Bremen-Tatort "Der hundertste Affe": Aluhüte aufsetzen!
Tatort "Der hundertste Affe": Stedefreund (Oliver Mommsen) und Inga Lürsen (Sabine Postel) müssen Bremen vor einer Katastrophe retten. © Radio Bremen/ARD Degeto/Svenja von Schultzendorff
"Der hundertste Affe" ist der 1000. Tatort - zumindest inoffiziell. Doch die Bremer feiern am Pfingstmontag nicht, sie haben anderes zu tun. Es geht um nicht weniger als darum, eine Katastrophe für die gesamte Bremer Bevölkerung zu verhindern. Ist das nicht eine Nummer zu groß für Lürsen und Stedefreund? Das klären wir im Kreuzverhör! Und die Jubiläums-Feier folgt dann im Herbst, wenn auch nach der offiziellen Zählung der 1000. Tatort kommt.
Worum geht’s?
Statt Wasser strömt eine rote Flüssigkeit aus der Dusche in einem Bremer Freibad, eine Frau stirbt an einem Schock. Die Substanz entpuppt sich zwar als harmlose Lebensmittelfarbe, doch schon bald meldet sich eine kleine Gruppe von Umweltaktivisten zu Wort. Sie drohen, das gesamte Bremer Trinkwasser mit tödlichen Pestiziden zu verseuchen, so wie es der Chemie-Konzern SAX in Mali getan haben soll. 57 Menschen sind dort gestorben, die Erpresser (Friederike Becht, Frank Pätzold) wollen die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf die Verbrechen des Konzernes lenken.
Die Forderung der Attentäter: Der Chemiker Dr. Urs Render (Manfred Zapatka) soll öffentlich über seine Forschungen berichten. Render forschte früher bei SAX, sitzt aber derzeit in Haft. Er hat sein Labor angezündet, ein Mensch kam dabei ums Leben. Hat Render etwas herausgefunden, das der Konzern vertuschen wollte?
Inga Lürsen (Sabine Postel) und Nils Stedefreund (Oliver Mommsen) arbeiten völlig übernächtigt mit einem Krisenstab um Leiter Helmut Lorentz (Barnaby Metschurat) und Joost Brauer (Werner Wölbern) fieberhaft daran, die Attentäter zu finden. Doch sie kommen zu spät, 17 Menschen sterben an verseuchtem Wasser. Das ist aber noch nicht alles, die Aktivisten planen einen finalen Showdown. Wie viele Tote wird es in Bremen noch geben?
Worum geht es wirklich?
Die Aluhut-Fraktion wird jubeln: Mächtige Konzerne halten aus Profitgier Erfindungen zurück, die Hunger und Not in der Dritten Welt beenden können. Das ist die Grundidee, eingepackt in eine sehr gute und vor allem spannende Thriller-Geschichte. Nicht jedes Detail ist stimmig, aber selten war der Tatort so spannend! Außerdem ist "Der hundertste Affe" wirklich toll gefilmt, eine heimliche Hauptrolle spielt dabei das sommerliche Bremen.
Ist die Handlung glaubwürdig?
Wenn einhundert Affen dazu gebracht werden, ihr Essen vor dem Verzehr zu waschen, dann tun das auch alle anderen. Das ist die kritische Masse, die überzeugt werden muss, so die Theorie der Attentäter. Die Grundidee für diesen Tatort aus Bremen könnte auch den wirren Köpfen von Verschwörungs-Fanatikern entschlüpft sein, die perfiden Methoden der Attentäter haben das Zeug zum Hollywood-Stoff. Alles ein bisschen zu groß für eine Stadt wie Bremen, aber wer darüber hinwegsehen kann, wird blendend unterhalten. Der Tatort legt mit irrem Tempo los und gipfelt in einem echten Showdown. Dazwischen gibt es mal einen kleinen Durchhänger zum Verschnaufen, aber das ist auch nicht weiter schlimm. Gegen Ende hin kann man dann auch als Zuschauer die Fäden zusammenführen und den Fall lösen.
Bester Auftritt
Wenn im Vorspann die Namen Barnaby Metschurat und Werner Wölbern auftauchen, ist der erste Gedanke: Aha, ein Hauptverdächtiger und ein schmieriger Polizist. Doch weit gefehlt, die beiden leiten höchst effektiv den Krisenstab und sind toll anzusehen. Wölbern als hemdsärmeliger Macher und Metschurat als besonnener, nervenzerreißend cooler Manager sind großartig besetzt.
Lürsen und Stedefreund können währenddessen auch im Hintergrund glänzen. Toll: Bei beiden reichen inzwischen Blicke und Mimik, um ins Innere der Figuren zu scheuen. Lürsen muss die Aktivisten überführen, doch insgeheim hat sie ein Fünkchen Sympathie für deren Ideale. Stedefreund hingegen ist von der schroffen Kriminaltechnikerin Linda (Luise Wolfram) fasziniert.
Was muss man sich merken?
Den Tatort Bremen wird viel zu oft unterschätzt, in den letzten Jahren haben Lürsen und Stedefreund aber regelmäßig Glanzleistungen abgeliefert. Auch "Der hundertste Affe" zählt dazu, einer der besten Tatorte der letzten Zeit. Geradlinig erzählt, großartige Bilder und tolle Schauspieler. Gerne mehr davon!
Soll man gucken?
Unbedingt! " Der hundertste Affe" hat (fast) alles, was einen guten Tatort ausmacht: Viel Spannung, souveräne Kommissare und eine mit leichten Abstrichen gute Geschichte. Dass hier und da überflüssige Nebenschauplätze aufgemacht werden (Stedefreund & die Spusi-Frau, Renders & seine Tochter), ist fast zu verzeihen. Wer einen geradlinigen, gut erzählten Tatort sehen möchte, in dem aber nicht ständig gefragt wird "Wo waren Sie gestern Abend?", der ist hier genau richtig! Aber bitte beachten: Der Tatort läuft am Pfingstmontag! Auf dem Stamm-Sendeplatz kommt am Sonntag eine Wiederholung aus Ludwigshafen!