Wie fit sind die Basisfahrzeuge?

Ein Wohnmobil aus zweiter Hand erleichtert den Einstieg. Doch worauf muss man beim Kauf achten? Wir haben uns typische Basisfahrzeuge angesehen und nennen wichtige Ergebnisse des Gebrauchtwagenreports von Dekra.
Sucht ihr gerade ein Wohnmobil oder einen Campingbus aus zweiter Hand, gilt es nicht zuletzt auf eine gesunde Fahrzeugtechnik zu achten. Defekte an der Basis können ähnlich hohe Werkstattkosten nach sich ziehen wie etwa Schäden am Aufbau. Bei ausgebauten Campingbussen hat das Basisfahrzeug einen noch höheren Stellenwert. Andererseits halten gepflegte Kastenwagen und Fahrgestelle sehr lange. Als Transporter gebaut, sind sie auf ein hartes Arbeitsleben ausgelegt. Wie gut sie es meistern, zeigt der aktuelle Dekra-Gebrauchtwagenreport.
Er gibt wichtige Hinweise auf möglicherweise typische Schwächen von geschäftlich genutzten Transportern und hilft dadurch ebenso beim Gebrauchtkauf eines Campingmobils. Der jährlich veröffentlichte Report basiert auf den Resultaten der Hauptuntersuchung in Dekra-Stationen. Dabei fließen nur Mängel in die Statistik ein, die für die Beurteilung der Fahrzeugtechnik relevant sind. Mängel, für die typischerweise der Halter verantwortlich ist, spielen dagegen keine Rolle. Für die aktuelle Ausgabe wurden insgesamt 15 Millionen Hauptuntersuchungen aus zwei Jahren erfasst. Dennoch sind nicht alle Modelle im Dekra-Report vertreten. Die Ergebnisse werden nämlich nur ausgewertet, wenn in einer von Dekra definierten Laufleistungsklasse mindestens 1000 Fahrzeuge untersucht wurden; es geht hier also um populäre Modelle.
Die markantesten Punkte des Dekra-Berichts sowie Praxiserfahrungen sind in die Bewertung eingeflossen.
Ford Transit Custom (ab 2012)
Fakten und Technik Die meisten Gebrauchten haben den 2,2-Liter-Diesel mit 125 oder 155 PS unter der Haube, Letzterer ist die bessere Wahl, weil das Schaltgetriebe sehr lang übersetzt ist und die 125-PS-Version daher schlapp wirkt. Ab Sommer 2016 wird der 2,0-Liter-Ecoblue-Diesel eingesetzt, der ab 130 PS empfehlenswert ist, besonders mit Automatik.
Darauf muss man achten Bei der Hauptuntersuchung zählt der Transit Custom zu den Musterknaben. Nur eine erhöhte Anzahl an beschädigten Frontscheiben und überdurchschnittlich viele defekte Bremsleuchten werden beanstandet. In der Praxis nerven manchmal andere Dinge: ein unzureichender Wasserablauf im Motorraum oder kleinere Verarbeitungsmängel bei frühen Modellen.
Campingmobile Beliebt ist der Transit Custom vor allem als Nugget von Westfalia, dessen Grundriss die breite Karosserie gut ausnutzt.
Mercedes Vito/Viano (2003–2014)
Fakten und Technik Durch den Heckantrieb setzten sich der Vito und die Pkw-Version Viano von den Mitbewerbern ab. Ungewöhnlich ist auch das Angebot von drei Karosserielängen sowie eines V6-Motors. Häufiger trifft man auf Vierzylinder-Diesel mit 150 oder – nach dem Facelift 2010 – 163 PS.
Darauf muss man achten Dekra-Prüfern ist insbesondere bei Fahrzeugen mit niedriger Laufleistung öfter Ölverlust am Differenzial aufgefallen. Beim Blick unters Auto sollten Käufer außerdem nach Federbrüchen und losen Auspuffanlagen Ausschau halten. Besonders die vor 2010 gebauten Modelle fallen durch Rost an der Karosserie auf. Betroffen sind vor allem die Türen und die Seitenteile im Bereich der Schutzleisten. Während das Schaltgetriebe schon einmal etwas schwergängig sein kann, ist die (Wandler-)Automatik rundum empfehlenswert.
Campingmobile Über Mercedes-Händler wurde der Marco Polo verkauft, doch es finden sich auch weniger bekannte Alternativen.
