Die Teams der Formel 1 im Formcheck
Die Teams der Formel 1 im Formcheck
Köln (SID) - Die Formel 1 startet 2017 in eine neue Ära. Nach dem Rücktritt von Nico Rosberg muss ein neuer Weltmeister gefunden werden, auch das Kräfteverhältnis der Teams könnte sich nach umfangreichen Reglementänderungen neu ordnen. Die große Frage lautet: Kann Mercedes seine Dominanz der vergangenen drei Jahre aufrechterhalten? Ferrari mit Sebastian Vettel und auch Red Bull sind in Lauerstellung. Wem gelingt aus dem breiten Mittelfeld der Sprung nach vorn?
Der SID macht vor dem Saisonauftakt am kommenden Sonntag in Melbourne (7.00 Uhr MESZ/RTL und Sky) den Formcheck.
MERCEDES
Nach 51 Siegen aus den vergangenen 59 Rennen ist Team-Weltmeister Mercedes selbstredend der Gejagte. Die ersten Eindrücke sprachen für sich: Der dreimalige Champion Lewis Hamilton und Rosberg-Nachfolger Valtteri Bottas spulten bei den Testfahrten in Barcelona die meisten Runden ab, der neue W08 lief nahezu wie ein Uhrwerk. "Schwächen" offenbarte der neue Silberpfeil allenfalls bei der Pace: An fünf der acht Testtage auf dem Circuit de Barcelona-Catalunya setzte ein anderes Team die Bestzeit, obwohl beide Mercedes-Piloten durchaus mit der schnellsten Reifenmischung unterwegs waren. Dennoch unkten einige Konkurrenten, dass Mercedes im Wissen um die eigene Stärke den Rest des Feldes nur in falscher Sicherheit wiegen wollte und das Potenzial seines neuen "Biests" bei weitem nicht offenbart hat. Tatsächlich ist anzunehmen, dass die Silberpfeile auch 2017 der Maßstab sind, wenn es um Punkte und Pokale geht.
RED BULL
Die große Unbekannte. Max Verstappen und Daniel Ricciardo brillierten bei den Tests zwar mit guten Zeiten in der Nähe der Mercedes und Ferrari, doch Probleme vor allem mit dem Renault-Motor bremsten die Roten Bullen mehr als einmal aus. Traditionell hat das Team im Verlauf einer Saison aber eine steile Entwicklungskurve. Gut möglich, dass die Aerodynamik-Abteilung um Design-Guru Adrian Newey schon für Melbourne radikale Veränderungen parat hat. Das bisher gezeigte Design des RB 13 war jedenfalls, für Red-Bull-Verhältnisse, außergewöhnlich konservativ. Mit den Ex-Weltmeistern ist auf jeden Fall zu rechnen.
FERRARI
Der italienische Traditionsrennstall hofft (mal wieder) auf eine glorreiche Saison. Nach dem Katastrophenjahr 2016 ohne jeden Sieg sorgten Sebastian Vettel und Kimi Räikkönen bei den Testfahrten zwar reihenweise für Fabelzeiten, allerdings hatten die Roten auch mit zwei Elektronikdefekten zu kämpfen. Der Wagen hat sichtbar eine gute Straßenlage, wie sogar Mercedes-Teamaufsichtsrat Niki Lauda anerkannte. Zumindest ein paar Siege sollten angesichts der ersten Eindrücke möglich sein.
FORCE INDIA
Im Vorjahr überraschte Force India als WM-Vierter hinter den drei reichsten Teams, bei den Testfahrten gehörten Sergio Perez (Mexiko) und sein neuer Teamkollege Esteban Ocon aus Frankreich mit dem neuen VJM 10 aber zu den negativen Überraschungen. Fehlende Geschwindigkeit und Probleme mit der Standfestigkeit sorgten nach dem Abgang des Emmerichers Nico Hülkenberg zu Renault für ein paar Sorgenfalten. Optisch wird der Force India in jedem Fall herausstechen: Nach einem millionenschweren Sponsorendeal leuchtet der Lack 2017 in gewöhnungsbedürftigem Pink.
