Keine Brand- oder Belüftungsprobleme wie in Tunneln.
Nutzen für die Region
Die Brücke ist Teil der neuen Autobahn zwischen Liupanshui und Anshun. Für die Bevölkerung bedeutet sie eine drastische Verkürzung der Fahrzeit über die Schlucht – von über einer Stunde auf nur wenige Minuten. Zudem schafft die offene Zufahrt Raum für potenzielle Aussichtspunkte und touristische Haltepunkte, die in einem Tunnel nicht möglich wären.
Ein sichtbares Statement
Der freigelegte Straßenabschnitt ist so breit wie ein Fußballfeld und führt in direkter Sichtachse auf das Brückenbauwerk zu. Für Bauingenieure ist das ein Paradebeispiel für geotechnisch fundierte und wirtschaftlich effiziente Planung – für Reisende ein spektakulärer Anblick, der den technischen Ehrgeiz Chinas unterstreicht.