Natascha Kampusch: "Bin schon ein Mensch, der beziehungsfähig ist"

Natascha Kampusch hat zehn Jahre nach ihrer Flucht ein ausführliches Interview gegeben. Im ORF verriet sie, wie ihr Leben jetzt aussieht. In das Haus ihrer Gefangenschaft kehrt sie immer wieder zurück.
Am 23. August 2006 war Natascha Kampusch die Flucht gelungen. Die Österreicherin war zehn Jahre alt, als Wolfgang Priklopil sie 1998 auf dem Schulweg entführt hatte. Zehn Jahre nach ihrer Flucht sprach die heute 28-Jährige in der ORF-2-Sendung "Thema" mit dem Journalisten Christoph Feurstein über ihr Leben.
Kampusch sagte darin unter anderem, sie sei jetzt bereit, ihr "Leben selbst in die Hand zu nehmen". Sie will die Matura, das österreichische Abitur, nachholen, nimmt Gesangs- und Reitstunden. Zudem hat Kampusch ihr zweites Buch geschrieben. Sie wolle ihre Geschichte selbst erzählen, so die 28-Jährige. "10 Jahre Freiheit" heißt das Werk, das im August erscheint. Über eine mögliche Beziehung sagt sie: "Ich denke, ich bin schon ein Mensch, der beziehungsfähig ist." Jetzt beginne erst die Phase, "wo ich wirklich versuche, mein Leben selbst in die Hand zu nehmen und mich zu entfalten", meint sie zudem über ihre Zukunft.
Sie kehrt immer wieder zurück ins Haus ihrer Gefangenschaft
"So richtig frei" wäre sie in den vergangenen zehn Jahren nur in wenigen Momenten gewesen, sagte Kampusch weiter. "Es war auch ein Gefängnis, in das ich zurückgekehrt bin. Ein Gefängnis der Urteile und Verurteilungen." Zurück kehrt Kampusch auch immer wieder in das Haus von Wolfgang Priklopil. Einmal in zwei Monaten komme sie hierher, wenn zum Beispiel Reparaturen fällig sind. Das Haus wurde ihr als Entschädigung für das Erlittene zugesprochen. Das Verlies gebe es heute nicht mehr, die Gemeinde habe verordnet, dass es zugeschüttet wird, erzählt Kampusch.
Auch über Priklopil sprach Kampusch: "Er hat Adolf Hitler bewundert und wollte, dass es mir so geht wie den Nazi-Opfern. Er hat mir wenig zu essen gegeben, wenig Kleidung, hat mich gedemütigt, schwere Arbeiten verrichten lassen und mir eine Glatze geschoren." Ab etwa 2004 wäre sich der Entführer sicher gewesen, dass man sie nicht wieder erkenne. Sein Plan sei es gewesen, sie zu seiner Frau zu machen: "Er hat wohl gedacht, dass er das irgendwie vertuschen kann, sein Verbrechen, und dass ich dann oben ganz normal lebe und ihn dann vielleicht mit falschen Dokumenten heirate oder sowas. Ich hab dann zum Schein das Ganze gut gefunden, damit ich irgendwann einmal eine Chance bekomme wegzulaufen."