Rhomboid-Cars auf der Retromobile
Nein, diese Autos stammen nicht aus einem Spielberg-Film oder aus der Bastelstube. Die rautenförmige Radanordnung hatte berühmte Verfechter - unter anderem den Designer des Renault 25.
Warum hat ein Auto ein Rad vorne links, eins vorne rechts und hinten das Gleiche nochmal? Das dachten sich einige findige Köpfe, die in einer anderen Anordnung viele Vorteile sahen - sie bauten ihre "Rhomboid-Cars" - Fahrzeug. mit rautenförmiger Radanordnung. 5 davon aus den Jahren 1947 bis 1996 waren auf der Klassikermesse Retromobile (4. bis 7. Februar 2016) zu sehen.
Alamagny von 1947
Schon 1947 baute der französische Ingenieur Marcel Alamagny ein skurril aussehendes Fahrzeug. Er platzierte zwei Räder rautenförmig an seinem Chassis - die mittleren sind an einer gemeinsamen Achse geführt -, kombinierte dieses mit zwei identischen Karosserie-Teilen und platzierte die Passagiere Rücken an Rücken. Die jeweiligen großen "Front-"Teile der Aluminium-Karosserie konnten hochgeklappt werden, sodass der Weg in den kargen Innenraum frei wurde.
Die Vorteile seiner Konstruktion sah Alamagny in dem geringen Verbrauch und der Wendigkeit. Angetrieben wird sein 3,42 m langes Fahrzeug von einem Vierzylinder mit 569 ccm, der aus dem Simca 5 stammt. Als Höchstgeschwindigkeit wurden 85 km/h angegeben.
Formvollendetes Rhomboid von Pinin Farina
13 Jahre später zeigte Batista "Pinin" Farina das von ihm maßgeblich mitentwickelte Concept-Car PFX auf dem Autosalon in Turin. Das Design von Alberto Morelli lehnt sich an Flugzeugen an und erinnert an eine Kanzel. Auch bei diesem PFX-Projekt standen hohe Geschwindigkeit und geringer Verbrauch im Vordergrund.
Mit der strömungsgünstigen Karosserie wurden beide Ziele erreicht. Der Luftwiderstandsbeiwert beträgt gerade mal cW 0,20. Als Antriebseinheit wurde auf einen 1,1-Liter-Vierzylinder samt Getriebe von Fiat zurückgegriffen.
Das "Pussycar" vom Werbe-Profi
Wir befinden uns mitten in den ausgehenden 60er-Jahren, als 1968 - auf dem Höhepunkt der Emanzipation und der Studentenproteste - Jean Pierre Ponthieu sein "Automodule" präsentiert. Das an ein Mondfahrzeug erinnernde Kugel-Fahrzeug wurde sogar 10 Mal gebaut - und durch eine Werbekampagne berühmt und berüchtigt.
Denn wegen der zum Teil spärlich bekleideten Damen, die mit dem Automodule abgelichtet wurden, bekam das Rhomboid seinen wenig politisch korrekten Spitznamen "Pussycar".
Im Übrigen war das Automodule tatsächlich fahrbereit und konnte seine Radschwingen hydraulisch verstellen und anheben, sodass es auch auf nur 3 Rädern fahren konnte.
Ein Video mit dem Automodule gibt es hier zu sehen.
30 Jahre Funkstille, dann kommt "City"-E-Auto
Nach1968 mussten Autofans lange auf das nächste Rhomboid warten - bis das Konzept 1998 von Philippe Charbonneaux wiederentdeckt wurde. Charbonneaux ist ein großer Name im französischen Automobilbau, denn der Industriedesigner gestaltete unter anderem den Renault 8, 16 und 21.
Er wusste also einigermaßen was er tat, als er 1996 seinen "City" mit E-Antrieb präsentierte, ein Rhomboid-Kleinstwagen mit einer zweigeteilten Karosserie, bei der das Vorderteil nach vorne gezogen werden konnte, um in den knappen Innenraum zu gelangen.
Ebenso klein war allerdings auch der Platzbedarf, den "City" beanspruchte - ein ideales Fahrzeug für Pendler in Paris, die eine Lösung für den knappen Parkraum forderten.
"Fliegendes Ei"
Jüngstes Fahrzeug der Ausstellung auf der Retromobile in Paris war "Ellipsis", ebenfalls von Charbonneaux entworfen. Diesmal allerdings unter der Maßgabe, ein besonders sicheres Fahrzeug zu entwickeln.
Das dreisitzige Vehikel besitzt große Knautschzonen, die Karosserie ist glattflächig und für den Fußgängerschutz optimiert - so ist etwa an der Front keine Karosserienaht und keine Kante zu finden. Der Fahrer sitzt zentral, kurz vor der mittleren Achse, an der die beiden mittleren Räder geführt werden.
Charbonneaux entwickelte sein Konzept weiter und baute insgesamt 7 Prototypen, bevor er am 4. Juni 1998 im Alter von 81 Jahren starb.
Alle 5 Fahrzeug. der Ausstellung zeigen wir in unserer Fotoshow.