"Klingelingeling": Können Batic und Leitmayr im Weihnachts-Tatort überzeugen?
Tatort "Klingelingeling" aus München: Batic (Miroslav Nemec) und Leitmayr (Udo Wachtveitl) müssen kurz vor Weihnachten einen Fall lösen. ©BR/ARD Degeto/Bavaria Fernsehproduktion GmbH/Walter Wehner
Vor einigen Jahren fing die ARD an, einen "Weihnachts-Tatort" im Programm aufzuführen. Nicht, dass es nicht auch vorher schon neue Fälle gegen hätte, die am zweiten Feiertag ausgestrahlt werden, aber die eingeführte Bezeichnung machte das Ganze ein wenig feierlicher. Vielleicht malten sich die Programmplaner aus, dass der Weihnachts-Tatort dereinst eine Institution werden könnte wie "Der kleine Lord" kurz vor dem Fest und die "Sissi"-Trilogie, wenn man vollgefuttert auf dem Sofa hängt und irgendeine Berieselung braucht, um sich von der penetrant anwesenden Familie abzulenken.
Der erste "Weihnachts-Tatort" war dann auch gleich ein "Event-Tatort", nämlich das Debüt von Kira Dorn und Lessing in Weimar. Ein voller Erfolg, inzwischen sind die beiden feste Bestandteile der Tatort-Landschaft. Doch von einem Extrem schlug das Pendel ins andere um, "Weihnachtsgeld" aus Saarbrücken war trotz des festlichen Rahmens genauso bescheuert und unlustig wie alle anderen Fälle von Kommissar Stellbrink.
Ein Weihnachts-Tatort mit Botschaft
Das kann mit Ivo Batic (Miroslav Nemec) und Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) nicht passieren, dachte man sich wohl und schickte den München Tatort in diesem Jahr ins Rennen. Als weißhaarige Rauschgoldengel tragen die beiden ja auch genug Festlichkeit auf dem Kopf herum.
Im Tatort "Klingelingeling" (Alternativ-Titel: "Heidschibumbeitschi" oder "Eine Mu, eine Mäh, eine Täterätätä") spielen die beiden Jungesellen dann auch genau die Standards souverän herunter, die wir irgendwie erwartet haben. Leitmayr hat noch kein Geschenk für die liebe Frau Mama und wird von dieser obendrein mit der Aufgabe genervt, eine adäquate Weihnachtsgans zu besorgen. Batic hingegen hat Heiligabend noch nix vor, eine Absage nach der anderen flattert herein. Die gesamte Truppe wurde obendrein zur obligatorischen Weihnachtsfeier samt Polizei-Chor und Wichteln gezwungen. Soweit die übliche Weihnachts-Routine.
Gestört wird diese jedoch von einem toten Baby. Die rumänische Bettlerin Tida (Mathilde Bundschuh) hat heimlich entbunden, ihre Schwester Anuscha (Cosmina Stratan, gewann 2012 den Darstellerpreis in Cannes) hat den Jungen kurz nach seinem Tod in einer Kirche abgelegt mit der Bitte ihn zu beerdigen. Tida und Anuscha gehören zur sogenannten Bettel-Mafia und werden von Radu (Florin Piersic Jr.) täglich in die Münchener Innenstadt gezwungen, um dort den festlich gestimmten Passanten das Geld aus der Tasche zu locken. Selber müssen sie jedoch in einer verlassenen Fabrik hausen.
Batic und Leitmayr machen sich auf die Suche nach Tida und Anuscha, genauso wie Radu und seine Handlanger Calin (Alexandru Cirneala) und Bernauer (Florian Karlheim). Tida leidet unter den Nachwirkungen der widrigen Geburt, während Anuscha bei der Rumänien-Hilfe von Alexander Gastner (André Szymanski) Unterschlupf sucht.
Ein Tatort gewordenes Käsebrot
Routiniert arbeitet der Tatort " Klingelingeling" das Thema "Bettel-Mafia" ab, präsentiert Hintergründe und lässt die Kommissare genauso zögerlich ins die Tasche greifen, wie die meisten von uns es wohl tun. Gerade zu Weihnachten eine ehrenhafter Ansatz, der so Manchem wohl das Marzipan im Hals stecken bleiben lässt. Doch eigentlich wäre dieser Tatort ein paar Wochen vorher passender gewesen, zur Hochsaison der Weihnachts-Märkte und Shopping-Orgien.
Außerdem stoßen die krassen Stimmungs-Schwankungen in der Erzählung bitter auf. Gerade wurde noch ein toter Säugling betreten in den viel zu großen Sarg gebettet, kurz darauf scherzt Leitmayr mit zwei klischeeartigen Obdachlosen. Was will dieser Tatort aus München sein: Sozial-Stück oder Weihnachts-Schwank?
Trotz dieser Schwachpunkte ist "Klingelingeling" ein weitgehend
souveräner
Tatort, den wir durchaus empfehlen
können. Nichts, was länger in Erinnerung bleibt, aber wohtuende
Routine. Und nach tagelangen Keks- und Braten-Orgien ist ein
einfaches Käsebrot ja auch mal ganz schön.