Intervalldiät: Reichen 16 Stunden Fasten gar nicht aus?
Das Intervallfasten hat sich zum Abnehm-Trend Nummer eins entwickelt. Worauf es dabei ankommt, erklärt Dr. Michael Despeghel im Interview.
Jennifer Lopez (49) und Miranda Kerr (35) setzen angeblich darauf und auch hierzulande hat sich das Intervallfasten zu einem großen Abnehm-Trend entwickelt. Es geht dabei darum, in bestimmten Zeitfenstern zu fasten, je nach Methode beispielsweise 16 Stunden pro Tag (16:8), 20 Stunden (20:4) täglich oder zwei Tage pro Woche (5:2). Aber nicht alle diese "Teilzeit-Diäten" funktionieren gleich, wie der Bestsellerautor Dr. Dr. Michael Despeghel (58, "Die Intervalldiät") im Interview mit spot on news erklärt.
Warum ist das Intervallfasten so beliebt?
Michael Despeghel: Die Menschen machen es sich gerne einfach. Abnehmen geht ja prinzipiell mit jeder Diät, bei der ich weniger Kilokalorien hinzufüge als ich verbrauche. Die Problematik ist, dass die Diät zum Alltag passen muss. Eine Verhaltensänderung fällt fast allen Menschen extrem schwer, darum klappt das meist nicht. Dabei sind falsche Ernährung und zu wenig Bewegung ein großes Problem unserer Gesellschaft. Eine unkomplizierte Lösung ist also gefragt, und die bietet das Intervallfasten.
Welche wissenschaftliche Grundlage steckt hinter der Fasten-Form?
Michael Despeghel: 60 Prozent der Kilokalorien, die wir verbrennen, sind festgelegt durch den Grundumsatz. 10 Prozent macht die Verdauung der Nährstoffe aus. 30 Prozent bleiben also, die man beeinflussen kann. Hier spielen Hormone eine Rolle: Sobald ich etwas zu mir nehme, was Zucker beinhaltet, wird Insulin ausgeschüttet. Das hat die Aufgabe, den Nährstoff in die Zellen zu bringen, in die Leber, die Muskulatur und im schlimmsten Fall ins Fettgewebe. Wenn der Insulinspiegel hoch ist, kann keine Fettverbrennung stattfinden. Das heißt, etwa vier bis fünf Stunden nach dem Essen wird kein Fett verbrannt. Bei niedrigem Insulinspiegel scheint die Fettverbrennung und ein Abbau von Fettreserven möglich zu sein - das ist die Überlegung hinter dem Intervallfasten.
Von 16:8 bis 5:2 gibt es verschiedene Formen des intermittierenden Fastens. Welche eignet sich am besten?
Michael Despeghel: Der Abbau der Fettreserven bei niedrigem Insulinspiegel klappt nur, wenn ich über einen längeren Zeitraum faste. Das ist wichtig, wenn man die verschiedenen Formen des Intervallfastens betrachtet. Es gibt den Vier-Stunden-Rhythmus, 16:8, 20:4, zweimal 24, zweimal 48 bis zu fünfmal 20. Je länger ich es schaffe, den Insulinspiegel tief zu halten, desto eher kann die Ketose, das Umschalten in die Fettverbrennung, funktionieren. Kritiker merken an, dass man mit vier Stunden Fasten überhaupt nicht in diesen Bereich kommt, auch 16 Stunden reichen vermutlich nicht. Bei 20 Stunden könnte man hinkommen. Viel besser wäre es aber, ein bis zwei Tage pro Woche, am besten zusammenhängend, zu fasten. An diesen Tagen schaltet der Körper dann um.
Was für die 5:2-Methode spricht. Ist der derzeit sehr beliebte 16:8-Rhythmus also nutzlos?
Michael Despeghel: Vor 20 Stunden Fasten schrecken die meisten Menschen zurück. Gesundheitlich ist das auch nicht zu empfehlen. Wer nur vier Stunden am Tag zum Essen zur Verfügung hat, muss dann in dieser Zeit aufnehmen, was der Körper braucht: Eiweiß, 300 bis 500 Gramm Gemüse, zwei Stück Obst, 100 Gramm Kohlenhydrate. Das führt zu einer Überzufuhr, das Essensfenster ist also eigentlich zu klein. Bei 16:8 ist das besser, dennoch sind die 20 Stunden näher an der Ketose. Das 16:8-Konzept passt allerdings bei vielen einfach gut in den Alltag. Ein bisschen funktioniert das auch, das Optimum ist es aber nicht. Erfolgserlebnisse kann es dennoch geben, da es eine einfache Form ist, sein Verhalten umzustellen. Das Abnehmen liegt dann nicht an der Essenspause und am Insulinstoffwechsel, sondern daran, dass man das Überangebot an Essen weglässt. Und das zeigt sich auch auf der Waage.
Abgesehen von der Länge der Essenspausen, wie strikt muss ich beim Fasten sein, schadet der Schuss Milch im Kaffee?
Michael Despeghel: Ein Latte Macchiato lässt das Insulin natürlich ansteigen. Eine Goldfärbung, etwa ein voller Teelöffel Milch im Kaffee, ist in Ordnung. In der Fastenphase merken viele Menschen, dass sie nicht vollgestopft sind, gerade mit einfachen Kohlenhydraten, man kann sich besser konzentrieren und fühlt sich fitter.
Lässt sich mit Intervallfasten tatsächlich konkret überschüssiges Bauchfett abbauen?
Michael Despeghel: Dahinter steckt, dass das Bauchfett stille Entzündungen verursacht. Wenn ich beginne, die Nahrung einzuschränken, besteht auch die Möglichkeit, die Entzündung zu reduzieren. Fasten wird nicht umsonst auch dazu benutzt, Krankheiten günstig zu beeinflussen. Zum Beispiel hofft man, Tumorzellen aushungern zu können. Auch Arthrose, Rheuma, Stoffwechselstörungen und Diabetes können sich bessern. Und es besteht ebenfalls die Chance, dass sich die Bauchfettzelle reduziert, wenn die Entzündung nachlässt. 16 Stunden Fasten reichen hier wahrscheinlich aber nicht. Ansonsten ist es einfach so: Sobald ich weniger zu mir nehme, geht das Fett irgendwann überall weg.
Was raten Sie Menschen, die das Intervallfasten ausprobieren wollen?
Michael Despeghel: Viele Leute schreckt es erst mal ab, mehrere Stunden nichts zu essen. Da muss man sich herantasten, mit vier Stunden, in denen es nur Wasser, Tee und schwarzen (oder mit nur sehr wenig Milch) Kaffee gibt. Viele stellen dann fest, dass das tatsächlich funktioniert. Dann sollte man das Fasten auf 16 Stunden ausbauen. Wenn das klappt, kann man dann auf eine längere Periode umsteigen.