Mercedes Benz Marco-Polo (2020)

Der Marco Polo möchte im Zuge der Modellpflege der V-Klasse mit einem stärkeren Motor, mehr Sicherheit und optischen Neuerungen punkten. Mit Erfolg? promobil hat die Topmotorisierung V 300d mit 239 PS und Allradantrieb in Spanien getestet.
Mercedes-Benz konzentriert sich für die Saison 2020 beim neuen Marco Polo-Modell vor allen Dingen auf die Basis. Die stellt bekanntermaßen die V-Klasse. Neuer Motor, neues Getriebe, mehr Assistenzsysteme und ein aufgefrischtes Frontdesign, das die Großraumlimousine näher an den aktuellen Markenstil rücken lässt. Diese drei Punkte sind promobil beim Test in und um Barcelona aufgefallen.
Fakt 1: Marco Polo bleibt sich treu
Sonne und Strand: Ideale Voraussetzungen für einen ausgiebigen Testtag mit dem neuen Marco Polo von Mercedes-Benz. Wobei „neu“ relativ zu verstehen ist. Denn was speziell das Campingausstattung im 5,14 Meter langen Van angeht, hat sich in Bezug auf die aktuelle Modellplege wenig getan – im positiven wie im negativen Sinne.
Wer den Marco Polo kennt, der weiß: Der Anspruch des Campervans lag schon immer darin, Funktionalität und Eleganz miteinander zu verbinden. Dieser Kerngedanke wird auch für die Modellsaison 2020 konsequent fortgeführt. Da es, wie in jeder guten Beziehung, auf die inneren Werte ankommt, begutachten wir zunächst das Interieur. Das Cockpit – jetzt auch mit den Luftausströmern im Turbinendesign aus der A-Klasse – und der Ausbau bilden optisch ein stimmiges Bild. Nach wie vor hält man am Grundriss mit der seitlichen Möbelzeile samt Spüle, Zweiflammkocher und Kühlbox sowie der Schlafsitzbank fest. Die bildet zusammen mit den drehbaren Cockpitsitzen und dem an einer Schiene am Küchenblock befestigten Tisch eine Sitzgruppe. Apropos Sitzen: Die cremefarbene Polsterung namens „Tartufo“ ist ebenfalls neu.
Die verschiebbare Sitzbank wird im Vergleich zu anderen Campingbussen im Segment jedoch nicht manuell, sondern elektrisch auf Knopfdruck zur Liegefläche. Das nennt man mal Luxus – auf den Menschen ohne Rückenbeschwerden aber auch verzichten könnten. Jetzt noch ein Topper drauf und mit geöffnetem Heckfenster die Aussicht auf das Meer genießen, das mit seinen schüchtern wirkenden Wellen an diesem Tag liebevoll die spanische Küste streichelt – herrlich!
In puncto Stauraum stehen im Heck neben dem Kleiderschrank zwei weitere Fächer – eines auf und eines unter der Bettverlängerung – zur Verfügung. Sollen die Campingmöbel mit an Bord, verschwinden diese in der herausnehmbaren Gepäcktaschen unter der Bettverlängerung. Dadurch geht jedoch Platz für weiteres Zubehör flöten. Alternativ öffnet die Ablage unter der Sitzbank ihre Schublade. Der Hängeschrank im Heck kommt stylisch und ansprechend mit Lautsprechern daher.
Das gesamte Soundsystem stammt im Übrigen von Jehnert – und damit nicht wie in der V-Klasse und bei Mercedes üblich von Burmester. Soundprobe gefällig? Neun Lautsprechern samt Subwoofer und 5-Kanal DSP-Verstärker machen aus der gemütlichen Session am Strand von Sitges nahe Barcelona schnell eine kleine Party. Wahlweise tönt dann im Frontbereich oder im „Wohn“-Setup auch aus den Boxen im Fond die Musik. Der Blutooth-Port ermöglich zudem die Steuerung über das Smartphone – ohne, dass die Frontsysteme dabei eingeschaltet sein müssten. Das System kann somit auch gemütlich außerhalb des Fahrzeugs gesteuert werden. Eine rießige mobile Soundbox sozusagen!
Wenn man dann schon mal draußen steht, stellt man fest, dass der Marco Polo auch gut ins Bild zu den an uns oberkörperfreien vorbeirennenden Joggern passt – sportlich! Oben ohne kann der Camper zwar nicht, dafür aber oben offen. Und so bietet der Marco Polo neben der Schlafsitzbank mit seinem elektrischen Aufstelldach Platz für weitere zwei Personen. Neu hinzukommen die Lackierungen Graphitgraumetallic, Selenitgraumetallic, Stahlblau oder Hyazinthrotmetallic.
Die überarbeitete Frontpartie mit größeren Kühllufteinlässen und die neue Rautenstruktur im Kühlergrill übernimmt man von der V-Klasse. Nicht zu übersehen: Der Mercedes-Stern zentral im Kühlergrill platziert.
