Wohnmobil-Tour im Weserbergland

Der Stellplatz in der Weserschleife von Bad Karlshafen verlockt
zum geruhsamen Entdecken und Ausruhen, genau wie die gesamte Region
– Mobil-Tour durch das schöne Obere Weserbergland.
Langsam hebt sich der Frühnebel, die bewaldeten Höhenzüge von Solling und Reinhardswald tauchen im Dunst auf. Die Welt ist noch feucht vom Tau der Nacht, es riecht nach frischem Gras, leise murmelt die junge Weser direkt vor dem Fenster des Reisemobils. Wir stehen auf der grünen Wiese des Stellplatzes in der Weserschleife von Bad Karlshafen, vom Kiosk duften frische Brötchen herüber. Am anderen Ufer, zu Füßen der alten Barockstadt, wird das Deck des Weserschiffs Höxter geschrubbt, Abfahrt 10:30 Uhr Richtung Schloss Corvey. Wir bleiben heute lieber am Reisemobil, beobachten die Schwäne im Wasser, zu gemütlich ist es hier am Flussufer. Der Stell- und Campingplatz Bad Karlshafen hat die Faulenzertage ausgerufen, wir folgen gern.
Das Weserbergland bietet viele Wohnmobil-Stellplätze
Wer mag, kann im Oberen Weserbergland aber genauso gut Platz-Hopping betreiben und täglich ein neues Quartier ansteuern. So viele gute Adressen gibt’s hier, nicht wenige davon direkt am Weserufer im saftigen, grünen Gras, und selten ist ausgebucht, schon gar nicht während der Nachsaison. Wer mitten in Deutschland ruhige Tage in der Natur verbringen will, ist hier genau richtig – und ringsherum gibt es jede Menge zu sehen.
Zum Beispiel in Hannoversch Münden, wo unsere Tour beginnt. Der Stellplatz Tanzwerder am Weserstein liegt hier nicht sonderlich idyllisch am Ende eines großen Parkplatzes, bietet aber einen unschätzbaren Vorteil: Über eine hölzerne Brücke lässt sich in wenigen Minuten die Altstadt erreichen. Außerdem steht direkt nebenan ein wahrer Meilenstein. „Wo Werra sich und Fulda küssen / Sie ihren Namen büssen müssen / Und hier entsteht durch diesen Kuss / Deutsch bis zum Meer der Weserfluss“, verkündet eine Tafel auf dem 70 Zentner schweren Quarzit, der am Zusammenfluss von Werra und Fulda ruht. Durch eine mächtige Rosskastanie beschirmt, markiert er den Geburtsort der Weser, mit 451,4 Kilometer Länge einer der bedeutendsten Flüsse unserer Republik, dem wir nun ein Stückchen weit folgen.
Zuvor jedoch wird „eine der sieben schönstgelegenen Städte der Welt“ (so das Lob des weit gereisten Forschers Alexander von Humboldt, 1769–1859) erkundet. Man schlendert durch ein Gewirr schmaler Gassen, vorbei an aufwendig restaurierten Fassaden der mehr als 700 Fachwerkhäuser aus sechs Jahrhunderten. Boutiquen und Shops, das Renaissance-Rathaus, Wehrtürme und Befestigungsanlagen prägen das Bild. In Cafés zischen Espressomaschinen, werden Butterkuchen und Welfenspeise (eine Vanillecreme-Leckerei) serviert. Ein Stück heile Welt.
Die Gierseilfähre in Reinhardshagen
Am nächsten Tag fahren wir weiter flussabwärts. Nach wenigen Kilometern ist der Ort Reinhardshagen erreicht und mit ihm ein eigenwilliges Verkehrsmittel, wie es im Lauf der oberen Weser noch häufig zu finden ist. Leise gleitet die über 650 Jahre alte Gierseilfähre vom anderen Ufer herbei, nur vom Rauschen des Wassers begleitet. Sie wird durch die Kraft des jungen Flusses angetrieben, Energie kosten nur die Winden der beiden Drahtseile, mit denen der Fährmann den Anstellwinkel des Kahns zur Strömung bestimmt. Neben vier, fünf Autos findet das Reisemobil bequem Platz an Bord, mit sieben Stundenkilometern schippern wir hinüber, macht zwei Euro, und schon wartet am Ufer im Grünen der stille Naturplatz Wesercamping Hemeln als Quartier für die Nacht.
Die Deutsche Märchenstraße führt durchs Weserbergland
Haben Sie früher auch gerne Grimms Märchen gehört und später den Kindern selbst vorgelesen? Dann gehen Sie doch mal auf Spurensuche, schließlich verläuft die Deutsche Märchenstraße durch diese Region. Ein kleiner Abstecher führt zum Beispiel von Oberweser-Gieselwerder in die Berge nach Westen zur Sababurg, die den Brüdern Grimm als Vorbild für ihr Dornröschenschloss diente und heute unter anderem ein gutes Restaurant, Konzerte und einen Tierpark bietet. Gutes essen kann man auch nahebei auf der Trendelburg, besser bekannt als Rapunzelschloss – vom Hauptturm hängt Rapunzels goldener, 20 Meter langer Zopf herab, von den Frauen der Ortschaft sorgsam geflochten.
Abends sind wir dann aber wieder am Fluss auf dem eingangs genannten Platz in der Weserschleife von Bad Karlshafen. Besichtigen in den nächsten Tagen die weißen Barockgebäude der Ortschaft, wandern dann hoch zum Weser-Skywalk, einer Aussichtsplattform, die in 80 Meter Höhe mutig in den Fels geschraubt ist. Erkunden Beverungen mit dem Cordt-Holstein-Haus, das weiße Schloss Fürstenberg samt Museum und Produktionsstätte der zweitältesten Porzellanmanufaktur Europas, die Stadt Höxter mit ihrem historischen Zentrum und Schloss Corvey, das zum Welterbe der Unesco zählt. Später geht es weiter flussabwärts, das Obere Weserbergland bleibt zurück, die Landschaft wird flacher, und es ist ein verlockender Gedanke, immer weiter zu fahren, durch die Norddeutsche Tiefebene bis zur Mündung der Weser bei Bremerhaven – es gibt noch so viel zu sehen.