WILLIAMS
Nach dem Weggang von Valtteri Bottas zu Mercedes wurde das Team aus Grove schon zu den potenziellen Absteigern gezählt. Doch zumindest die Testergebnisse des vom Rücktritt zurückgetretenen Felipe Massa (Brasilien) deuteten an, dass Williams ein starkes Paket geschnürt hat und unter der Leitung des neuen Technikchefs Paddy Lowe wieder die viertstärkste Kraft werden kann. Das setzt aber voraus, dass Rookie Lance Stroll (18/Kanada), dem in Barcelona drei Crashs unterliefen, das Auto schnell in den Griff bekommt.
MCLAREN
Im dritten Jahr der neuaufgelegten Ehe mit Motorenpartner Honda sollte es für McLaren endlich nach vorne gehen - dann kamen die Tests in Barcelona, die mit "Pleiten, Pech und Pannen" noch schmeichelhaft beschrieben sind. Der Antriebseinheit des MCL32 fehlte es an Power und Standfestigkeit. Ex-Weltmeister Fernando Alonso und Teamchef Eric Boullier übten deswegen ungewohnt harsche Kritik an Hersteller Honda, mit dem McLaren einst in der Ära Senna/Prost das Maß der Dinge gewesen war. Für den Verlierer der Vorbereitung kann es zunächst nur darum gehen, den Anschluss an das Mittelfeld herzustellen - und den Graben in den eigenen Reihen zuzuschütten. Es gibt bereits Gerüchte, dass McLaren für 2018 eine Rückkehr zu Mercedes anstrebt.
TORO ROSSO
Vom Design her erinnert der Toro Rosso an den Entwurf von Branchenführer Mercedes, doch nach den Eindrücken der Testfahrten ist dem Nachwuchsteam von Red Bull der erhoffte große Wurf nicht gelungen. Nur McLaren (425) brachte es auf noch weniger Runden als die Scuderia (584) - Mercedes (1096) schaffte fast doppelt so viele. Carlos Sainz junior und Daniil Kwjat sind zunächst im engen Mittelfeld der Formel 1 zu erwarten.
RENAULT
Die Vision vom Gewinn der Weltmeisterschaft im Jahr 2020 steht, doch bis dahin ist es ein steiniger Weg für den Drittletzten der letztjährigen Konstrukteurs-WM. Mit Neuzugang Hülkenberg als klarem Nummer-eins-Fahrer vor dem Briten Jolyon Palmer reihte sich das französische Werksteam nach Anlaufschwierigkeiten am Ende der Testfahrten im Mittelfeld ein. Den angestrebten fünften Platz zu erreichen, dürfte nicht einfach werden.
HAAS
In der Vorbereitung auf das zweite Formel-1-Jahr hat der US-Rennstall eine mäßige Frühform bewiesen. Ständige Probleme mit der Balance schlugen bei Romain Grosjean (Frankreich) und Neuzugang Kevin Magnussen (Dänemark) auf das Gemüt. Im breiten Mittelfeld der Formel 1 muss Haas wohl eher nach unten zu McLaren und zu Sauber schauen, als auf regelmäßige Punkte zu schielen.
SAUBER
In der Vorsaison mit Mühe und Not Vorletzter in der Team-WM, ist Sauber nach der Insolvenz von Schlusslicht Manor auf dem Papier der große Außenseiter. Mercedes-Zögling Pascal Wehrlein (Worndorf) soll das Schweizer Traditionsteam mit seiner fahrerischen Klasse zumindest hin und wieder in die Nähe der Punkteränge bringen. Nüchtern betrachtet kann Sauber mit einem Ferrari-Vorjahresmotor aber wenig ausrichten gegen die wirtschaftlich stärkere Konkurrenz. Zumindest in punkto Zuverlässigkeit dürfte man aber vor allem McLaren zunächst voraus sein.