1.000 Stunden Arbeit bis zum Campervan
Als der Platz im Wohnwagen nicht mehr reichte, musste ein neues Urlaubsdomizil her. Gefunden haben Frank Deckers und seine Partnerin dafür einen VW Crafter, der nach den eigenen Wünschen ausgebaut wurde.
Eigentlich ist der Selbstausbau eines Kastenwagens gar nicht so aufwendig. Stichsäge, Kreissäge, Akkuschrauber und sonst übliches Werkzeug – viel mehr braucht es nicht, meint zumindest Frank Deckers. Und natürlich Platz, den er bei sich zu Hause reichlich hat. Ebenfalls zugute kommt dem Hobbyhandwerker sein Talent, mit Holz zu arbeiten, sagt er. Hätte er das früher erkannt, wäre auch eine Berufslaufbahn in diese Richtung denkbar gewesen.
Stattdessen arbeitet der 53-Jährige heute als Vertriebler im Außendienst und widmet seine freie Zeit dem Surfen, dem Tüfteln am VW Crafter und dem Reisen mit selbigem. Früher waren Frank und seine Freundin Sabine im VW Bulli unterwegs. Es folgten Urlaube mit einem Wohnwagen – 4,90 Meter kurz –, Platz war da Mangelware. Irgendwann hatte der Caravan deshalb ausgedient, und es wurde Zeit für Ersatz. Das war 2017. Die beiden fuhren zum Caravan Salon nach Düsseldorf und kehrten ziemlich ernüchtert zurück, erinnert sich Deckers. "Niemand konnte uns einen Grundriss zeigen, der uns gefiel."
Dabei waren die Ansprüche keineswegs zu hoch: ausreichend Platz und einen möglichst unverbauten Blick durch die offene Schiebetür – etwa aufs Meer oder die Berge. Um sich einen ersten Eindruck vom künftigen Innenraum und den zu planenden Möbeln zu machen, bauten sich Deckers und seine Partnerin in der Garage unterschiedliche Raumkonstellationen aus Kartons zusammen, noch bevor es überhaupt ein Fahrzeug gab.
Das passende Fahrzeug
Dann wurde das Paar fündig. "Gesucht war eigentlich ein farbenfroheres Auto", erinnert sich der Hobbyschreiner. "Dass es trotzdem ein weißer Kastenwagen wurde, lag vor allem an den tollen Konditionen." 2,5-Liter-Turbodiesel aus erster Hand, Baujahr 2006.
Genutzt wurde der 136 PS starke Crafter ausschließlich als Cateringfahrzeug, dessen geringe Laufleistung mit 80.000 Kilometern und ein Preis von 7.850 Euro letztlich den Ausschlag für den Kauf gaben.
Noch im Mai beginnt das Paar mit dem Ausbau. Rund 1.000 Arbeitsstunden stecken mittlerweile im Crafter, den die Besitzer aufgrund der großen Bulli-Form auf den Namen "Grulli" tauften. Ähnlich viele Stunden, schätzt Deckers, investierten die beiden Camper für Fahrten zum Baumarkt und Überlegungen zur richtigen Möbelform. Zum besseren visuellen Verständnis fertigte Frank Deckers geometrische Zeichnungen davon an.
Erste Reise im selbstausgebauten Crafter
Knapp ein halbes Jahr später, im November 2018, ist der Grulli mit seinem individuellen Grundriss fertig für die erste Reise. Silvester verbringen Frank und Sabine schon im ausgebauten Kastenwagen an der niederländischen Nordseeküste bei Renesse.
Grundriss mit Schlafsitzbank
Schon mit der Position des Betts hebt sich die Raumaufteilung des Crafter-Ausbaus von üblichen Kastenwagenlayouts ab. Das Paar platziert eine Schlafsitzbank längs hinter dem Fahrersitz. Die Sitzfläche lässt sich zusammen mit der Rücklehne in eine 1,85 mal 1,35 Meter große Liegefläche verwandeln.
Darunter verbergen sich zwei Fächer, eines ist Stauraum, das andere für Technik wie Heizung (Truma Varioheat Eco) und Aufbaubatterie reserviert. Später kommt noch ein Sideboard mit schwenkbarem Tisch neben die Schiebetür.
Und wo ist die Küche? Für den freien Ausblick vom Sofa bleibt für die Kombüse nur das Heck. Die Fenster in den Hecktüren lassen Tageslicht herein. Weitere Fenster hat der VW zunächst nur im Fahrerhaus. In die Seiten der Karosserie schneidet Deckers daher mit der Stichsäge zwei Ausschnitte: Ein Fenster kommt in die Wand über der Schlafbank, eines in die Schiebetür. In die eher schmale Dachfläche setzt er zwei Mini-Heki-Dachluken ein, eine mittig im Fahrzeug und eine über der Küchenzeile.
Bullaugen und Porta-Potti
Die von Sabine gewünschten Bullaugenfenster setzt Frank in die Wand ein, die die Küche vom Heckstauraum abtrennt. Die Küchenzeile ist mit einem Zweiflammkocher ausgestattet. Unter der Arbeitsfläche lagern 38 Liter Frischwasser in drei Kanistern und einer mit 19 Litern für das Abwasser. Daneben liegt der nach innen luftdicht abgeschlossene Gaskasten, für den Frank, TÜV-konform, eine Öffnung in den Unterboden schneidet. Auf ein Bad verzichtet das Paar, ein Porta-Potti genügt ihnen als Sanitärausstattung.
Für Kleidung und Geräte wie Fernseher und Kühlschrank entwirft das Paar passende Schränke, die seitlich oder als Hängeschrank platziert werden. Als Unterkonstruktion für Grullis Möbelbau nutzt Frank Fichten- und Kiefernlatten aus dem Baumarkt. Die Möbelklappen und -fronten bestehen aus MDF-Platten. Die Hohlräume zwischen Stahlblechkarosserie und Möbeln dämmt Deckers mit Armaflex.
Selbstausbau Serie
Unser Autor Fabian Dresler hat ebenfalls kürzlich einen Kastenwagen selbst ausgebaut. Er hat alle Schritte in einer Serie für uns festgehalten. Hier geht es zum aktuellen Teil: Heizung und Möbelbau.