Rund 300 Autos stehen in der 7.500 Quadratmeter großen Halle.
Das älteste Modell ist der Typ A, mit dem 1919 die Autoproduktion
bei Citroën anfing. Im Vergleich zu anderen Autos war der Typ A
relativ günstig, hatte einen Elektrostarter, elektrisches Licht und
ab Werk eine Karosserie.
In einer Ecke steht das Arbeitszimmer von André Citroën . Der
1878 geborene Ingenieur hatte 1902 doppelwinklige Zahnräder
patentieren lassen, was ihn reich machte und zum Firmenlogo führte
- dem Doppelwinkel. Das Eiffelturm-Modell zeigt den Schriftzug, der
von 1925 bis 1934 am Turm leuchtete.
Den B2 gab es als Limousine und Cabrio. Er hat einen
wassergekühlten Vierzylinder mit 20 PS und drei unsynchronisierte
Gänge. Er war mit fast 90.000 gebauten Exemplaren ein großer
Erfolg.
1922 ging Citroën auf Tour durch die Sahara. Die Tour diente der
Werbung und sollte die Robustheit der Autos demonstrieren. 1924/25
durchquerten mehrere Halbkettenfahrzeuge den gesamten afrikanischen
Kontinent von Colomb-Béchar nach Kapstadt.
Die Halbketten-Konstruktion hatte sich ein französischer
Ingenieur im Auftrag des russischen Zaren ausgedacht. Als der
Ingenieur nach Frankreich zurückkam, wollte er seine Idee zunächst
an Renault verkaufen. Dort hatte man kein Interesse - im Gegensatz
zu Citroën.
Ein Citroën Six. Den Sechsyzlinder baute Citroën von 1928 bis
1932. Daneben parkt der Nachfolger "Rosalie" mit Schwan auf dem
Kühler. Der Motor der Rosalie ist auf Kautschuk elastisch gelagert
(Moteur flottant), was die Schwingungen dämpft und den Komfort
erhöht.
André Lefebvre und Flaminio Bertoni leiteten die Entwicklung des
Traction Avant, der 1934 mit selbsttragender Karosserie und
Frontantrieb seiner Zeit voraus war und wegen des tiefen
Schwerpunkts ein überlegenes Fahrverhalten bot.
Besonders rar sind die Cabrios. Im Conservatoire stehen zwei
unterschiedliche Modelljahre, die sich anhand der seitlichen
Lüftungsöffnungen gut unterscheiden lassen.
Zum langen Radstand und tiefen Schwerpunkt des Traction trägt
bei, dass das 3-Gang-Getriebe vor dem Motor montiert ist. Im
Conservatoire stehen viele Varianten vom frühen 7CV bis hin zum 15
H/Six (im Hintergrund).
Der 2,9-Liter-Reihensechszylinder des 15-H-6 macht einen
längeren Vorderwagen nötig. Mit 3,27 Meter Radstand, der
hydropneumatischen Federung an der Hinterachse und bis zu 140 km/h
Reisegeschwindigkeit galt das 1954 vorgestellte Modell als "Reine
de la Route".
Wie aus dem "Toute Petite Voiture" der 2CV wurde: Vorn ein
restaurierter Prototyp von 1939 mit einzelnem Scheinwerfer und
Anlasserkurbel, daneben parken frühe Serienmodelle des 2CV. Der
Prototyp galt 20 Jahre lang als einziger Überlebender.
Als 1939 der 2. Weltkrieg ausbrach, verschrottete Citroën alle
Prototypen des TPV. Naja, fast alle. Diese drei Prototypen standen
bis in die Neunziger-Jahre auf einem Dachboden der Gebäude von La
Ferté-Vidame, einem Testgelände in der Normandie.
Citroën veranstaltete mit dem 2CV sogenannte "Raids". Während
dieser Reise fuhren Konvois von jungen Leuten in 2CV durch Europa,
Afrika und den vorderen Orient.
Citroën hat trotz fähiger Fahrwerke bei vielen Autofahrern
keinen sportlichen Ruf. Doch das Motorsportengagement hat
Tradition, in den 70-Jahren schickte die Firma SM und DS auf Renn-
und Rallyepisten
Die Rezepte, etwa die kommode DS zu einem Sportgerät umzubauen,
waren drastisch: gekürzter Radstand, abgeschnittenes Heck,
stärkerer Motor, gewaltiger Auspuff. Ähnlich lautete auch das
Rezept für den SM.
Unter der Hülle dieser gelben DS steckt eigentlich ein SM -
inklusive eines auf auf 250 PS getunten Maserati-V6. Der Serien-SM
hatte 170 PS. Der Schriftzug auf dem Kotflügel verrät, dass Björn
Waldegaard...
...am Steuer saß. Er steuerte die heißgemachte Rallye-DS 1972.
Es soll noch mehr DS mit SM-Technik gegeben haben, überlebt hat
offenbar nur diese eine.
