"Viele Menschen haben überhaupt keine Ahnung von Wölfen"

"Wütende Wölfe" heißt der neue Krimi von Bestsellerautorin Nicola Förg. Was die Expertin für Natur- und Umweltschutzthemen von der Debatte über die Tiere hält und wie es mit ihrer Ermittlerin Irmi Mangold weitergeht, erklärt sie hier.
Sie ist die Frau für die Natur- und Umweltschutzthemen: In Nicola Förgs (56) neuem Krimi "Wütende Wölfe" (Pendo) geht es aber nicht nur um die Tiere, die derzeit auch in der Realität für viele Schlagzeilen sorgen. Ihre Ermittlerin Irmi Mangold befindet sich auf Abwegen. Ob sich die Fans wirklich von der Polizistin verabschieden müssen, verrät die Bestsellerautorin im Interview mit spot on news.
"Wütende Wölfe" heißt Ihr neuer Krimi. Wölfe sind zurzeit auch fast täglich in den realen Schlagzeilen. Woher kommt diese Urangst vor den Tieren?
Nicola Förg: Es gab eine düstere Zeit, wo Wölfe eine reale Bedrohung darstellten, später haben die deutschen Märchen den Wolf als Ungetüm gemalt. In meinem aktuellen Roman vertreten die unterschiedlichen Figuren die verschiedensten Meinungen zum Wolf. Ich selbst halte es für unethisch, wenn man den Sinn einzelner Tierarten bezweifelt. Wir Menschen können nicht darüber entscheiden, ob wir dieses Tier wollen oder nicht. Diese überemotionalisierte Diskussion in beide Richtungen - pro und contra Wolf - sehe ich kritisch. Am besten wäre es, kluge Einzelfallentscheidungen zu treffen. Was mir nach meiner langen Auseinandersetzung mit dem Wolf aber auch aufgefallen ist: Viele Menschen haben schon mal wildbiologisch überhaupt keine Ahnung von Wölfen.
In Ihrem neuen Krimi geht es aber nicht nur um Wölfe. Ermittlerin Irmi Mangold nimmt sich eine Auszeit und zieht vorübergehend auf eine Alm...
Nicola Förg: Die Frage nach der Zukunft unserer Almen war tatsächlich der Auslöser für das Buch - und was passiert, wenn wir diese Almen auflassen. Beweidung ist extrem wichtig für artenreiche Wiesen, für unsere alpine Kulturlandschaft! Wenn sich die Tal-Landwirtschaft so massiv verändert, wie sie es in den letzten 50 Jahren getan hat, wird es nur noch Tiere in Laufställen geben, die weder auf den arrondierten Wiesen um den Hof, geschweige denn auf einer Alm grasen. Wenn die letzte Generation von Bauern weggestorben ist, die im Einklang mit den Jahreszeiten und dem natürlichen Futterangebot wirtschaftet, dann habe ich große Bedenken: Wer in 50 Jahren in den bayerischen Alpen wandert, wird dann eine Machete brauchen, um in der Verbuschung noch durchzukommen.
Ermittlerin Irmi geht auf eine wissenschaftliche Projekt-Alm, um diese wiederzubeleben und stolpert dort über Leichen. Hält es die Polizistin dauerhaft ohne ihren eigentlichen Beruf aus?
Nicola Förg: Es geht am Ende des turbulenten Almsommers wieder zurück in den Polizeidienst. Auch weil sie in diesem Fall merkt, dass sie ihren Job vermisst, das Hinhören und Hinfühlen, das Rätseln. Aus der Bahn geworfen hat sie auch eher ihre private Situation. Ihr Bruder, mit dem sie jahrzehntelang unter einem Dach gewohnt hat, hat geheiratet. Damit hätte Irmi nicht mehr gerechnet, ihr Leben ist jäh aus den gewohnten Bahnen gerissen.
Aber auch in Irmi Mangolds eigenem Liebesleben tut sich was im nächsten Band. Wie geht es da weiter?
Nicola Förg: Das Verhältnis zu Dauerlover Jens steht auf dem Prüfstand. Sie zieht auf dem Hof daheim aus, überlässt das Feld der Schwägerin und zieht selbst zu einem anderen Mann - der nicht Jens ist - wenn sie zunächst aber auch nur seine Mieterin ist und er der Vermieter...
Wie viele Krimis rund um Irmi Mangold und ihre Kollegin Kathi Reindl wird es noch geben?
Nicola Förg: Kurzzeitig hatte ich wirklich mal daran gedacht, nach dem zehnten Fall aufzuhören. Viele entsetzte Reaktionen haben mich dann davon abgehalten. Die Irmi wird also erst mal nicht aufhören sie ist ja auch noch nicht ganz im Rentenalter.
Es geht in ihrem zehnten Fall auch um alte Wunden aus der Abiturzeit Anfang der Achtziger Jahre, unter denen einige Beteiligte noch nach Jahrzehnten leiden. Was hat Sie dazu inspiriert?
Nicola Förg: Wir hatten tatsächlich selber einen Lehrer, der extrem polarisiert hat. Auch mit Mitte 50 kommen wir auf unseren Klassentreffen unweigerlich immer auf diesen Mann zu sprechen. Genau wie im Buch gehen die Meinungen über ihn absolut auseinander, einige haben ihn angebetet und tun das bis heute, andere haben ihn abgrundtief gehasst. Es ist faszinierend, dass ein Mensch so lange nachwirken kann. Nur wenige Menschen haben in meinem Leben ganz tief in mein Empfinden eingegriffen, und er war einer davon. Ich empfand es mit 18 als ungerecht und unbegreiflich, dass jemand, der am längeren Hebel sitzt, so manipulativ mit Schülern umgeht.
Es ist der Jubiläumsfall für Irmi Mangold. Was hat sich im Rückblick in den vergangenen Jahren geändert?
Nicola Förg: Als ich vor fast 20 Jahren zu morden anfing, gab es im Süden Deutschlands fast gar keine Krimis. Dann ist ein unglaublicher Boom entstanden. Ich beäuge es immer etwas kritisch, wenn Verlage im Gießkannenprinzip 50 Titel im Jahr herausbringen, für jede auch nur erdenkliche Region der Republik. Das schadet dem Genre meiner Meinung nach eher. Ich selbst habe mich vom Etikett "Regionalkrimi" emanzipiert, die Irmi-Mangold-Fälle werden deutschlandweit gelesen, auch gerne in der Schweiz und in Österreich, weil es immer auch kritische Themen sind, die jene Leute interessieren, die ein wenig mitdenken wollen.
Gibt es für den elften Fall schon ein Thema?
Nicola Förg: Der neue Krimi wird etwas mit Wald zu tun haben. Jetzt gehen plötzlich alle zum Waldbaden. Früher ist man spazieren gegangen und hat tief durchgeatmet, heute legt man ein Mandala und umarmt die Bäume. Damit werde ich mich auseinandersetzen.