Wohnmobil-Tour in der Schweiz

Böse Zungen sagen den Menschen in der Schweizer Hauptstadt nach, nicht die Allerschnellsten zu sein – alles nur ein Vorurteil. Und doch laden Bern und das Berner Oberland zur Entschleunigung ein.
Eiger, Mönch und Jungfrau. Kein Zweifel, das Bern.r Oberland ist dank seines hochalpinen Dreigestirns eines der weltweit berühmtesten Ziele Europas. Immerhin bietet die Region neun Viertausender auf, darunter eben Jungfrau und Mönch. Weitere 21 Gipfel der Berner Alpen zählen zu den Dreitausendern. Der Eiger, einer der Königsdisziplinen für Alpinisten, gehört mit „nur“ 3967 Metern dazu. Stellt sich die Frage: Was hat die Gegend zwischen dem Grimselpass und Bern sonst noch zu bieten? Die Antwort fällt vielfältig aus: eine ganz besondere Atmosphäre, traditionsreiche Orte und vor allem jede Menge Wasser!
Wie ein türkisfarbenes Band windet sich die Aare durch den Kanton Bern. Sie entspringt am Finsteraarhorn, seiner höchsten Erhebung. Dann frisst sie sich nahe Meiringen in einer abenteuerlichen Schlucht durch den Fels, durchfließt den Brienzer-, den Thuner- und den Bielersee und mündet nach knapp 300 Kilometern in den Rhein. Seinen ganz großen Auftritt aber hat der größte rein Schweizer Fluss in Bern. Die Aareschlaufe rahmt die mittelalterlich geprägte Altstadt mit ihrem einzigartig geschlossenen Ensemble aus ockerfarbenen Sandsteinbauten auf drei Seiten ein.
Sie sind trotz etlicher Modernisierungswellen im Lauf der Jahrhunderte von Bausünden weitgehend verschont geblieben. Das macht Bern so heimelig und brachte der Stadt den Status als Unesco-Weltkulturerbe ein. Besonders typisch sind die kilometerlangen Arkadengänge, die Lauben, in denen sich herrlich bummeln und verweilen lässt. Ein weiteres Unikum der Altstadt sind die über 100 Brunnen, von denen der Kindlifresserbrunnen der skurrilste ist.
Entschleunigung – nur mit der Ruhe
Als weithin sichtbarer Fixpunkt ragt das Münster über das Häusermeer, das von einer Hauptachse geteilt wird. Sie verläuft zwischen der Heiliggeistkirche und der Nydeggbrücke. Auf der anderen Seite liegt der viel besuchte Bärengraben. Eine dreiköpfige Braunbärfamilie macht die Erinnerung an das Wappentier der nach seinen Gründern genannten Zähringerstadt lebendig. Von hier aus eröffnet sich einer der schönsten Blicke auf Bern.
Ein Besuch der Stadt mit ihren Sehenswürdigkeiten wie etwa der Zytglogge und den vielen Museen braucht Zeit. Als Highlight für Kunstliebhaber gilt das Zentrum Paul Klee. Am besten ist jedenfalls, sich vom Motto der Bern.r leiten zu lassen: „Nume nid gschprängt!“ – nur mit der Ruhe. Es scheint, als sei die Landeshauptstadt die Mutter der Entschleunigung. Das ist im ganzen Kanton zu spüren und hat vor allem mit der atemberaubenden Landschaft zu tun. Wer auf der Autobahn, aus Deutschland kommend, Bern passiert, wird mit einem Panorama konfrontiert, das seines Gleichen sucht.
Zum Greifen nah scheint die vergletscherte Alpenkette. Aber es braucht schon über eine Stunde Fahrt, um ihr wirklich nahe zu kommen. Doch zuvor lohnt unbedingt ein Abstecher ins grüne Emmental. Nicht nur weil zum Beispiel mit der Schaukäserei in Affoltern ein attraktiver Zwischenhalt lockt, sondern auch wegen der Stellplätze. Bis auf diese Region sind sie im Kanton Bern ansonsten nämlich Mangelware. Irgendwie haben die Schweizer Touristiker die Reisemobilisten als wichtige Gästegruppe noch nicht entdeckt.
Mit den Stellplätzen hapert es noch
Obendrein machen die Behörden den Betreibern durch viele Auflagen das Leben schwer. Das drückt sich auch in der Wegweisung aus: Schilder, die auf Stellplätze hinweisen, sind auf öffentlichen Straßen tabu. Wer aber einmal den Kürbishof in Oberburg oder den Blaubeerhof der Familie Bracher in Brunnen erreicht hat, wird von herzlichen Gastgebern und einer idyllisch-ländlichen Kulisse belohnt. Reisemobilisten, die weiter in Richtung der Berner Alpen wollen, müssen am Abend auf einem der vielen Campingplätze unterkommen.
Empfehlenswerte Stationen gibt es außer in Bern auch bei Spiez am Thunersee, in und um Interlaken, in Brienz, in Lauterbrunnen und in Meiringen. Ausgewiesene Stellplätze? Mit Ausnahme von Meiringen Fehlanzeige! Vielleicht hat das auch damit zu tun, dass die Top-Spots eh von Touristen überlaufen sind. Hier trifft sich die ganze Welt! Nirgendwo in der Schweiz stieg die Zahl der Übernachtungen im vergangenen Jahr so stark an wie in der Region Bern. Das gilt fast zu jeder Jahreszeit. Wenn die Sightseeing-Touristen, die Wanderer, Naturfreunde und Bergfexe witterungsbedingt Pause machen, kommen die Wintersportler.
Sie werden von 27 Skigebieten umworben, darunter sind so wohlklingende Orte wie Gstaad, Grindelwald und Wengen, Adelboden und Meiringen. Nach Meiringen pilgern auch die Fans von Sherlock Holmes. Die Geschichte des Meisterdetektivs, die der britische Autor Doyle ersann, spielt in den immer noch wild tobenden Reichenbachfällen, zu denen eine Zahnradbahn führt. In der Nähe lässt sich die spektakuläre Aareschlucht erkunden. Nicht zuletzt hier zeigt sich, dass das Bern.r Oberland so viel mehr zu bieten hat als Eiger, Mönch und Jungfrau.
prombil-Tipp: Die Brienz-Rothorn-Bahn
Einen aussichtsreichen Ausflug auf das Brienzer Rothorn verspricht die Fahrt mit der historischen Zahnradbahn. Sie startet am Bahnhof in Brienz und klettert im Lauf der 7,6 Kilometer langen Strecke auf eine Höhe von 2244 Meter, wobei die Steigung bis zu 25 Prozent beträgt. Kohle- oder ölgefeuerte Dampfloks oder auch Dieselloks bringen die Passagiere von März bis Ende Oktober in rund einer Stunde zur Endstation. Von hier erschließt sich ein spektakulärer Rundblick auf bis zu 693 Berggipfel! www.brienz-rothorn-bahn.ch
Stellplätze im Bern.r Oberland
Alle Stellplatz-Empfehlungen finden Sie am Ende des Artikels