Von den exakt 3.868.631 2CV überlebten einige. Eine ganze Reihe
davon, nein, eigentlich zwei Reihen, stehen im Conservatoire. Die
graue und die blaue Ente haben noch hinten angeschlagene Türen,
wurden also vor 1964 gebaut.
Roger Moore nutzte als James Bond "in tödlicher MIssion" diese
gelbe Ente als Fluchtfahrzeug. Er schlug sich damit regelrecht
durchs Gebüsch, was dem Auto auch heute noch anzusehen ist. Zum Tod
des Schauspielers haben die Conservatoire-Mitarbeiter einen
Trauerflor auf das Auto gelegt.
Zweiter Abenteurer in der an Abenteuern reichen 2CV-Geschichte
ist die "Sahara-Ente" von 1958. Sie hat je einen Motor vorn und
einen hinten und damit Allradantrieb sowie die doppelte
Leistung.
Die DS darf hier in diesen Hallen noch ganz Citroën sein. Im
Vordergrund steht eine DS 21 Pallas von 1972, daneben eine DS 21
und eine DS 23. Ihren Motor hatte die DS vom Traction geerbt, und
sie liegt ihren Passagieren damit bis heute in den Ohren.
Wegen der flachen Haube ist der Motor weit hinten montiert. Das
ist gut für die Gewichtsverteilung und schlecht für die
Geräuschentwicklung. Ob ein Kompressor-V4 wie in dem schwarzen
Prototypen von 1967 besser gewesen wäre? Man weiß es nicht. In
Serie ging er jedenfalls nicht.
Diese DS brachte den Citroën-Mitarbeitern ihre Lohntüten ins
Werk. Die Werksnamen sind sauber in die Holzkisten geklebt, eine
Art Stahlschrank sichert den Werttransport, zusätzlich begleitet
von einem Ami 6.
Und da ist er auch schon: Jener Kleinwagen, den Citroën-Designer
Flaminio Bertoni angeblich lieber hatte als die DS. Tatsächlich ist
der Ami eine geniale Konstruktion und ein sehr sympathisches
Auto.
Angeblich entstand die Stufe im Heck, weil die kleine Limousine
außer Kopffreiheit auch einen großen Kofferraumdeckel bekommen
sollte. Daneben parkt übrigens die Rennversion der aktuellen
Kompaktlimousine C-Elysee.
Direkt daneben steht ein Méhari. Noch heute kann man die Ente in
Kunststoff auf Ferieninseln mieten und feststellen, wie wenig Auto
eigentlich möglich ist. Das Fahrgestell gehört zu einem Méhari 4x4,
der für Einsätze bei Rallyes und Militär gedacht war.
Ein früher Typ H. Der auch als HY bekannte Wellblech-Transporter
war auf vielen Wochenmärkten noch bis in die 80er-jahre im Einsatz.
Dieses frühe Exemplar nutzt noch 2CV-Technik, was Steigungen
spannend macht. Im Hintergrund ein Citroën-Traktor mit
Doppelwinkel-Reifenprofil.
Einen Xsara Picasso haben wir übrigens nur im Regal entdeckt.
Oder haben wir das Original übersehen? Dabei hätte das Auto bei
aller Unauffälligkeit als erster Minivan der Marke einen Platz im
Conservatoire verdient.
Karossier Henri Chapron baute 1972 zwei SM zu
Präsidentenlimousinen um. Mindestens eine davon wurde zumindest
sporadisch noch von Jaques Chirac genutzt.
Der SM Présidentielle hat vier Türen, ein Klappverdeck und einen
Überrollbügel, der nicht nur der Karosserie Stabilität verleihen
soll, sondern auch stehenden Passagieren beim Winken Halt gibt.
Charles de Gaulle mochte diesen Dienstwagen nicht besonders,
erzählt man sich bei Citroën. Der Grund ist die Trennscheibe: Die
verhinderte, dem Chauffeur mal eben etwas zuzurufen. Stattdessen
gab es eine Klappe, durch die der Präsident kleine Zettel stecken
konnte.
Die Halle ist sehr schlicht, daran ändern auch zeitgenössische
Schilder und Werbetafeln weniger. Die Konzentration gilt dem
Produkt erfindungsreicher Geister.
André Citroën legte sehr viel Wert auf Werbung, ließ
Emaille-Straßenschilder mit dem Doppelwinkel aufhängen und
Citroën-Buslinien fahren. Kinder sollten durch Tretautos und
Tretroller früh an die Marke gewöhnt werden.
Neben einem Direktor halten im Conservatoire ein Archivar und
zwei, drei Mechaniker die Erinnerung an die Historie lebendig. Ab
und zu soll auch ein ehemaliger Mitarbeiter nach dem Rechten
sehen.
Auf welcher Rückbank dieser Korb mit Eiern lagert, müssen wir
Ihnen als Kenner der Materie nicht verraten. Es ist natürlich ein
2CV, mit dem laut Lastenheft ein Bauer einen Korb Eier über ein
frisch gepflügtes Feld fahren könne, ohne dass eines zu Bruch
geht.