Fünf Erkenntnisse der Rad-WM: Über Reife, Jugend und Fortschritt
Fünf Erkenntnisse der Rad-WM: Über Reife, Jugend und Fortschritt
Harrogate (SID) - Für den Bund Deutscher Radfahrer (BDR) war die 86. Straßenrad-WM in der britischen Grafschaft Yorkshire sehr durchwachsen, am Ende standen zu wenige Top-Ergebnisse auf der Habenseite und es traten ernstzunehmende Problemfelder zu Tage. Der Sport-Informations-Dienst (SID) beschreibt fünf WM-Erkenntnisse und richtet den Blick dabei auch auf die internationale Konkurrenz.
FEHLENDE OLYMPIAREIFE: Vier Rennen in olympischen Disziplinen, viermal ging der BDR leer aus, die beste Platzierung war Zeitfahrrang fünf für die Saarländerin Lisa Klein. In den Straßenrennen fehlten die entscheidenden Reserven. Ein fitter Tony Martin hätte allerdings wohl zumindest Zeitfahr-Bronze holen können, auch der Ausfall von Maximilian Schachmann wog schwer. Bei den Frauen ist der Abstand zum Podest im Jahr vor Tokio 2020 riesig, Klein verfügt aber zumindest über eine Menge Potenzial. Goldkandidaten gibt es aber derzeit nicht.
ÄRGERLICHE VERLETZUNG: Schachmanns Handbruch bei der Tour de France und die Viruserkrankung während seines WM-Aufbautrainings brachten die Strategie für das Straßenrennen der Profis durcheinander. Der Berliner wäre als klarer Kapitän ins Rennen gegangen und hätte bei den extremen Bedingungen ganz vorne landen können. Auch im Zeitfahren wäre ihm viel zuzutrauen gewesen. Das Positive: Mit seinen 25 Jahren gehört Schachmann die Zukunft und gerade für Olympia könnte er der größte Trumpf sein.
NAHENDES ENDE: Tony Martin hat viel geleistet in seiner Karriere, doch auf weitere Medaillen des viermaligen Zeitfahr-Weltmeisters zu hoffen - ob bei WM oder Olympia - wäre das falsche Signal. Zumal der Lausitzer nur nach Tokio reisen dürfte, wenn er sich auf dem Zeitfahrkurs als konkurrenzfähig beurteilt. Zur Wahrheit gehört auch, dass der 34-Jährige sich in jüngerer Vergangenheit immer wieder Sturzverletzungen zu neuralgischen Saisonzeitpunkten zuzog.
GEMISCHTER FORTSCHRITT: Die Mixed-Staffel bestehend aus je drei Männern und Frauen erlebte eine ansprechende Premiere und hat wohl eine olympische Perspektive. Problematisch waren die geringe Anzahl der teilnehmenden Länder und das Fehlen vieler großer Namen. Der Radsportweltverband UCI verändert deshalb im kommenden Jahr das Programm. Bei den Titelkämpfen in Martigny/Schweiz wird das Einzelzeitfahren der Männer am Auftaktsonntag stattfinden, die Mixed-Staffel am Mittwoch. Dann haben die Top-Zeitfahrer keinen Grund mehr, sich zu schonen.
FORSCHE JUGEND: Das belgische Wunderkind Remco Evenepoel mit 19 Jahren der jüngste Medaillengewinner im Einzelzeitfahren überhaupt, der Däne Mads Pedersen mit 23 Jahren Straßen-Weltmeister und die Amerikanerin Chloe Dygert mit 22 als neue Dominatorin im Kampf gegen die Uhr. Bei der WM setzte sich der Trend der Saison 2019 fort. Die Jugend fordert die Erfahrenen heraus, drängt sie bisweilen in den Hintergrund. Der 22 Jahre alte Tour-Sieger Egan Bernal (Kolumbien), der 20 Jahre alte Vuelta-Dritte Tadej Pogacar (Slowenien), die Beispiele sind zahlreich und es könnte 2020 so weitergehen.