Arbeitnehmerhaftung: Missgeschick, Unfall oder Absicht?

Ein Missgeschick kann jedem einmal unterlaufen, auch bei der Arbeit. Umgekehrt ist es durchaus möglich, dass Arbeitnehmer weniger sorgfältig mit Arbeitsmitteln umgehen. Wird dabei Firmeneigentum beschädigt, stellt sich die Frage, ob der Arbeitnehmer dafür aufkommen muss. Was passiert z.B., wenn der Arbeitnehmer seinen Kaffee auf die Tastatur schüttet und diese beschädigt wird?
Beschränkte Arbeitnehmerhaftung
Grundsätzlich muss derjenige, der einen Schaden anrichtet, auch für diesen gerade stehen. Das gilt allerdings nicht für Schäden, die Arbeitnehmer bei der Arbeit verursachen. Um der Sonderbeziehung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber gerecht zu werden, haben die Gerichte den Grundsatz der beschränkten Arbeitnehmerhaftung entwickelt. Dieser Grundsatz kann nicht durch eine anderweitige Vereinbarung ausgeschlossen werden, sei es durch einen Arbeitsvertrag, eine Betriebsvereinbarung oder einen Tarifvertrag.
Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs(BGH) ist eine arbeitsvertragliche Vereinbarung, wonach der Arbeitnehmer für alle Schäden uneingeschränkt haftet, deshalb auch unwirksam (BGH, Urteil v. 05.02.2004, Az.: AZR 91/03).
Fahrlässigkeit und Vorsatz
Nach dem Grundsatz der beschränkten Arbeitnehmerhaftung ist eine Haftung des Arbeitnehmers unter gewissen Umständen ausgeschlossen. Der Grundsatz greift immer, wenn dem Arbeitnehmer keine große Sorgfaltspflichtverletzung zur Last gelegt werden kann. Dabei wird zwischen leichter, mittlerer, grober und gröbster Fahrlässigkeit unterschieden.
Für leicht fahrlässig verursachte Schäden muss der Arbeitnehmer nach dem Rechtsprechungsgrundsatz nicht haften. Einige typische Beispiele: Die Sekretärin kippt versehentlich Kaffee über die PC-Tastatur oder ein Arbeitnehmer stolpert über eine Teppichecke und reißt das Regal mit dem Drucker um.
Anders dagegen, wenn ein Arbeitnehmer mit gröbster, grober, mittlerer Fahrlässigkeit oder gar mit Vorsatz handelt. Dann kann es grundsätzlich sein, dass er für den Schaden aufkommen muss. Je nach dem Einzelfall kann dem Arbeitnehmer der Grundsatz der beschränkten Haftung zugestanden oder verwehrt werden. Bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit haftet der Arbeitnehmer grundsätzlich unbeschränkt.
Weitere Kriterien
Daher sind bei der Haftungsfrage weitere Umstände des Geschehens und des Umfeldes zu beachten.
Das mit der Tätigkeit an sich zusammenhängende Risiko wird bei der Haftungsquote berücksichtigt. Man spricht hierbei von der sogenannten Gefahrgeneigtheit der Tätigkeit. Hantiert der Arbeitnehmer zum Beispiel mit gefährlichen Chemikalien bei der Arbeit, ist die Gefahrgeneigtheit höher als beispielsweise bei der Tätigkeit einer Sekretärin. Auch die Betriebszugehörigkeit, die Stellung des Arbeitnehmers im Betrieb und die Höhe des Schadens und andere Kriterien beeinflussen die Haftungsquote. So kann bei einem Schaden, der weit über dem Monatseinkommen des Arbeitnehmers liegt, ebenfalls die Haftung beschränkt sein bzw. der Arbeitnehmer etwa bei grob fahrlässigem Handeln nur einen angemessenen Teil des Schadens erstatten müssen.
Eine etwaige Mitschuld des Arbeitgebers wird ebenfalls berücksichtigt. Davon ist zum Beispiel auszugehen, wenn er ein defektes oder unzureichend gewartetes Arbeitsmittel zur Verfügung stellt, seiner Organisations- oder Kontrollpflicht nicht ausreichend nachkommt oder aus Kostengründen keine Haftpflichtversicherung abgeschlossen hat, obwohl diese den entsprechenden Schaden abdecken würde.
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