3 Kompaktbusse auf Mercedes im Vergleich

Der Mercedes Marco Polo ist mit Abstand der teuerste der drei Vans. Der Grundpreis liegt bei 64.490 Euro.
Der Mercedes Marco Polo bekommt Konkurrenz. Pössl und Vantourer erweitern ihr Angebot um einen Ausbau mit Stern. Zusätzliche Funktionen machen die beiden zu ernstzunehmenden Alternativen.
Wer ein Auto sucht, das gleichermaßen Alltag und Freizeit meistert, fährt und liegt in einem kompakten Campingbus goldrichtig. Den Ton in dieser Klasse geben eindeutig der VW Transporter und seine zahlreichen Ausbauten an. Das Angebot für Leute, die etwas mehr Glanz, sprich einen Benz, wünschen, ist eher dünn. Doch das ändert sich zur Campingsaison 2021. Denn der altgediente, doch seit dem letzten Facelift 2019 durchaus jung gebliebene Mercedes Marco Polo./span> bekommt gleich zwei neue Konkurrenten – einen von Pössl und einen von Vantourer.
Während Marco Polo und Pössl Campstar die noble V-Klasse als Basis nutzen, greift Vantourer für seinen Urban zum schlichteren Vito. Markant ist vor allem der Unterschied beim Cockpit, das beim Vito in Gestaltung und Materialanmutung etwas schmucklos bleibt. In der Basisversion mit dem 1,7-Liter-Motor (102 und 136 PS) kommt der Vito mit Frontantrieb, während die V-Klasse – ganz Mercedes-like– dem Heckantrieb treu bleibt.
Davon abgesehen bringen alle drei Kandidaten eine weitgehend vollständige Campingausstattung mit. Im Vergleich zeigt promobil die konzeptionellen Unterschiede.
Der Bekannte: Mercedes Marco Polo./span>
Gründe, sich eine V-Klasse zulegen zu wollen, gibt es viele: das geschmeidige Fahrwerk, die sahnige 9-Gang-Automatik, das vernetzte Infotainmentsystem, das in der neuesten Ausbaustufe mit MBUX und MBAC beim Marco Polo auch die Bordtechnik mit einschließt – das alles sind Eigenschaften, in denen der Mercedes seinen Klassenkameraden von VW, Ford oder Renault mindestens ebenbürtig, wenn nicht überlegen ist. Ein weiterer etwas dekadenter, aber zweifellos netter Grund heißt 300 d. Der 2-Liter-Vierzylinderdiesel markiert mit 237 PS die Leistungsspitze im Segment der Midsize-Vans. Aber sind 500 Nm Drehmoment für einen Campingbus nicht vielleicht doch zu viel des Guten? Keineswegs. Der Extraboost zeigt den Marco Polo von einer sehr kräftigen, aber auch kultivierten Seite. Von Hyperaktivität keine Spur, zumal die Kraft von der serienmäßigen Automatik fein dosiert an die Hinterräder gereicht wird.
Natürlich katapultiert der große Motor nicht nur Bus und Besatzung Richtung Reiseziel, sondern auch den ohnehin schon erwachsenen Basispreis rasch in schwindelerregende Höhen. Der Marco Polo Edition für 64 490 Euro verteuert sich damit mal eben um knapp 5000 Euro. Fertig konfiguriert stehen leicht über 80.000 Euro auf der Rechnung.
Allerdings bekommt man dafür auch ein sehr schickes Campingmobil mit allem Drum und Dran, außer eben – so ist das bei den Kompakt-Campern nun mal – einem Sanitärraum. Anthrazit- und Cremetöne, nobel abgeschmeckt mit etwas Hochglanz, prägen die Anmutung, die wie angegossen zur glamourösen V-Klasse passt. Der Zuschnitt des Marco Polo folgt dem klassischen Muster. Die elegante Rundung vorne am Küchenblock gefällt nicht nur optisch: Wendet man den Fahrersitz in die Wohnstellung, eckt man da sonst nämlich gerne mal mit dem Knie an.
Die Glasabdeckung, unter der sich die 40-Liter-Kühlbox, zwei Flammen und die (unpraktisch halbkugelförmige) Spüle befinden, klappt dreigeteilt. Gut zu beladen sind die drei Schubladen. Der Tisch ist verschiebbar in einem Aluprofil an der Küche eingehängt. Zusammen mit den gedrehten Vordersitzen, was etwas mühsam und nur mit geöffneten Türen gelingt, ergeben sich vier Sitzplätze, wobei die rückwärtigen auf der verschiebbaren Bank eindeutig besser, weil näher am Tisch positioniert sind.
Im Marco Polo schläft man vorzugsweise im Aufstelldach, das sich optional bequem elektrisch öffnen lässt. Fünf Zentimeter Matratzenschaum und viele Tellerfedern machen den Aufenthalt im ersten Stock sehr bequem – solange man die schmale Liegefläche alleine in Anspruch nimmt. Anders als mittlerweile vielfach üblich lässt sich der Zeltbalg an keiner Stelle komplett öffnen. Immerhin gibt es optional ein Schiebedach aus hochwertigem Mineralglas, das sich auch während der Fahrt genießen lässt, weil sich der Zeltstoff sauber einfaltet und dabei auch die Durchstiegsöffnung frei lässt.
Aus der Rückbank entsteht fix ein Bett. Sofa nach vorn ziehen, die beiden Lehnen separat (elektrisch) nach hinten klappen. Fertig ist eine recht plane Liegefläche, die auch schmal, aber etwas länger ist als oben.
Das Stauraumangebot erfordert eine ausgeklügelte Logistik. Hinter der Küche und quer über der Heckklappe finden sich mehrere Schränke und Fächer. Der flexibel nutzbare, an sich sehr praktische Stauraum unter der Bettverlängerung wird stark dezimiert, sofern man die Tasche für die Campingmöbel einhängt.
Technische Daten Mercedes Marco Polo./span>
Basisfahrzeug: Mercedes V-Klasse Gurt-/Schlafplätze: 4/4 Leergewicht: 2700 kg Zul. Gesamtgewicht: 3100 kg Länge/Breite/Höhe: 5,14/1,93/1,99 m Preis: ab 64.490 Euro
Der Prototyp: Pössl Campstar
Mit Vanster und Campster auf Citroën-Jumpy- bzw. Spacetourer-Basis stieg Pössl erstmals bei den Kompakten ein. Jetzt folgen der schlank ausgestattete Vito-Ausbau Vanstar und der möblierte Campstar auf V-Klasse.Basis. Die Preise stehen noch nicht endgültig fest, jedoch peilt Pössl beim Vanstar 33.000 Euro an. Der Campstar ist gut 10.000 Euro teurer zu erwarten. Das wäre noch immer günstig, auch wenn man manches Extra dazubuchen muss. Gegenüber den Citroën-Vans verspricht ein Bus mit Stern nicht nur mehr Glamour. Die für beide Ausbauten genutzten Mercedes-Kastenwagen bieten bei 5,14 Meter Länge im Innenraum 36 Zentimeter mehr Platz für die Einrichtung, sind außerdem etwas breiter und haben trotz niedrigerer Außenhöhe innen auch in der Vertikalen mehr Raum. Für V-Klasse und Vito ist Allradantrieb zudem lieferbar. Das entsprechende Kreuzchen in der Aufpreisliste macht sich mit etwas mehr als 4000 Euro bemerkbar. Ein relativ überschaubarer Aufpreis.
So richtig durch die Mangel drehen konnten wir den neuen Star noch nicht. Bei der Vorstellung war vieles noch prototypisch. Wohin die Reise geht, zeichnet sich allerdings klar ab.
Im Gegensatz zum Vanstar ist der Campstar mit Küche und Schrankzeile ausgestattet. Das Aufstelldach ist serienmäßig. Anders als im Marco Polo muss man auf die tolle Aussicht vom Dachbett aus nicht verzichten: Es gibt gleich drei große Fensteröffnungen im Zeltbalg des Klappdachs. Darüber hinaus findet sich im Oberstübchen auch eine Leselampe. Die Matratze ist eher dünn, aber ebenfalls mit Tellerfedern unterlüftet. Die Liegefläche bleibt ein Fall für Schlanke – Tribut an die stark einziehenden Seitenwände der V-Klasse. Das Aufstellen und Einklappen des Dachs ist bei Pössl noch echte Handarbeit. Beim Schließen muss man schon ziemlich kräftig hinlangen und dabei aufpassen, dass sich der Stoff sauber zusammenfaltet.
Das Bett ins geöffnete Dach hochzuschubsen, fällt dagegen leicht. Dann genießt man wegen des großen Ausschnitts im Blech eine gewisse Luftigkeit an der Sitzgruppe. Die Bank – beim Prototyp noch ein Teil aus dem Mercedes-Regal, in der Serie eines von Aguti – lässt sich in Original-Bodenschienen verschieben. Für die Liegefläche gilt dasselbe wie beim Marco Polo. Das Bett ist schmal und ein Topper empfehlenswert. Noch nicht serienreif zeigte sich beim Erstkontakt mit dem Pössl der Tisch, der in den Bodenschienen befestigt werden soll, also praktischerweise auch nutzbar ist, wenn die Küche durch die Schiebetür auf der linken Seite nach draußen geschwenkt wurde.