Fakt 2: OM 654 mit weniger Hubraum und mehr Leistung
Genug am Strand herumgedümpelt. Dass der Marco Polo Camping kann, hat er bewiesen. Jetzt wird gefahren – und zwar an Barcelonas steilen Küste entlang hinauf in die Berge. Zugegeben, vielleicht nicht die einfachste Herausforderung für einen Marco Polo mit einem Leergewicht von 2.555 Kilogramm, aber deshalb heißt es ja auch Herausforderung.
Zukünftig fährt der Marco Polo mit einem Aggregat aus der OM 654-Motorenfamilie. Der Aluminium-Diesel-Vierzylinder mit zwei Liter Hubraum wird es in den Leistungsstufen mit 163, 190 und – aufgepasst – 239 PS geben. Der V300 d drückt dabei satte 500 Newtonmeter auf die Kurbelwelle und erfüllt Euro 6d temp.
Zufällig entscheiden wir uns für die Topmotorisierung mit 4Matic. Wichtig für alle Campingfans, die ihren Van auch gerne im Alltag benutzen: Die Fahrzeughöhe bleibt auch mit Allradantrieb unter der Zwei-Meter-Grenze. Die kurvigen Straßen haben es in sich, doch das optionale Agility-Control-Fahrwerk führt den Camper geschmeidig nach oben. Hier spielt die V-Klasse als Basis ihr ganzes Können aus. Fast wie in einem Pkw, nur eben mit 1,99 Meter Höhe.
Beim Herausbeschleunigen aus der Kurve machen sich dann die 500 Newtonmeter bemerkbar, die für einen kurzen Moment gar auf 530 Newtonmeter ansteigen und den Drehmoment so für kurze Zeit an den Anschlag bringen. Ziemlich ungewohnt in einem Van so in den Sitz gedrückt zu werden. Overtorque nennt das Mercedes – und es macht Spaß! In knapp über acht Sekunden sprintet der Marco Polo somit von 0 auf 100. Das ist ein neuer Spitzenwert im Segment. Während unserer – zugegeben durchaus sportlichen Fahrt – verbrauchte der Marco Polo rund 10,5 Liter. Das geht absolut in Ordnung. Generell soll der OM 654 dank seinem leichteren Aluminium-Kurbelgehäuse, einem Einspritzdruck von 2.500 Bar – vorher 1.800 Bar – weniger Kraftstoff verbrauchen. Eine spezielle Zylinderbeschichtung sorgt zudem für eine glatte Oberfläche in der Laufbuchse und reduziert die Reibung.
Ebenfalls neu: Die 9G-Tronic Wandlerautomatik, die die bisherige 7G-Tronic ablöst. Die lässt sich wahlweise im Comfort, Sport oder Manuell-Programm fahren und ist mit einer Spreizung von 9,15 extrem weit. Sie hält auch bei Spitzengeschwindigkeiten auf der Autobahn die Drehzahl gering und die Stimmung im Fahrzeug tiefenentspannt. Doch die V-Klasse kann auch anders. Denn vor allem im Sportmodus macht die 9G-Tronic so richtig Spaß und lässt die Drehzahlnadel nicht zur Ruhe kommen. Stichwort Ruhe. Besonders auffällig beim Fahren: Der leise Motor, der akustisch kaum noch als ein Diesel zu identifizieren ist.
Fakt 3: Mehr Sicherheit, doch kein MBUX
Für den Fall der Fälle dürfen sich die Reisenden im Marco Polo ziemlich sicher fühlen. Insgesamt 13 Sicherheits- und Assistenzsysteme bietet die neue V-Klasse. War der Seitenwindassistent bisher serienmäßig mit dabei, wird dieser zukünftig um den aktiven Brems-Assistent ergänzt. Das Prinzip: Vor einem möglichen Auffahrunfall warnt der Bremsassistent den Fahrer über ein optisches und akustisches Warnsignal. Bleibt eine Reaktion des Fahrers aus, führt das System ein autonomes Bremsmanöver durch.
Der neue Fernlicht-Assistent Plus leuchtet bei Nacht im Fernlichtmodus die Fahrbahn aus und passt den Lichteinsatz an, um den Gegenverkehr nicht zu blenden. Bei den Assistenzsystemen erweist sich die 360-Grad-Kamera vor allen Dingen beim Ein- und Ausparken in den engen Straßen in Katalonien als goldwert. Warum man allerdings nicht wie schon im Sprinter auf das Infotainmentsystem MBUX setzt, bleibt offen – schade! Wie es zukünftig aussehen kann, stellte Mercedes im vergangenen Jahr auf dem Caravan Salon in Düsseldorf mit dem Mercedes Concept Marco Polo vor.
Mercedes-Benz Marco Polo 300 d 4Matic:
Länge/Breite/Höhe: 5140/1928/1980 in Millimeter Leergewicht: 2.555 Kilogramm Zulässiges Gesamtgewicht: 3.100/3.200 Kilogramm Hubraum: 1.950 Kubikzentimeter Leistung: 176 Kilowatt/239 PS Preis: noch nicht bekannt, vermutlich ab 62.000 Euro