Volkswagen rät von Hardware-Nachrüstungen ab

Wegen hoher Stickoxid-Emissionen drohen Millionen älterer Dieselfahrzeuge demnächst Fahrverbote. Dabei gibt es Abgasreinigungssysteme, mit denen sich der Ausstoß auf Euro-6-Niveau drücken lässt. Wir haben die Technik getestet.

Dabei geht es konkret um das BNOX genannte System von Twintec. Das universelle SCR-System, das sich in jedem Diesel nachrüsten soll, soll den Stickoxid-Ausstoß drastisch reduzieren.

Als erste Automobilzeitschrift konnte auto motor und sport das System nun mit einem parallel dazu gemessenen Serienfahrzeug auf seine Wirksamkeit hin testen. Und zwar nicht auf Prüfständen, sondern mit Realbedingungen im regulären Verkehr.

Twintec hat einen nach Euro 5 klassifizierten VW Variant 1.6 TDI der Vorgängergeneration (B7) umgerüstet, ein identisch motorisierter Variant mit serienmäßiger Abgasreinigung liefert die Vergleichswerte.

Das BNOX-System besteht im Wesentlichen aus nachgerüsteten Serienteilen.

So befindet sich im vorderen Teil des Kardantunnels der SCR-Katalysator aus dem original Volkswagen-Teileregal.

Der Ammoniak-Generator hingegen ist eine Eigenentwicklung von Twintec. In diesem separaten Bauteil wird das AdBlue erhitzt und in Ammoniak umgewandelt, das dann als heißes Gas quasi servierfertig in den eigentlichen SCR-Katalysator geleitet wird.

Der in der Reserveradmulde sitzende AdBlue-Tank fasst 18 Liter und ist ebenfalls ein Volkswagen Originalteil. Nach Twintec-Aussagen reichen die 18 Liter beim Passat für knapp 10.000 Kilometer. Je nach Ausgangsmotor kann diese Menge jedoch variieren.

Die Funktionsweise des BNOX-System im Detail...

1) bevor das Abgas auf Ammoniak trifft, durchläuft es einen Oxidationskatalysator, der von Kohlenmonoxid und Kohlenwasserstoffen befreit.

2) Der mittlere Teil besteht aus einem SCR-Katalysator, der so ausgelegt ist, dass er gleichzeitig als Partikelfilter fungiert.

3) Über die seitlichen Öffnungen wird ein kleiner Teil der Abgase zum Beheizen des Generator genutzt. Zusätzlich gibt es einen Elektro-Heizer. 4) Auf der Längsseite (blauer Pfeil) gelangt die Harnstofflösung (AdBlue) in den Generator, wo sie zu Ammoniak aufbereitet wird.

5) Da unverbrauchtes Ammoniak zu Geruchsbelästigung führt, besteht die letzte Stufe des Systems aus einem SCR-Kat mit Ammoniaksperrwirkung.

Beide Autos wurden mit einem portablen Emissionsmessgerät (PEMS) ausgerüstet und gleichzeitig auf eine ca. 100 km lange Testrunde mit Stadt-, Landstraßen- und Autobahnabschnitten geschickt.

Nach einem Fahrertausch ging es erneut auf Tour, die Fahrweise war jeweils entspannt, aber nicht übertrieben langsam. Die angegebenen NOX- und Verbrauchswerte wurden aus dem Mittelwert beider Messfahrten gebildet.

Nach der Messfahrt werden die Daten am Laptop ausgelesen. Die Kosten für die Nachrüstung beziffert Twintec jedoch auf 1.500 Euro, hinzu kommen Einbaukosten. Viel Geld, aber die Wirkung der BNOX-Anlage darf getrost als sensationell bezeichnet werden.

So stieß der Twintec-Passat auf unserer Testrunde gerade einmal 49 mg NOX/km aus und blieb damit unter dem Euro-6- Grenzwert von 80 mg/km. Von allen je bei uns gemessenen Euro-6-Dieseln war damit bisher nur der Mercedes E 220 d etwas besser.

Zum Vergleich: Der Passat ohne BNOX stößt 431 mg NOX/km aus. Und das, obwohl unser Vergleichsmodell bereits das Software-Update aufgespielt bekommen hat, mit dem Volkswagen derzeit alle vom Dieselskandal betroffenen EA-189-Motoren umrüstet.

Die 49 mg NOX/km des Twintec-Passats sind eine Ansage. Dabei halten sich die Nachteile des Systems in Grenzen: Der BNOX-Passat verbrauchte nur 0,2 l/100 km mehr Diesel, was vor allem an den elektrischen Zusatzverbrauchern liegt.

Diesel Nachrüstung SCR-Kat Mercedes E-Klasse

Zum Vergleich: Von allen je bei uns gemessenen Euro-6-Dieseln war damit bisher nur die Vierzylinder-Version der neuen Mercedes E-Klasse besser (41 mg).

Selbst gute Euro-6-Neuwagen, wie der Audi Q2 2.0 TDI (79 mg/km NOX)...

... oder der BMW 530d (84 mg/km NOX) stoßen mehr Stickoxide aus, als der nachgerüstete Euro-5-TDI.

Diesel Nachrüstung SCR-Kat Renault Captur

Das bisher schlechteste von der Redaktion getestete Auto (Renault Captur dCi 110) zeigt mit seinen 1.336 mg/km die obere Grenze aktueller Euro-6-Fahrzeuge.

Dicht dahinter - der Nissan Juke 1.5 dCi mit 1.298 mg/km NOX.

Diesel Nachrüstung SCR-Kat Subaru Outback

Auch der unkonventionelle Boxer-Diesel im Subaru Outback 2.0 D rühmt sich nicht mit guten Abgaswerten. 1.133 mg/km NOX liegen exorbitant über dem Grenzwert von 80 mg/km.

Dass eine wirkungsvolle Entgiftung älterer Diesel möglich ist, hat das BNOX-System eindrucksvoll bewiesen. Mehr noch: Ein kleiner Zulieferer zeigt der Autoindustrie, was möglich ist. Jetzt sind Politik und Hersteller gefragt richtig zu handeln.

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