Köln-Tatort: Genau hinschauen lohnt sich
In aufwühlender Tatort aus Köln: Freddy Schenk (Dietmar Bär) und Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) haben es mit einer Bürgerwehr zu tun, die gegen Fremde agitiert. © WDR/Thomas Kost
Wie soll man diesen Tatort einordnen? Rein qualitativ oder doch eher im Hinblick auf seine Symbolkraft? In Sachen Qualität gibt es wenig Spannendes zu berichten: "Wacht am Rhein" bietet nicht mehr und nicht weniger als das übliche Kölner Tatort Geplänkel. Die Dialoge bisweilen ein wenig hüftsteif, die Figuren nicht immer ganz schlüssig und ein paar Logik-Fehler. Das alles ist kein großes Kino, aber es gab schon deutlich schlechtere Tatorte aus Köln.
Symbolkraft hingegen hatte dieser Fall jede Menge: Entstanden im Nachhall der Kölner Silvester-Nacht 2015, und ausdrücklich Bezug nehmend auf Trump. Pegida und Co.. Darüber hinaus wurde " Wacht am Rhein" im direkten Anschluss an einen Frankfurt-Tatort mit ähnlicher Themenlage terminiert. Immerhin: 9,9 Millionen Zuschauer und 26,6% Quote sind deutlich besser als letzte Woche!
GEZ-finanziertes Umerziehungsfernsehen? Propaganda der linksgrünversifften Lügenpresse? Solche Kommentare konnte man wieder mal x-fach bei Twitter und Facebook lesen. Doch es sind immer wieder die gleichen, die so etwas schreiben, und immer wieder die gleichen, die es retweeten und weiterverbreiten. Doch sie haben auch bei diesem Tatort aus Köln nicht genau hingeschaut: Die Grenzen zwischen Immigranten und Einheimischen verwischen, ebenso wie die Rollen von Opfern und Tätern.
Der verdächtige Khalid Hamidi (Samy Abdel Fattah) ist ein grundunsympathischer Dreckskerl, dem feuchten Traum eines jeden AfD-Wählers entsprungen - doch er ist unschuldig. Bürgerwehr-Frontmann Dieter Gottschalk (Sylvester Groth), dessen dumpfe Parolen bei jeder Pegida-Demo tosenden Beifall geerntet hätten - ebenfalls unschuldig.
Fast jede Figur ist auf ihre Art ein Opfer - der Umstände, des allgegenwärtigen Misstrauens, der wirtschaftlichen Lage. Das müssen auch Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Freddy Schenk (Dietmar Bär) erkennen, die erstaunlich zurückhaltend agieren und die Moralkeule zuhause lassen.
Was man dem Tatort aber vorwerfen muss, ist die mehr als unglückliche Termingestaltung. Nach dem Themenblock "Das böse Internet" sind wir jetzt bei "Flüchtlinge" angelangt. Etwas mehr Durchmischung würde guttun und vermutlich auch die Wutbürger im Zaum halten.
Das sagt Twitter zum Tatort "Wacht am Rhein"
Ein Tatort mit hohem Nerv-Potential von rechts...
...aber es gab zum Glück genug sonstiges Twitter-Material, um den Hass von rechts zumindest ein bisschen zu übertönen.
Und das Fazit?
Und wer genau hingeschaut hat, konnte schon ganz am Anfang den Täter ahnen: