Ist der Luxus-Caravan das Geld wert?

Weinsberg streckt einen Günstig-Caravan auf zehn Meter Länge und verpasst ihm Zentralheizung, Ledersofa, Kaminfeuer und Flatscreen – ist das total gesponnen oder bezahlbarer Luxus?
- Optik und Ausstattung
- Möbelbau und Stauraum
- Technik und Fahrerlebnis
- Das fiel uns auf
- Daten und Preise
- Fazit
Der Caraone Edition Ice wirft erst einmal Fragen auf: Warum wählt ein Konzern, unter dessen Dach sich mit Knaus und Tabbert auch zwei höher angesiedelte, traditionsreiche Caravanmarken versammeln, ausgerechnet die jüngste und günstigste, um einen Luxusdampfer mit Warmwasser- samt Fußbodenheizung auf vier Räder zu stellen? Und vor allem: Geht das gut?
32.890 Euro ruft Weinsberg für den 740 UWF auf – inklusive Alde-Heizung, XPS- statt Styropordämmung unter Glattblech- statt Hammerschlagwänden, 45-Liter-Wassertank, feudalen Clubsesseln (eher ein Clubsofa), künstlichem Kamin mit Heizfunktion und elektrisch ausfahrendem 49-Zoll-HD-TV. Bevor Sie jetzt den Kopf schütteln oder mit den Augen rollen: Wem Kinder an Bord wichtiger sind als ein lebhafter Bildschirm, bekommt mit dem Edition Ice 740 UDF quasi denselben Wagen mit Etagenbett anstelle des Sofas und einer zusätzlichen Dinette gegenüber.
Mit 29.400 Euro kostet der UDF sogar deutlich weniger als der Kinowagen UWF. Zum Vergleich: Die ähnlich aufgeteilten, sprich mit Etagenbett ausgestatteten Knaus Sport und Südwind Silver Selection 750 UFK kosten – ohne Warmwasserheizung – 25.360 respektive 29.799 Euro, ein Dethleffs Camper 730 FKR 26.399 Euro. Rechnet man beim Südwind und beim Dethleffs Camper die Alde-Warmwasserheizung hinzu, landen beide leicht über dem Preis des Edition Ice mit Kinderbetten. Mangels Wettbewerb bleibt unser Testkandidat bei den Vergleichen außen vor.
Auf dem Papier ist der Weinsberg also ein zwar attraktives Angebot für Ganzjahres- und semisesshafte Saisoncamper, jedoch kein ausgewiesener Preisbrecher. Denn im Vergleich mit den internen und externen Mitbewerbern ist der Caraone Edition Ice deutlich schlichter gestaltet. Was freilich wurscht ist, wenn der Wagen 1.) gefällt und 2.) qualitativ überzeugt. Während Punkt eins hauptsächlich im Auge des Betrachters liegt, der dem geradlinigen Stil durchaus etwas abgewinnen kann, ist Punkt zwei nachprüfbar. Was wir hiermit, außen beginnend, tun.
Optik und Ausstattung
Das glatte Alublech spannt sich wellenarm über die Dämmung aus geschlossenporigem XPS-Schaum. Sie ist aber nicht dicker als die 25-Millimeter-Styroporschicht im Standard-Caraone. Auf Holz im Sandwich verzichtet Weinsberg beim Edition Ice ebenso wenig wie auf Styropor: GfK-Bug und -Dach werden nach wie vor mit dem einfachsten aller Dämmmaterialien isoliert, was im Kapitel Wintertauglichkeit zu Punktabzügen führt. Zierleisten links und rechts sowie Aufkleber im Carbon-Look werten die Optik auf. Doch der einfache einteilige Heckleuchtenträger und der riesige, wabbelige und zudem von einfachen Schwenkbeschlägen geführte Gaskastendeckel verschenken Style-Punkte.
Dafür ist der Caraone-Bugkasten einer der voluminösesten am Markt und in der Edition Ice zudem mit einem Zweiflaschen-Gasdruckregler mit Beheizung, Crashsensor und Gasfiltern ausstaffiert. Nicht in die Serie geschafft haben es die edlen Rahmenfenster mit Plissee-Rollos, mit denen die Prototypen noch vor einem Jahr protzten. Sie stecken jetzt gemeinsam mit Alufelgen, Deichselabdeckung, beleuchteter Zierleiste und großflächigerer Außenbeklebung im 1990 Euro teuren Design-Paket. Dafür erfüllt die Eingangstür schon serienmäßig gehobene Ansprüche, doch die Vorzeltleuchte darüber ist billigster Machart.
Möbelbau und Stauraum
Den Möbelbau passt Weinsberg auf die Anforderungen der Warmwasserheizung an: Unter Sitztruhen, Bettkasten, Kühlschrank, Loungesofa und Wäscheschrank strömt die Luft ungehindert zu den Heizkörpern (Konvektoren), nicht aber unter der breiten Küche und dem Waschtisch. Oberhalb der Deckenschränke, des Wäscheschranks und hinter der rundum bestens abgedichteten Küchenarbeitsplatte tritt sie erwärmt wieder aus. Um die Zirkulation nicht zu behindern, sind die Bodenstauräume mit aufgeständerten Einlegern versehen. Der Zwischenboden unter dem Bett hat seitliche Gepäckstopper. Einziger Makel: Die Ablassventile für die Wasserleitungen ragen ungeschützt über das Bodenniveau hinaus.
Eleganz und Raffinesse – viele Kanten sind sehr scharf, Umleimer eher simpel – ist das Ding des Interieurs nicht. Dafür punktet es mit Stabilität. Am tiefen Dachschrank im Bug könnte man Klimmzüge machen. Dass Verschlüsse an den Klappen der voluminösen Oberschränke im Wohn- und Schlafbereich fehlen, gleichen hohe Rüttelkanten wieder aus. Küchenauszüge und Schränke werden von Pushlocks gesichert, die Küchendachschränke von Hakenverschlüssen. In Sachen Stauraum – und Zuladung! – lässt der Edition Ice ohnehin nichts anbrennen.
Die Küche des Caraone überzeugt mit viel Stauraum und Arbeitsfläche. Sogar Platz für eine Kaffeemaschine ist links vorhanden – nur leider sitzt die einzige Steckdose rechts. Um hier also noch mal den Beginn dieses Tests aufzugreifen: Die Qualität des Weinsberg ist deutlich besser, als es das aufs Wesentliche reduzierte Design vermuten lässt.
„Nahsehen“ statt fernsehen
Brennen tut es dafür im Mitteltrakt – wenn auch nur artifiziell: Im Zentrum des wuchtigen Sideboards, aus dessen Bauch der DVB-T2-Fernseher surrt, sitzt ein künstlicher Kamin mit Hintergrundbeleuchtung und zweistufiger (1000/ 2000 Watt) E-Heizung. Der Nutzen der TV-Kommode selbst ist beschränkt: Die drei Innen-Steckdosen sind allesamt belegt, eine einzige weitere Dose außen ist zu wenig, außerdem ist sie auf der gegenüberliegenden Seite der Medien-Anschlüsse des Fernsehers postiert. Zudem müssen alle HDMI- und sonstigen Kabel ausgesteckt werden, bevor der TV versenkt wird.
Darüber hinaus passen keine Abspielgeräte wie eine Spielkonsole in die Regalfächer der Kommode. Mit Verlaub: Das Loungesofa mit ausklappbaren Fußstützen, Getränkehalter und Mittelfach ist ein bisschen geil. Auch wenn man darauf wenig mehr als fernsehen kann. Wobei es eher „nahsehen“ ist, bei knapp zwei Meter Abstand zum Bildschirm. Dass weder eine DVB-T2-Antenne noch eine TV-Außeneinspeisung vorhanden sind, darf als schwach angesehen werden. Und anders als in manchen Unterlagen behauptet, handelt es sich beim Fernseher auch nicht um einen Smart-TV mit WLAN-Empfang.
Technik und Fahrerlebnis im Caraone
Bleiben wir bei der Technik. Zwar setzt Weinsberg an allen Innenleuchten auf LED, doch insgesamt ist der Riese ein eher schummriger Geselle. Einzig die Küche wird hell illuminiert. An der Sitzgruppe, die über sehr angenehme Polster mit allerdings zu steilen Rückenlehnen verfügt, gibt es zwar hübsche Schirm-, aber keine praktischen Leselampen.
Die Effizienz der Alde-Heizung und der Zusatzheizung im Kunstkamin war bei frühsommerlichen Temperaturen nicht zu überprüfen. Ebenso wenig die Funktion der Warmwasser-Fußbodenheizung, die nicht separat regelbar ist. In der Bedienungsanleitung finden Besitzer eines Edition Ice übrigens keine Hilfestellung – er taucht darin nicht auf.Besser als erwartet gebärdet sich der Dicke auch auf der Straße: Im Schlepp des BMW X5 40d (313 PS), der diese Aufgabe mit einer fast beängstigenden Souveränität erledigt, folgt er sicher und berechenbar. So wird sich der Edition Ice nicht die vier (Billig-)Reifen plattstehen, sondern darf ganzjährig unterwegs sein. Aushalten wird es der solide Wagen, der in Deutschland gebaut wird.
Das fiel uns auf
(+) Der Kamin beansprucht zwar Platz, hat aber einen echten Zusatznutzen: eine Heizung.(+) Die Sitzstaukästen sind vollständig für Gepäck nutzbar. Nur der Zugang ist nicht ganz easy.(+) Im großen Gaskasten wird serienmäßig eine Zweiflaschen-Anlage mit Heizung und Gasfilter verbaut.(-) Indirekte Beleuchtung über der Sitzgruppe: scharfkantig, schlecht verklebt, stark blendend.(-) Die drei Steckdosen in der TV-Kommode sind schon belegt. Außen gibt es nur eine – zu wenig.(-) Die Wasserablassventile im Bettstauraum ragen ungeschützt über das Bodenniveau hinaus.
Daten und Messwerte
Schlafplätze: 2+2Zul. Gesamtgewicht: 2500 kgGesamtlänge: 9,37 mBreite: 2,50 mHöhe: 2,57 mGrundpreis: ab 32.890 Euro
Karosserie
- Aufbau: Sandwichbauweise mit XPS- und EPS-Schaumisolierung. Dach GfK/EPS (31 mm), Seitenwände Alu-Glattblech/XPS (31 mm), Bug/Heck Glattblech. Boden Sperrholz-EPS-Sandwich (38 mm). Deichselkasten aus ABS, Deckel an Klappbeschlag. Zweiteilige Aufbautür 161 x 57 cm mit Fenster, Einstiegshöhe 51 cm.
- Anbauteile: einteiliger Heckleuchtenträger, Rangiergriffe. Gaskastendeckel aus ABS, aufgesetzte Rangiergriffe.
- Fenster/Hauben: 9 Ausstellfenster mit Rastaufstellern und Rastrollo-Verdunkelung. 2 Dachluken 40 x 40 cm, Pilzlüfter Toilettenraum.
Möbel
- Material/Beschläge: Sperrholzmöbel mit Metallscharnieren mit integrierten Federaufstellern, Kunststoff-Hakenschnäpper an Küchenunteroberschränken. Pushlocks an Küchenauszügen und -türen, Drehstangenschlösser an Schränken, Fallenschloss an Badtür.
Bordtechnik
- Gas/Heizung: Duocontrol mit Crashsensor, Eis-Ex und Filter. Gas-/Elektro-Warmwasserheizung Alde C 3020 mit Fußbodenheizung.
- Wasseranlage: 45-Liter-Frischwassertank, Tauchpumpe. Elektrik: Umformer Schaudt CSV 402, 380 W. 7 Steckdosen (3 in TV-Kommode, 1 Kommode außen, 1 Sitzgruppe, 1 Küche, 1 Bad). 3 USB-Anschlüsse (1 Sofa, 1 Bett, 1 Kommode).
- Beleuchtung: 2 Deckenleuchten, 2 Lesespots Bett, 1 Leuchtstab und 2 Spots in Küche, 2 Spots Waschbereich, 1 Spot Toilettenraum. 4 Schirmlampen (Sitzgruppe und Sofa), 1 Halogen-Vorzeltleuchte.
- Küchenausstattung: Dreiflammkocher mit Zündhilfe, Rundspüle mit abgesetztem Hebelmischer. Kühlschrank Dometic RML 8550 mit 181 Liter Nutzinhalt und herausnehmbarem 33-Liter-Gefrierfach.
- Sanitär: Dometic-CTS 4110-Drehtoilette. Waschtisch mit Rundwaschbecken, 3 Spiegeln, Regal und Unterschrank.
Preise
- Grundpreis: 32.890 Euro
- Testwagenpreis: 33.089 Euro