Renault Trafic/Opel Vivaro (2001–2014)
Fakten und Technik In Kooperation von Renault und der damaligen GM-Tochter Opel entstanden Trafic und Vivaro. Der Antrieb kommt wie die allermeisten Komponenten von den Franzosen: In Freizeitmobilen gängig und empfehlenswert ist der 2,5-Liter-Diesel mit 135 und später 146 PS, ebenso der seit dem Facelift im Jahr 2006 eingesetzte 2,0-Liter-Diesel mit 114 PS. Selten ist das automatisierte Quickshift-Getriebe.
Darauf muss man achten Oft fallen Trafic und Vivaro durch defekte Spurstangengelenke und ausgeschlagene Trag-/Führungsgelenke auf. Auch die Bremsscheiben sind vergleichsweise schnell verschlissen. Zu den bei der Hauptuntersuchung monierten Mängeln zählen häufiger leichter Ölverlust an Motor und Getriebe sowie eine beschädigte Staubmanschette des Spurstangenkopfs. Das Quickshift-Getriebe ist etwas kapriziös.
Campingmobile Der gängigste Trafic-Ausbau ist wohl der Weinsberg X-Cursion, den es mit kurzem oder langem Radstand gab. Von Westfalia kam der Opel Vivaro Life als Multivan-Konkurrent mit Liegebank ohne Schlafdach.
VW T5 (2003–2015)
Fakten und Technik Bis zum Facelift 2009 waren neben den seltenen Benzinern vor allem Vier- oder Fünfzylinder-Diesel unter den Hauben der Freizeitmodelle, danach in erster Linie der 2,0 TDI mit vier Zylindern in unterschiedlichen Leistungsstufen, oft kombiniert mit der DSG-Automatik.
Darauf muss man achten Nicht selten werden bei der Hauptuntersuchung des T5 gebrochene Fahrwerksfedern, rissige Bremsschläuche und eine defekte Leuchtweitenregulierung festgestellt. Kostspieliger werden Schäden am Motor, die in erster Linie die vor dem Facelift eingebauten Diesel betreffen: etwa vorzeitiger Verschleiß am Turbolader und der damals VW-typischen Pumpe-Düse-Einspritzung. Bei den 2,5-Liter-Fünfzylindern treten mitunter Defekte am Zweimassenschwungrad sowie Ablösungen der Zylinderbeschichtung auf. Problematisch ist ebenso eine Ölverdünnung. Etwas zickig gibt sich manchmal die Elektronik früher T5.
Campingmobile Platzhirsch ist der von VW gebaute California. Gute Alternativen findet man ebenso. Fast alle Campingbuspezialisten haben T5-Ausbauten entwickelt. T5-Fahrgestelle mit Aufbau sind dagegen rar.
Fiat Ducato (1994–2006)
Fakten und Technik Bis zum Facelift 2002 hieß der Ducato intern 230 und wurde meist von einem 115-PS-Diesel angetrieben. Später gab es bis zu 128 PS, im gelifteten Modell, dem 244, sogar maximal 146 PS. Die beiden Schwestermodelle von Peugeot und Citroën – Boxer und Jumper – greifen teils auf eigene Motoren zurück.
Darauf muss man achten Die oft hart im Alltag genutzten Transporter schneiden bei der Hauptuntersuchung unterdurchschnittlich ab. Rost macht ihnen besonders an den Schwellern, Querträgern und an den Bremsleitungen zu schaffen. Zum Teil wird auch starker Ölverlust bemängelt, ebenso defekte Stoßdämpfer und eine funktionslose Leuchtweitenregulierung. Die Fiat-Motoren sind dagegen sehr robust und erreichen hohe Laufleistungen. Manchmal halten die Getriebe auf Grund von Lagerschäden nicht ganz so lange durch. Wenig zuverlässig ist vor allem die nur kurzzeitig angebotene und selten eingebaute Automatik.
Campingmobile Mit dem 230 trat Fiat endgültig den Siegeszug unter den Basisfahrzeugherstellern an. Kaum eine Wohnmobilmarke kam ohne ihn aus. Die breite Karosserie (Querbett) und das Hochdach (Stehhöhe) beflügelten auch die Kreativität der Campingbushersteller, allen voran Pössl und Adria.
