Ein vollelektrisches Reisemobil - mit Generator
Knaus prescht vor in die Zukunft der Elektromobilität. Da der Wohnmobil-Hersteller nicht auf die Autoindustrie warten will, entwickelt er ein Elektro-Chassis. Das System dahinter heißt: Knaus e.Power Drive.
"Die Frage ist nicht, ob, sondern wann das Reisemobil elektrisch wird" – das betont Knaus immer wieder auf der ersten Pressekonferenz des Caravan Salon Düsseldorf 2021. Man wolle nicht auf die Autoindustrie warten, die den Fokus der Elektrotransporter eher auf den Lieferverkehr und kurze Reichweiten legt.
Knaus entwickelt eigenen Elektroantrieb
Deshalb hat Knaus kurzerhand ein eigenes System entwickelt. Partner dafür ist HWA aus dem baden-württembergischen Affalterbach. Die Tuning-Werkstatt arbeitet sonst mit AMG zusammen und hat sich auch in der Formel E schon einen Namen gemacht.
Um zu zeigen, dass die Elektromobilitäts-Zukunft nicht erst in zehn Jahren in der Wohnmobil-Branche ankommt, haben sie gemeinsam einen Knaus Van TI 650 MEG Vansation umgebaut – ein beliebtes Reisemobil, das Knaus erst im vergangenen Jahr sehr erfolgreich eingeführt hat. Man könnte nun meinen, dass der Fiat Ducato hier schlicht "elektrifiziert" wurde. Jedoch soll das Chassis tatsächlich austauschbar sein und dient in diesem Beispiel nur als Systemträger. Das System selbst könne man auf jedes erdenkliche Chassis bauen oder sogar ein eigenes entwickeln.
So funktioniert das Elektromobil-System
Das "System", von dem die Rede ist, wird von einem 180 kW starken Elektromotor und einem Reduktionsgetriebe angetrieben. Damit bringt es der Knaus E.Power Drive auf Höchstgeschwindigkeiten von über 110 km/h. Die Lithium-Ionen-Batterie verfügt über eine Kapazität von 35 kWh und lässt sich innerhalb von drei Stunden an einer Wallbox aufladen.
Rein elektrisch soll die Studie laut Knaus "90 Minuten fahren können." Wie viele Kilometer das Fahrzeug in diesen eineinhalb Stunden zurücklegen kann, darüber schweigt sich der Hersteller noch aus. Für die große Urlaubstour ist noch ein REX an Bord, ein sogenannter Range Extender, der dafür sorgt, dass das Fahrzeug bis zu 600 Kilometer Reichweite hat – ohne zwischendurch Kraftstoff oder Strom tanken zu müssen.
Der REX ist fest an den Generator gekoppelt, der die Fahrbatterie speist. Er kann auch direkt Strom an den Antriebsmotor liefern und versorgt gleichzeitig die Wohnbatterie. So kann man mit dem elektrischen Vansation-Reisemobil laut Knaus bis zu fünf Tage autark campen – mit 220-Volt-Strom wie daheim. Derzeit besteht der REX aus einem Dreischeiben-Rotationskolbenmotor, einem benzinbetriebenen Wankelmotor.
Ist das Elektro-Wohnmobil von Knaus ein Hybrid?
Die Frage beantwortet der Hersteller mit einem klaren Nein. Der Motor selbst speise sich nur aus der Batterie, funktioniere also vollelektrisch – es gebe keine mechanische Verbindung vom Generator zum Motor. Das System sei eine komplette Neuentwicklung. Der Vansation punkte mit kompakten Abmessungen, einem einfachen Aufbau und weniger Bauteilen als einem Hubkolbenmotor, da es weder über eine Nockenwelle noch über Ventile oder eine Steuerkette verfüge. Ein weiterer Vorteil: Das Fahrzeug sei dank des elektrischen Antriebssystems voll förderungsfähig.
Der REX könne in Zukunft, "wenn die Technologie so weit ist" auch von einer Brennstoffzelle angetrieben werden. Dann emittiere das Fahrzeug nur noch Wasser. Doch auch konventionelle Verbrennungsmotoren, beispielsweise betrieben mit Diesel oder Benzin, eignen sich laut Knaus für den REX.
Wann kommt der Knaus e.Power Drive auf den Markt?
Doch warten muss man auf das serienreife Elektro-Reisemobil noch ein Weilchen. Die größte Schwierigkeit sei derzeit die Geschwindigkeit, mit der die Serienreife umgesetzt werden kann. Vor allem die Zertifizierung der Systemarchitektur mit allen Sicherheitssystemen, sprich allen Assistenzsystemen wie Tempomat, Abstandhalter, etc., die Reisemobil-KundInnen derzeit gewohnt sind, braucht seine Zeit.