Backstreet Boy Nick Carter: Der gebeutelte Teenie-Star ist angekommen
Er hatte mit den gleichen Problemen zu kämpfen, die für die Abstürze von so vielen Teenie-Stars verantwortlich sind. Mit 40 Jahren hat Backstreet Boy Nick Carter seine Dämonen aber scheinbar besiegt.
Drogenprobleme, Alkohol und eine kaputte Familie: Eine Zeit lang schien es, als würde Nick Carter die Kurve nicht kriegen. Der US-Amerikaner aus Florida, der mit gerade einmal 13 Jahren 1993 das jüngste Mitglied der Backstreet Boys ("Larger Than Life") wurde, hatte mit den gleichen Problemen zu kämpfen, die für die Abstürze von so vielen Teenie-Stars verantwortlich sind. Der 40-Jährige hat seine Dämonen allerdings fürs Erste besiegt - auch dank seiner Band-Familie.
Kometenhafter Aufstieg mit Boyband-Phänomen
Die Geschichte der erfolgreichsten Boyband der Welt klingt fast zu schön, um wahr zu sein. Zwei Jahre nach ihrer Gründung veröffentlichten Nick Carter, Brian Littrell (44), A.J. McLean (42), Howie Dorough (46) und Kevin Richardson (48) 1995 ihre erste Single "We've Got It Going On". Der Song und das dazugehörige selbstbetitelte Debüt-Album der Formation schlugen insbesondere in Deutschland ein wie eine Bombe. Wenig später wurde "Quit Playin' Games (With My Heart)" zum ersten deutschen Nummer-Eins-Hit der Backstreet Boys und die fünf Bandmitglieder zu gefeierten Teenie-Stars.
Da die USA Mitte der 90er vom Grunge dominiert wurden, blieb den Musikern der Erfolg in ihrer Heimat zu Beginn verwehrt. Ab 1998 stellte er sich allerdings ebenfalls ein und dank der Backstreet Boys verfielen auch US-Teenies dem Boyband-Hype. Die fünf Jungs, die in Orlando, Florida von Geschäftsmann Lou Pearlman (1954-2016) zusammengewürfelt wurden, lebten fortan auf der Überholspur. Bis heute brachten die Backstreet Boys insgesamt neun Studioalben auf den Markt und verkauften weltweit mehr als 130 Millionen Tonträger.
Musikerkollegen als Familienersatz
Für Nick Carter erwies es sich als Segen, ein Teil der Backstreet Boys geworden zu sein - nicht nur finanziell. Der Star, der seine Band-Kollegen als Brüder bezeichnet, stammt aus problematischen Familienverhältnissen. Bereits mit zwei Jahren kam er in der Bar seiner Eltern in Jamestown im US-Bundesstaat New York zum ersten Mal mit Alkohol in Kontakt, wie Carter in seiner 2013 veröffentlichten Autobiografie "Facing the Music and Living to Talk About It" verrät.
Die Beziehung seiner Eltern Robert und Jane Carter, die die Familie später nach Ruskin, Florida umsiedelten und dort ein Altenheim leiteten, war geprägt von lautstarken und verbal verletzenden Auseinandersetzungen. In der Schule wurde der junge Nick gemobbt, da er des Öfteren für Gesangs- und Schauspiel-Castings vom Unterricht freigestellt wurde. Viele seiner Freunde endeten im Drogensumpf oder im Gefängnis.
Sein Talent bot dem ältesten von insgesamt fünf Geschwistern einen Ausweg aus der familiär schwierigen Lage. Als Mitglied der Backstreet Boys hatte der junge Star vier ältere Jungs an seiner Seite, die zwar selbst noch lange nicht erwachsen waren, ihm aber Stabilität boten und Halt gaben. Häufig erzählte Carter später, dass seine Band-Kollegen damals zu seiner eigentlichen Familie wurden.
Insbesondere das älteste Mitglied der Band, der neun Jahre ältere Kevin Richardson, hatte ihm laut eigener Aussage den rechten Weg gewiesen - auch, indem er ihm 2004 das Selbsthilfe-Buch "Why Some Positive Thinkers Get Powerful Results" von Pfarrer und Autor Norman Vincent Peale (1898-1993) in die Hand drückte.