Fiat Ducato (ab 2006)
Fakten und Technik Während die dritte Ducato-Generation optisch eine Revolution anzettelte, blieb sie technisch dem Grundkonzept treu. Die Motoren des Fronttrieblers kamen in weiterentwickelter Form vom Vorgänger, wobei sich die 2,3-Liter-Variante durchsetzte. Die meisten Wohnmobile haben angemessene 130 PS. 2011 brachte Fiat ein automatisiertes Getriebe, 2014 ein größeres Facelift: Aus dem Modell X 250 wurde der heutige Ducato X 290.
Darauf muss man achten Im Vergleich zum Vorgänger hat der Ducato ab 2006 einen großen Qualitätssprung gemacht. Im Dekra-Gebrauchtwagenreport übertrifft er in vielen Punkten den Klassendurchschnitt. Typische Mängel sind die ungleichmäßige Wirkung der Handbremse, eine defekte Leuchtweitenregulierung, ein mangelhaft befestigtes Abgasrohr und ein beschädigter Federanschlag.
Campingmobile Etwa drei Viertel von ihnen nutzen die Fiat als Basis – egal ob als Campingbus oder mit Aufbau. Letztere haben manchmal ein Chassis von Alko.
Ford Transit (2000–2013)
Fakten und Technik Nicht nur die Karosserievarianten machen den Ford besonders vielseitig, auch die Auswahl zwischen Front- und Heckantrieb. 2006 wurde der Transit umfassend überarbeitet. Zu diesem Zeitpunkt lösten 2,2-Liter-Motoren die meist 125 PS starken 2,4-Liter-Diesel ab.
Darauf muss man achten Bis 2006 hatte der Transit mit Korrosion zu kämpfen. Rost findet sich an Türen, Schwellern, Radhäusern, Längsträgern und Bremsleitungen. Außerdem tritt Ölverlust am Motor auf. All das wurde nach dem Facelift besser, allerdings treten ab 2006 verstärkt Motorschäden bei den Versionen mit 130 oder 140 PS auf. Erst die ab 2011 veränderten Euro-5-Motoren gelten als unproblematischer. Bei höheren Laufleistungen fallen unabhängig vom Baujahr ausgeschlagene Spurstangengelenke und Querlenkerlagerungen auf.
Campingmobile Ausbauklassiker ist der Ford Nugget. Ab 2006 wurde der Transit aber auch als Wohnmobil-Fahrgestell immer beliebter.
Peugeot Boxer/Citroën Jumper (ab 2006)
Fakten und Technik Prinzipiell handelt es sich bei Boxer und Jumper um Parallelmodelle des Fiat Ducato. Sie stammen aus dem gleichen Werk im süditalienischen Val di Sangro. Die Franzosen setzten jedoch in der mittleren Leistungsklasse einen eigenen Motor ein, der in Campingmobilen üblicherweise 120 PS leistet. Dieser HDi-Motor wurde damals zusammen mit Ford entwickelt und hat daher viele Gemeinsamkeiten mit dem ab 2006 im Transit eingesetzten Aggregat.
Darauf muss man achten Grundsätzlich hinterlassen Citroën und Peugeot bei der Hauptuntersuchung einen guten Eindruck – siehe Fiat Ducato ab 2006. Hier fallen allerdings häufiger verölte Motoren auf. Beim 2,2 HDi mit Euro-4-Einstufung kommt es außerdem immer wieder zu kapitalen Motorschäden – siehe auch Ford Transit (links).
Campingmobile Als Fahrgestelle für Aufbauten sieht man die Franzosen selten. Häufiger sind Campingbusse, vor allem der Jumper mit Pössl- und Globecar-Ausbau.
Mercedes Sprinter (1995–2006)
Fakten und Technik Mit ihrem überdurchschnittlichen Fahrkomfort und Fünfzylindermotoren hebt sich die erste Sprinter-Generation in der Klasse der großen Transporter hervor. Für Wohnmobile galt zunächst die 122-PS-Ausführung als gängiger Standard. Im Jahr 2000 erlebte der Sprinter eine tiefgreifende Überarbeitung (Bilder); der Fünfzylinder leistete bis zu 156 PS, aber auch die Vierzylinder mit maximal 129 PS wurden attraktiver. Damals wie heute beliebt und empfehlenswert: die Automatik.
Darauf muss man achten Nicht nur an der Karosserie nagt von der A-Säule bis zu den Schwellern der Rost, ebenso sind oft die Bremsleitungen betroffen. Am Fahrwerk diagnostizieren Dekra-Prüfer häufiger ausgeschlagene Trag- und Führungsgelenke sowie Stabilisatorlagerungen. Das automatisierte Sprintshift-Getriebe bereitet Ärger.