Dieser besondere Clou des Campstar klappte schon sehr gut. Dank einer speziellen Mechanik gelingt das Herausheben mit Gasdruckfeder-Unterstützung trotz des hohen Gewichts – Gas und Wasser stecken mit in der Kiste – sehr einfach und kraftsparend. So kann man auch spontan mal draußen kochen. Die Küche bleibt dabei mit dem Auto fest verbunden. Nachts muss man sich entscheiden: entweder mit offener Schiebetür schlafen oder die Box wieder reinheben.
In Sachen Stauraum rangiert der Campstar auf klassenüblichem Niveau. Hinter der Küche finden sich einige Schränke, die aber nicht so praktisch über Eck öffnen wie beim Marco Polo. Im Kofferraum unter der Bettverlängerung kommt auch mal ein größeres Gepäckstück unter.
Technische Daten Pössl Campstar
Basisfahrzeug: Mercedes V-Klasse Gurt-/Schlafplätze: 4/4 Leergewicht: k.A. Zul. Gesamtgewicht: 3100 kg Länge/Breite/Höhe: 5,14/1,93/1,99 m Preis: ab 43.000 Euro
Der Schlichte: Vantourer Urban
Scheu vor Innenstädten – der Name spielt darauf an – kennt auch der Urban nicht, weder bei der tagtäglichen Parkplatzsuche noch bei touristischen Unternehmungen. Anders als Campstar und Marco Polo nutzt Vantourer jedoch den schlichteren Vito als Basis. Für den Hersteller ist der natürlich die günstigere Wahl. Mit lackierten Stoßfängern ist äußerlich der Unterschied zur schmucken V-Klasse gar nicht mal so groß. Das Aufstelldach ist – für die poppige Optik – immer schwarz.
Ab preiswerten 49.900 Euro gibt es den Urban als "Base". Der Preissprung zur nächsthöheren Ausstattungsvariante ist allerdings groß: Base, Comfort und Prime trennen jeweils über 10.000 Euro, wobei der Prime – abgesehen vom nicht erhältlichen MBUX – mit 19-Zoll-Rädern und aktiven LED-Scheinwerfern bis hin zum Abstandsregeltempomat und anderen Assistenten voll ausgestattet ist. Als vollwertiger Campingbus funktioniert aber schon der Base. Er hat bereits vier Schlafplätze und eine fest eingebaute Küche mit einer Spüle, einer recht kleinen Kompressorkühlbox und zwei elektrisch gezündeten Kochflammen.
Ab der Comfort-Variante beherrscht der Urban aber auch den Campstar-Kniff. Durch die linke Schiebetür lässt sich die Küche herausheben. Das klappt nicht ganz so leicht wie beim Pössl, dafür kann man den Block dann auch auf die rechte Fahrzeugseite stellen, wo in vielen Fällen die Markise montiert ist. Praktischerweise finden sich dort nochmals Gas-, Wasser- und Stromanschlüsse. So kann die Kiste bei mehrtägigen Aufenthalten für die nächste Outdoor-Kochaktion auch mal draußen stehen bleiben. Die Wasserzapfstelle lässt sich dabei auch als Außendusche nutzen.
Gas und Wasser sind immer an Bord. Der Frischwassertank ist, um innen Platz zu sparen, unterflur montiert. Der Wasserfluss wird über eine hochwertige Druckpumpe reguliert. Eher schlicht geraten ist der faltbare Abwasserkanister im Küchenblock, aber immerhin einfach entnehm- und entleerbar. Zudem umfasst die technische Ausstattung eine Bordbatterie. Es gibt ein 16-Ampere-Ladegerät, die Einspeisung erfolgt über eine unauffällig-elegante DEFA-Miniaußensteckdose.
Die Standheizung ist ab der Comfort-Variante serienmäßig. Die beiden Betten sind wie bei Marco Polo und Campstar sehr schmal, wobei für zwei Personen am ehesten noch die bequeme, aber auch nur knapp 1,10 Meter breite Liege im manuell bedienten Aufstelldach in Frage kommt. Zwei Schwanenhalslampen (mit USB-Buchsen) und drei Fenster im Zeltbalg spenden Licht und Luft.
Das untere Bett, das aus der verschiebbaren Sitzbank entsteht, wird – anders als bei der Konkurrenz – nicht nach hinten, sondern nach vorn verlängert. Allerdings braucht es einige Übung, um die dafür vorgesehenen Zusatzpolster flüssig unter der Bank hervorzufummeln und an die Liegefläche anzudocken. Vorteil dieser Variante. Der Kofferraum im Heck ist nicht zweigeteilt und sperriges Gepäck lässt sich einfacher transportieren. Bei ausgebauter Küche können zudem zwei Extra-Einzelsitze in den Bodenschienen verankert werden.