Von der Vergangenheit eingeholt
Lange Zeit konnte der heute 40-Jährige dem Schatten seiner Kindheit dennoch nicht entkommen. Die Verhaltensweisen, die er von seinen Eltern sowohl bezüglich des Missbrauchs von Suchtmitteln als auch im Hinblick auf Beziehungen vorgelebt bekam, verleiteten den Teenie-Star förmlich dazu, den Verführungen des Showbusiness zu verfallen. Alkohol- und Drogenexzesse sowie schwierige Beziehungen zu seinen Familienmitgliedern waren die Folge.
"Ich nahm Ecstasy, Kokain und trank eine Flasche Wodka am Abend", schreibt Nick in seinem Buch. Seine medienwirksame Beziehung zu Hotel-Erbin Paris Hilton (38) sorgte 2003 und 2004 ebenfalls für Aufsehen. Sie habe ihn in seiner wilden Party-Zeit sogar unterstützt, berichtet Carter weiter.
Erst als er vor knapp sieben Jahren die Diagnose Kardiomyopathie erhielt, entschied sich der Sänger dazu, sein Leben komplett umzukrempeln. Es handelt sich dabei um eine Gruppe von Krankheiten, die den Herzmuskel befallen und im schlimmsten Fall zu einem plötzlichen Herzstillstand führen können. Seitdem speckte Carter knapp 30 Kilo ab, er hält sich körperlich fit und ernährt sich gesund.
Seine Familie schaffte den Absprung nicht
Sich selbst konnte der Musiker, der 2002 sein erstes Solo-Album "Now or Never" herausbrachte, helfen. Seinen Geschwistern allerdings nicht. Nicks jüngere Schwester Leslie starb 2012 im Alter von nur 25 Jahren an einer Überdosis Medikamente. Die Sängerin, die mittlerweile selbst Mutter einer Tochter war, hatte lange Zeit mit psychischen Problemen zu kämpfen und litt angeblich unter einer bipolaren Persönlichkeitsstörung. Ihr Vater, Familienoberhaupt Robert Carter, in dessen Haus sie bewusstlos aufgefunden wurde, starb 2017 mit 65 Jahren ebenfalls überraschend an einem Herzinfarkt.
Sein kleiner Bruder Aaron (32, "I'm All About You"), der in den 90er Jahren selbst in Deutschland als Kinder-Star berühmt wurde, kämpft ebenfalls seit Jahren mit psychischen Problemen und einer Drogen- und Alkoholabhängigkeit. Zuletzt erwirkten Nick und Aarons Zwillingsschwester Angel Conrad (32) jeweils eine einstweilige Verfügung gegen ihn, die noch bis Herbst dieses Jahres Gültigkeit besitzt. Der "I Want Candy"-Hitmacher hatte seiner Schwester und Nicks Ehefrau Lauren Kitt-Carter (36), die zu dem Zeitpunkt hochschwanger war, angeblich mit dem Tode gedroht.
Um sich selbst zu schützen, ging Teilzeit-Schauspieler Nick bereits seit geraumer Zeit zu seiner Familie auf Distanz - was diese ihm übelnahm. In einem Interview mit dem amerikanischen Fernsehpsychologen Dr. Phil offenbarte der Musiker "People" zufolge 2013, dass seine Familie ihm die Schuld am Tod seiner Schwester Leslie gab, ihm vorwarf, nicht für sie da gewesen zu sein. Zu Bruder Aaron, den Nick 2011 noch persönlich in die Entzugsklinik fuhr, hat der Künstler keinen Kontakt. Die Beziehung zu seinen Eltern war schon immer schwierig, was in der Reality-Show der Familie, "House of Carters", mehrmals deutlich wurde.
Heute ist er glücklicher Familienvater
Anders als die meisten seiner Familienmitglieder scheint Nick Carter mittlerweile auf den rechten Pfad gefunden zu haben. Mit Ehefrau Lauren, der er 2014 das Jawort gab, gründete er 2016 eine eigene kleine Familie, die er anders als sein Vater "mit Liebe" führen will statt mit "Angst". Das betonte der Popstar bereits in seinem Interview mit Dr. Phil (69).
Als stolzer Vater von Söhnchen Odin (3) und Tochter Saoirse (3 Monate), die Lauren im Oktober 2019 zur Welt brachte, nachdem sie zuvor eine Fehlgeburt erlitten hatte, postet Carter regelmäßig süße Fotos und Videos auf Instagram. Und die zeigen eindeutig einen glücklichen Nick, einen Star, der in seiner neuen Rolle angekommen ist - allen alten Dämonen zum Trotz und dank der Unterstützung durch seine "Backstreet-Brüder".