Campingmobile Der Sprinter ist Basis von Bussen wie dem James Cook, aber auch von einigen Hymer-Wohnmobilen sowie Luxuslinern.
Mercedes Sprinter (2006–2018)
Fakten und Technik In diesem Jahr erscheint die zweite Sprinter-Generation – wobei der Nachfolger Komponenten des erfolgreichen Vorgängers übernimmt. Bei Wohnmobilfahrern beliebt sind die kräftigen Vierzylinder mit 150 und 163 PS, gerne auch mit Automatikgetriebe. Den höchsten Antriebskomfort bietet der V6-Motor. Seit dem Facelift 2013 sind die Diesel mit einer Abgasreinigung ausgerüstet, die Adblue verlangt.
Darauf muss man achten Im Dekra-Gebrauchtwagenreport 2018 glänzt der Sprinter mit dem besten Ergebnis seiner Klasse. Völlig mängelfrei sind die stark beanspruchten Transporter dennoch nicht. Die Prüfer stellen hier beispielsweise verölte Differenziale und ausgeschlagene Spurstangenköpfe fest. Die grundsätzlich soliden Motoren haben manchmal mit Elektronikmacken zu kämpfen.
Campingmobile Der Sprinter hat sich bei kleinen Campingbusmanufakturen ebenso etabliert wie bei Luxusmarken. Das Chassis dient außerdem oft als Basis von Hymer-Teil- und -Vollintegrierten.
Renault Master/Opel Movano (1997–2010)
Fakten und Technik Master und Movano traten als Zwillinge an, wobei Opel nur die Markenembleme für seinen Transporter beisteuerte. Die großen Diesel stammten zunächst von Iveco, bis Renault 2001 einen eigenen 2,5-Liter-Motor mit 115 PS einsetzte. Einige Jahre lang fand ebenso ein 136 PS starker 3,0-Liter von Allianzpartner Nissan Einzug unter der Haube, der in größeren Teilintegrierten äußerst beliebt wurde. Seit dem Facelift 2003 war das automatisierte Quickshift-Getriebe erhältlich.
Darauf muss man achten Wie so oft in dieser Klasse sind es oft Fahrwerksschwächen, die bei der Hauptuntersuchung bemängelt werden. Ausgeschlagene Traggelenke treten auch hier auf. Auffällig oft diagnostizieren die Prüfer außerdem Defekte an den Bremsen. Dagegen ist die Karosserie gut gegen Rost geschützt. Während die Motoren hohe Laufleistungen erreichen, schwächeln eher die Getriebe, insbesondere in Kombination mit dem drehmomentstarken 3,0-Liter-Motor.
Campingmobile Nach dem Facelift 2003 erlebte der Renault eine kurze Blütezeit als Teilintegrierter; der Opel blieb relativ selten.
VW Crafter (2006–2016)
Fakten und Technik Wie schon der Vorgänger, der noch LT hieß, entstand der Crafter bis 2016 bei Mercedes und basiert auf dem Sprinter. VW ließ jedoch eigene Motoren einbauen, zunächst einen Fünfzylinder mit bis zu 163 PS, ab 2010 einen Vierzylinder der gleichen Leistungsklasse. Ein echtes Automatikgetriebe blieb den VW-Käufern bei diesem Crafter aber vorenthalten.
Darauf muss man achten Mit dem Wechsel vom LT zum Crafter verbesserte sich die gesamte Qualität spürbar. Der große VW erreicht bei Hauptuntersuchungen ein ähnlich hohes Niveau wie der Zwillingsbruder von Mercedes, wobei auch hier Ölverlust am Differenzial und defekte Spurstangengelenke bemängelt werden. Am VW-Fünfzylinder kommt es bei hohen Laufleistungen verstärkt zu Turboladerschäden. Besonders anfällig ist das automatisierte Getriebe, das bei VW Shiftmatic genannt wird.
Campingmobile Auf Campingplätzen stellt der Crafter eine Ausnahmeerscheinung dar. Nur wenige Auf- und Ausbauer nahmen ihn in ihr Programm, damit einige glühende VW-Bus-Freunde beim Aufstieg zu einem geräumigeren Modell ihrer Marke weiterhin treu bleiben konnten.