Öffentlicher Striptease: Ist Exhibitionismus nur für Männer strafbar?

Eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr – diese Strafe droht, wenn man andere Personen mit exhibitionistischen Handlungen belästigt. Doch Achtung: Dies gilt nur für Männer. Dürfen Frauen also ungestraft nackt in der Öffentlichkeit posieren? Und warum gilt in diesem Fall keine Gleichbehandlung?
Der Fall Antje Mönning: Stripeinlage auf einem Parkplatz
Es ging 2018 durch alle Medien: Bekannte deutsche Schauspielerin legt in transparentem Top für die Männer im Auto hinter ihr eine Stripeinlage auf einem bayrischen Parkplatz hin. Sie zog sogar ihren Rock hoch. Was sie nicht wusste: Bei den Herren im Auto handelte es sich um Zivilpolizisten bei einer Verkehrskontrolle, die gleich den ungewöhnlichen Auftritt filmten – natürlich zur Beweissicherung. Zu dieser Zeit wusste Frau Mönning noch nicht, dass es sich um Gesetzeshüter handelte.
Ein paar Wochen später traf sie der lange Arm der Justiz. Die beiden Polizisten hatten einen Abschlussbericht an die Staatsanwaltschaft verfasst und die wiederum einen Strafbefehl an Antje Mönning – 1.200 Euro Strafe wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses. Darin wurde behauptet, dass die Beamten durch die „schamverletzenden und ärgerniserregenden sexuellen Handlungen in ihrer Diensthandlung erheblich gestört worden“ sind.
Fr. Mönning ging gegen den Strafbefehl vor und legte Einspruch ein: Der Handlung fehle der erforderliche Sexualbezug, der Tatbestand nach § 183a StGB sei nicht erfüllt. Demnach hätte sie öffentlich sexuelle Handlungen vornehmen und dadurch absichtlich oder wissentlich ein Ärgernis erregen müssen. Interesse, Freude oder Neugierde an öffentlichen sexuellen Handlungen hingegen reichen nicht aus und gelten nicht als Erregung öffentlichen Ärgernisses.
Ein Termin zur Hauptverhandlung, in der sich die Schauspielerin wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses vor dem Amtsgericht (AG) Kaufbeuren verantworten muss, ist für Anfang Dezember anberaumt.
Gleiches Recht für alle? Von wegen!
Die Frage, warum man als Frau nicht den Tatbestand der exhibitionistischen Handlung nach § 183 StGB erfüllt, kann klar beantwortet werden: Laut Gesetz kann nur ein Mann für eine solche Handlung bestraft werden.
Sinn und Zweck des Tatbestands der exhibitionistischen Handlung ist der Schutz des Einzelnen – nicht der Allgemeinheit. Unter einer exhibitionistischen Handlung ist das Entblößen des männlichen Geschlechtsteiles zu verstehen, wodurch Dritte sich verletzt fühlen (z. B. Ekelempfinden, Verletzung des Schamgefühls). Auf ein solches Verhalten einer Frau ist das Gesetz somit nicht anwendbar. Doch wie passt das zum Gleichheitsgrundsatz im Grundgesetz, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind und niemand wegen seines Geschlechts benachteiligt oder bevorzugt werden darf (Art. 3 GG)?
Diese angebliche Ungerechtigkeit fiel auch zwei bekennenden männlichen Exhibitionisten auf, die im Jahr 1999 vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) gegen die ihnen auferlegte Strafe klagten. Das BVerfG musste sich nun mit der Ungleichbehandlung von Frauen und Männern im Sexualstrafrecht beschäftigen und kam zu folgendem Schluss: Obwohl nur Männer für eine exhibitionistische Handlung bestraft werden können, liegt keine Ungleichheit nach dem Gleichheitsgrundsatz vor.
Diese Entscheidung lässt sich wohl auf ein veraltetes Verständnis der Sexualität von Männern und Frauen durch eine Entscheidung aus dem Jahr 1957 zurückführen. Demnach liegt bei einem Mann eine mehr drängende und fordernde Art der Sexualität vor, die viel stärker als die weibliche in der Öffentlichkeit in Erscheinung tritt. Zudem hätten Frau ein größeres Schamgefühl und zeigten in Geschlechtsfragen größere Zurückhaltung.
Strafanzeige wegen Exhibitionismus
Wer wegen exhibitionistischer Handlungen angezeigt wurde, sollte sich rechtlich beraten lassen. Denn der Tatbestand nach § 183 StGB ist kein Kavaliersdelikt, denn als Täter können Sie mit einer bis zu einjährigen Haftstrafe oder einer hohen Geldstrafe bestraft werden. Wer hingegen Opfer einer solchen Handlung geworden ist, muss einen entsprechenden Strafantrag stellen. Es sei denn, es besteht ein besonderes öffentliches Interesses an der Strafverfolgung.
(Vgl. BVerfG, Az.: 2 BvR 398/99 und BVerfG, Az.: 1 BvR 550/52)
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