Die optisch unaufdringlichen Möbel haben robuste CPL-Oberflächen. Im großen Schrank hinter der Küche gibt es keine Hängemöglichkeit, er ist stattdessen mit Fachböden unterteilt. Zusätzlich finden sich quer vor der Heckscheibe ein flacher, aber breiter Hängeschrank und an der Küche drei praktische offene Ablagen.
Technische Daten Vantourer Urban
Basisfahrzeug: Mercedes Vito Gurt-/Schlafplätze: 4/4 Leergewicht: k.A. Zul. Gesamtgewicht: 3100 kg Länge/Breite/Höhe: 5,14/1,93/2,05 m Preis: ab 49.900 Euro
Testurteil
Was sind die Vor- und Nachteile der drei kompakten Campingbusse? promobil hat die einzelnen Stärken und Schwächen zusammengefasst.
Mercedes Marco Polo./span>: Der Nobelhobel
Der Marco Polo hat sich seine Meriten schon verdient. Seit Jahren ist er nach dem VW California der zweitbeliebteste Kompakt-Campingbus. Teuer, schick und bei Bedarf richtig schnell, macht der Marco Polo überall eine gute Figur – egal ob Supermarktpark-, Camping- oder Golfplatz. Der solide Westfalia-Ausbau zeigt ein hohes Entwicklungsniveau und praktische Details wie die über Eck öffnenden Schränke, die den Zugang erleichtern. Verglichen mit den Konkurrenten von Pössl und Vantourer, bei denen sich die Küche auch draußen nutzen lässt, ist der Mercedes jedoch weniger flexibel. Sehr gut beim Marco Polo. Er hat in diesem Vergleich die größten Wassertanks und die voluminöseste Kühlbox.
(+) sehr gute Fahreigenschaften
(+) starker Basismotor und Automatikgetriebe serienmäßig
(+) praktische geteilte Küchenabdeckung
(+) für die Klasse üppige Wasservorräte
(+) große Kühlbox
(+) separat öffenbares Heckfenster
(-) kleine Liegeflächen
(-) gehobener Preis
(-) vergleichsweise geringe Flexibilität
(-) platzraubende Unterbringung der Campingmöbel
Pössl Campstar: Der Preisbrecher
Noch bleibt der Campstar ein Versprechen, aber eines mit Ansage. Kunden dürfen einen echten Kampfpreis erwarten. 450 Einheiten will Pössl im ersten Jahr an den Mann oder die Frau bringen. Auf Basis der noblen V-Klasse ist der Campstar mit seiner campingtauglichen Möblierung eine echte Bereicherung der Kompaktklasse. Dachbett und Sitzbank unten ergeben vier auf Taille geschnittene Schlafplätze. Das Herausheben der Küche gelingt dank einem ausgeklügelten Mechanismus sehr elegant und kraftsparend. Weil sie in der Regel fest mit dem Auto verbunden bleibt, lässt man sinnigerweise auch die Markise auf der linken Fahrzeugseite montieren. Gut: Im Fahrbetrieb sind weitere Sitzplätze möglich.
(+) mutmaßlich günstiger Grundpreis
(+) sehr gute Fahreigenschaften
(+) einfach heraushebbare Küche mit sehr leichtgängiger Mechanik
(+) Dach öffnet weit (viel Kopffreiheit im Dachbett)
(+) Tisch auch innen freistehend nutzbar
(-) kleine Liegeflächen
(-) Schiebetür muss bei Außennutzung der Küche geöffnet bleiben
(-) dünne Matratze im Dachbett
Vantourer Urban: Der Flexible
Vantourer wagt mit dem Urban seinen ersten Ausflug in die Kompaktklasse. Vermutlich bleibt es nicht der letzte. Der Start jedenfalls ist vielversprechend. Details wie die Verstaumöglichkeiten sind durchdacht. Die herausnehmbare Küche macht den Urban sowohl beim Campen als auch im Alltag mit bis zu sechs Gurtplätzen sehr vielseitig nutzbar. Die "Special Effects" kosten zwar teils extra, trotzdem ist die günstigste Variante "Base" nicht nur ein reines Lockangebot. Die Comfort-Version (ab 62.490 Euro) ist dennoch eine Überlegung wert. Ab da setzt Vantourer auf stärkere Motoren und den etwas agileren, traktionsstärkeren Hinterradantrieb. Serienmäßig sind dann auch schon Automatik und Standheizung.
(+) günstiger Grundpreis (Base)
(+) campingtaugliche Basisausstattung
(+) großer, nicht unterteilter Heckstauraum
(+) mit herausnehmbarer Küche sehr flexibel nutzbar
(+) Tisch auch draußen aufstellbar
(-) schlichtes Vito-Cockpit
(-) kleine Liegeflächen
(-) als Base mager ausgestattet
(-) stärkere Motorisierungen nur gegen teure Aufpreise